Trinity - Besuch des Großvaters

Als ich nach Hause kam, war das Erste, was ich bemerkte, dass meine Tante Eve mein Lieblingsgericht zubereitet hatte - Honig-Knoblauch-Schweinekoteletts. Das Zweite, was mir auffiel, war Großvaters Anwesenheit. Zunächst hatte ich ihn nicht bemerkt, weil sein Auto nicht da war und der Duft des Essens seinen Geruch überdeckte. Anderenfalls hätte ich ihn schon längst gerochen, bevor ich ihn zu Gesicht bekam. Wie auch immer die Umstände waren, Großvater nutzte sie gegen mich, indem er mein Nichterkennen seines Geruchs als weiteren Beweis dafür ansah, dass ich nicht zu ihnen gehöre. Ich wünschte, er würde endlich damit aufhören. Ich wusste bereits, dass ich kein Wolf war.

"Ich sehe, du bist unserer Trinity nach wie vor treu geblieben."

"Es ist auch schön, dich zu sehen, Großvater.", log ich und eine Spur Sarkasmus schwang in meiner Stimme mit. "Was führt dich zu meiner Freude heute zu mir?" fragte ich ihn. Er verzog eine Grimasse. Großvater wusste, dass ich mich zwang, ihm gegenüber höflich zu sein.

"Ich bringe Warnungen für die anstehenden Vollmondversammlungen mit. Und ich habe dein Outfit für das morgige Ereignis vorbereitet."

"Das ist sehr nett von dir, Großvater, aber ich hatte schon etwas ausgesucht.", sagte ich ihm. Ich hatte nicht erwartet, dass er mir ein Kleid für das Treffen kaufen würde.

"Hast du es extra für diesen Anlass gekauft?" fragte er und schien sich schon im Voraus über meine Antwort lustig zu machen.

"Nein, aber es ist ein Kleidungsstück, das ich noch nie getragen habe."

"Dann ist es nicht akzeptabel. Dieses Ereignis ist zu wichtig. Du musst für den morgigen Abend und alle darauffolgenden Veranstaltungen neue Outfits haben. Es besteht immer noch die Möglichkeit, dass du deinen Gefährten triffst und ihr von da an verbunden seid. Du musst den besten ersten Eindruck machen. Wofür habe ich ansonsten meine Zeit und mein Geld in deine Ausbildung investiert?"

"Ich weiß es nicht?", sagte ich verärgert. Dieses Verhalten war typisch für Großvater, aber ich hatte erwartet, dass es aufhören würde, als ich achtzehn wurde und mich als nutzlos für ihn erwies. Aber anscheinend hoffte er immer noch, mich mit jemandem zu verheiraten, der dumm genug war, sich mit einem Mädchen einzulassen, das kein Wolf war.

Großvater ließ mir von seiner Sekretärin das Kleid zeigen, das ich morgen bei der Versammlung tragen würde. Es war gar nicht so schlecht, Gott sei Dank. Es war ein tiefes Mitternachtsblau, das gut zu meinem blassen Teint passen würde. Es war aus Seide gefertigt und fühlte sich wunderbar an. Die verborgenen Untertöne des Blaus leuchteten, wenn das Licht auf sie fiel.

Die Vorderseite war für meinen Geschmack etwas zu tief ausgeschnitten, aber von dort aus ging sie in drei Träger auf beiden Seiten des Mieders über, die über die Schultern verliefen und sich dann in entgegengesetzten Richtungen aufteilten. Die Träger verbanden sich mit den Seiten des Kleides und ein weiterer, rein dekorativer Satz von drei Trägern verlief über den unteren Rücken und verband sich in der Mitte.

Insgesamt bildeten die Träger ein kunstvolles Muster auf dem Rücken. Und da das Mieder mit den Trägern so hoch ging, wirkte der tiefe Ausschnitt in der Mitte gar nicht so schockierend, aber das würde sich erst zeigen, wenn ich es anprobierte. Es war sicherlich speziell angefertigt oder abgepasst worden, damit es perfekt zu meiner Größe passte. Im Vergleich zu den anderen Frauen im Rudel war ich klein. Und zwar sehr klein.

Die durchschnittliche Frau im Rudel war etwa 1,75 m groß. Einige waren größer, andere nur ein paar Zentimeter kleiner. Ich hingegen war nur 1,65 m groß. Fast 15 cm kleiner als alle Frauen. Und wenn man bedenkt, dass alle Männer größer waren als die Frauen, überragten sie mich alle.

Es gab einige seltene Fälle, in denen ein Mann näher an die Größe der Frauen herankam, aber im ganzen Rudel war keiner kleiner als 1,78 m. Das war ein weiterer Grund, warum ich in der Gruppe als Außenseiterin galt. Aber die Größe hätte man übersehen können, wenn ich mich bis zum achtzehnten Lebensjahr in einen Wolf verwandelt hätte.

"Es ist sehr schön, Großvater.", sagte ich ihm ehrlich. "Aber du hättest dir nicht die Mühe machen müssen, sowas Teures zu besorgen.", fügte ich hinzu, um ihn daran zu erinnern, dass er eigentlich die Finanzierung einstellen sollte. Wie soll ich in Ruhe fortfahren, wenn du nach Gutdünken auftauchst?

"Das musste ich wohl. Wer weiß, was für eine Ungeheuerlichkeit du dir für morgen ausgesucht hättest? Du bist die einzige unverheiratete Frau in unserer Familie, wir müssen uns von unserer besten Seite zeigen.", rantschte er wieder. Könntest du nicht einmal etwas tun, weil du mich liebst oder dir Sorgen machst, Großvater? Ist das zu viel verlangt?, fragte ich mich still, während ich bewusst versuchte, die aufkeimenden Emotionen einzudämmen. Emotionen hatten bei Großvater keine Wirkung, das hatte ich vor langer Zeit gelernt.

Großvater hatte anscheinend beschlossen, zum Abendessen zu bleiben. Was ziemlich ungewöhnlich war. Doch nachdem er gegangen war und der Alltag im Haus wieder einkehrte, konnten wir uns alle entspannen. Selbst Onkel Wesley wurde angespannt, wenn Großvater in der Nähe war. Doch bald war die Nacht vorbei, und der Tag des gefürchteten Treffens war angebrochen.

So nervös war ich wegen dieser verdammten Erntemondversammlung, dass ich nicht schlafen konnte und schon vor Sonnenaufgang wach war. Ich lief die gewohnte Morgenrunde früher als sonst. Anstatt nur die Straßen des Geländes bis zum Ausgang entlangzulaufen, entschloss ich mich, das Gelände durch das Tor zu verlassen und dann in den Wald zu laufen.

Der Boden war dort schwieriger zu begehen, aber es fühlte sich auch so belebend an, im Wald zu laufen. Durch das Aufwachsen in der Nähe des Waldes hatte ich eine tiefe Liebe zum Laufen zwischen den Bäumen entwickelt. Das dunkle Blätterdach über mir, der muffig-erdige Geruch der unter meinen Füßen aufgewirbelten Erde. Die Gerüche des Waldes waren mir so vertraut, dass ich sie überall erkennen würde.

Ich rannte fast in Höchstgeschwindigkeit, als ich etwas im Waldgeruch bemerkte, das mir unbekannt war. Etwas, das tief in mir eine Regung hervorrief. Etwas, das sämtliche Haare in meinem Nacken in Alarmbereitschaft versetzte und all meine Sinne auf Hochtouren brachte. Sie schrien gleichzeitig 'Gefahr' und 'Ich will mehr'. Ich wusste, dass ich mich von was oder wem auch immer es war, fernhalten sollte.

Es war noch jemand im Wald, oder er war kürzlich dort gewesen. Jemand, der nach Schokolade, Kaffee, Zimt und nach Wald nach einem Regenschauer roch. Es war süß, würzig und kräftig und vermischte sich mit meinen Lieblingsdüften des Waldes. Es faszinierte mich, aber irgendetwas sagte mir, dass ich sofort aus dieser Gegend und weg von diesem Duft musste.

Ich drehte um und rannte so schnell ich konnte zurück zum Weg. Ich rannte durch das Tor des Geländes zurück und stoppte nicht, bis ich wieder zu Hause war. Als ich dort ankam, war mein Herz kurz vor dem Durchgehen.