Myxir

Es lag nun bereits zwei Reisetage zurück, dass Myxir die schwebende Stadt verlassen hatte. Wieder durch die Wälder wandernd, bemerkte er wie lang es her war, seit er der 'wilden' Natur zum letzten Mal so nahe gewesen war: "Das bringt Erinnerungen zurück!" dachte er bei sich. Die Wanderungen waren schon immer ein beruhigendes Gefühl gewesen. Endlich hatte er mal die Zeit gefunden um seine Gedanken zu sortieren. Abgesehen von der Strecke nicht zu wissen was passiert, bedeutete ihm einen klaren Kopf, die Schritte bestimmten seinen Denkrythmus. Er atmete die frische Luft und betrachtete die hier und da mit Findlingen übersäte Hügellandschaft. Einige dieser Steine waren bis zu 3m hoch und schienen sich bei einsetzender Dämmerung in einsame Wanderer zu verwandeln. Diese Felsen allerdings gaben dem Hügelland den Schein in wenigen hundert Metern in ein Gebirge zu münden, wovon aber weit und breit nichts zu sehen war, nur grün, Hügel an Hügel und überall Schwellen, grüne Wellen und Täler. Grünes Gras und kleine Bäume. Myxir dachte bei sich, dass es, trotz dieser Monotonie, mit der man dies fälschlich beschreiben müsste, eine ungewöhnliche Vielfalt von Formen, Arten und Farben gab, die erst mit dem zweiten Blick zum Vorschein kamen. Das Grün reflektierte nicht einfach nur grün, sondern kann in die verschiedensten grünähnlichen Farbtöne von Rotbraun bis gelbgrün unterschieden werden, die Findlinge waren überwuchert von alten Moosen und Flechten, die mit ihren Tautropfen satt smaragdgrün schimmerten.

Durch die Erholung, die ihm das Trödeln am heutigen Tag einbrachte, war er jedoch erheblich langsamer vorangekommen und suchte nun außerhalb der Ortschaften einen guten Platz für die Nacht. Zielstrebig ging er auf eine kreisförmige Vertiefung zu, oben Findlinge auf dem Hügel ringsum aufgestellt, scheinbar optimal dachte er bei sich. Es ist vor dem schneidenden Wind geschützt, der Nachts über die Hügelkuppen pfeift. Außerdem ist das Gras hier so hoch, dass ihn der Bodenfrost beim Schlafen nicht mehr erreichen könnte. In der Mitte der Mulde angekommen ließ er sein Gepäck langsam zu Boden gleiten bevor er mit einem Stöhnen geräuschvoll ins Gras plumste. Kurzzeitig dachte er noch daran Malin eine Memo zu schicken, verwarf es dann aber doch um seine Freiheit auszukosten und schloss schlussendlich die Augen um sich von den Strapazen des langen Tages zu erholen. Kaum 3 Stunden hatte er geschlafen als ein dunkler Hauch seinen Geist berührte. Myxir schreckte hoch und blickte sich Hilfe suchend um, den Grund seiner gefühlten Unruhe suchend. Es war definitiv kein Wind gewesen, das ihn verwirrte. Anscheinend wurde sein Geist attackiert. Murmelnd zog er seinen Geist zusammend und in der Mitte der Mulde erschien ein silbrig schimmerndes Licht, dass die gesamte Mulde ausleuchtete und nur ein paar Findlinge Schatten vorausworfen. Er stand auf und ging zwischen den Felsen hin und her um sich zu beruhigen. Beim genaueren Hinsehen nahm Myxir Vertiefungen in einem Findling war, welcher ihm am nächsten stand. Er bückte sich langsam um das Moos abzuschürfen. Und tatsächlich kam unter der schwammig nassen Grünschicht ein paar Worte und zwei Jahreszahlen zum Vorschein. Myxir wandte sich dem nächsten Stein zu und verfuhr mit gleicher Prozedur. Wieder zeigten sich ihm ein paar unbekannte Worte und zwei Jahreszahlen. Langsam wurde er besorgter und hastete zum nächsten Stein, von da an nervös zum übernächsten. Aber immer das gleiche Zeichen aus Worten und Jahreszahlen. Er war beim letzten Stein angekommen. Das mulmige Gefühl konnte er nicht von sich schieben. Er war scheinbar auf einem Friedhof eingeschlafen.

Irgendetwas in dieser Grabstätte hatte seinen Geist berührt. Der Stärke eines Magiers zieht sich aus seinem Geist, der wie ein Raum um ihn steht.

Mit einem elektrischen Knistern versiegelte Myxir diesen Raum vor sich mit einem schimmernden Schirm, der bei genauerem Hinsehen in blauer Bienenwabenform aufflackerte. Was war das für ein Gefühl? Er versuchte sich den Kontakt noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Trotz des Schirms hatte er das Gefühl, dass wieder etwas in seinen Geist eindrang, aber diesmal war es schwächer und irgendwie wie von weit entfernt. Es schien ihm aber auch, als könne er eine Nachricht bei der Berührung empfinden. Diesmal konnte er deutlich in seinem Geist einen Hilferuf auszumachen. Verzweifelt und immer noch angespannt versuchte er diesen nun zu lokalisieren. Irgendein anderes magisches Wesen musste in Not sein. Er konzentrierte sich. Der zeitliche Abstand zwischen dem 2. und 3. Kontakt war nun wesentlich kürzer und endlich konnte er nach der gebannten Anspannung die ungefähre Richtung des Notrufs ausmachen: So dass er sich nach kurzem Zögern aufmachte, um zur Hilfe zu eilen. Alle Sehnen in seinen Beinen spannten sich bei den nächtliche Geräuschen an. Jedes Rascheln erschrecke ihn. Während er den Kurs in Richtung des Signals lief, visualisierten sich in seinem Kopf Gedanken, was passiert sein könnte. Er ertappte sich gerade dabei, davon zu träumen, dass eine wunderschöne Zauberin an einem Pfahl von drei Trollen gefangen gehalten wurde und er der Retter sein würde. Aber sofort wischte er sich wieder die Gedanken aus dem Kopf, beschleunigte seine Schritte und folgte dem Pfad, der sich nun in ein kleines Tal schlängelte. Hindurch durch einen antiken bewachsenen Torbogen führte dieser nun am Rande einer schmalen Klamm entlang, die von sehr hohen Tannen geprägt wurde. Der Weg führte hinunter in einen Kessel, wo wie von Geisterhand keine Bäume mehr standen und er mit einem Mal aus dem kleinen Wald auf eine große Lichtung trat. Wieder ertönte der Hilfeschrei! Diesmal aber keine fünfzehn Meter von ihm entfernt, aber hier war nichts. Leicht enttäuscht, weil er sich seiner Heldentat beraubt fühlte versuchte er nur noch die Quelle dieses Signals zu finden.