Meine Kleidung ausziehen

Mineah griff in ihren magischen Beutel und zog Niran's persönlichen Brief hervor.

Sie las ihn gründlich durch und nahm sich jede Zeile zu Herzen, ehe sie den Brief mit einem simplen Zauber verschwinden ließ. Mit einer Geste ihrer Hand zerfiel das Pergament zu Asche, die sich als Rauchwolke auflöste und im Nichts zerrann.

Mit einem weiteren Seufzer überflog sie die weiteren Berichte von Laura und Niran. "Das alles bereitet mir Kopfschmerzen", sagte sie mit einem Achselzucken und steckte die Schriftstücke zurück in ihren Beutel.

Sie verstaute den Beutel dann wieder in ihrer persönlichen Truhe, um für Diskretion zu sorgen.

Anschließend zog sie sich aus und betrat die private Toilette nackt. Sie sank in die warme Badewanne, die Zaila für sie vorbereitet hatte, gefüllt mit Ölen, Lavendelblüten, Kamille und Weihrauch, um Entspannung zu finden.

Gemächlich lehnte sie sich zurück und starrte an die Decke, während sie sich ganz in das warme Wasser eintauchte; nur ihr Gesicht blieb über der Wasseroberfläche, der Nacken bequem auf der Wannenlehne ruhend.

Derzeit logierten sie in einer der luxuriösen Herbergen ihres Königreichs. Sie kannte diesen Ort gut, hatte sie doch oft im Geheimen die Gegend um den Palast erkundet, um nach wilden Pflanzen und Kräutern zu suchen.

Irgendwie wusste sie, was Ebodia zu bieten hatte, selbst bevor sie offiziell die Hauptstadt verlassen hatte.

Ein langer Seufzer entwich ihr, bei dem Gedanken, dass sie morgen ihr Königreich gänzlich hinter sich lassen würde.

Morgen Nacht würden sie den Hafen Ebodias erreichen und dort über den Miran-Ozean nach Valcrez segeln.

Noch nie hatte sie ihr Königreich verlassen, als Kind durfte sie nicht einmal die Grenzen Ebodias überschreiten, daher würde alles an Bord des Schiffes ihres Mannes neu für sie sein.

"Es wird sich lohnen, da bin ich mir sicher", summte sie leise, sich selbst Mut zusprechend. "Ich muss fokussiert bleiben …"

Langsam schloss sie die Augen, um ihren Gedanken nicht freien Lauf zu lassen. Tief in ihrem Inneren vermisste sie bereits jetzt ihre Familie, ihre Eltern, ihre Geschwister ... ihr Zuhause …

"Das tut gut …"

Ein Seufzer des Wohlbehagens entkam ihr, während sie den angenehmen Duft ihres Bades einsog. Sie war zugegebenermaßen etwas erschöpft von der ganzen Energie, die sie heute beim Gedankenlesen verbraucht hatte. Auch wenn es ihre innere Energie nicht so sehr strapazierte wie die Nutzung ihres rechten Auges, um Menschen zu beeinflussen, war es doch ermüdend.

Sanft massierte sie den Nasenrücken.

Mineah war sich bewusst, dass sie noch viel aus eigener Erfahrung lernen musste. Natürlich stand nicht alles in Büchern, und erst recht nicht alles war detailliert genug für ihre Zwecke. Wichtige Einzelheiten könnten zudem fehlen, da sie nur kurz Laura's und Niran's Berichte überflogen hatte.Sie hatte noch viel zu lernen, denn das politische System von Valcrez war komplexer, als sie gedacht hatte. Vielleicht hatte Gregory, der Vasall ihres Mannes, doch recht.

Gerade wollte sie einen weiteren Seufzer ausstoßen, als sie spürte, dass jemand den privaten Raum betrat. Stirnrunzelnd öffnete sie langsam die Augen und sah Nikolai, der lässig an der Wand neben ihr lehnte und sie beobachtete.

Unwillkürlich verschränkte sie die Arme über ihrem nackten Oberkörper. Glücklicherweise verdeckten einige strategisch platzierte Luftblasen ihre entblößten Schamteile.

"Milord?", murmelte sie. "Was tut Ihr hier?"

"Ich wollte nach Euch sehen", antwortete Nikolai sachlich. "Ihr seid schon eine Weile in Eurem kurzen Bad..."

Mineah wollte erwidern, doch bevor sie dazu kam, tat Nikolai etwas, das ihr die Kinnlade herunterklappen ließ. "W-was tut Ihr da?!"

"Ich entkleide mich natürlich", entgegnete Nikolai gelassen.

"Aber wieso?!"

Mineah sagte das, doch sie konnte sich nicht entscheiden, ob sie die Augen schließen oder ihm beim Entkleiden zusehen sollte...

Letztendlich konnte Mineah den Blick nicht von Nikolai abwenden.

Sein Anblick war unwiderstehlich – seine durchtrainierten Muskeln und das schwache Licht, das den Raum erhellt und auf die richtige Weise auf seine blasse Haut fiel, gab ihr den goldenen Schimmer. Sie schluckte und schloss die Augen, als er begann, seine Hose auszuziehen.

"Warum entkleidet Ihr Euch vor mir?", fragte sie mit gerunzelter Stirn und konnte ihr Missfallen in ihrer Stimme kaum verbergen. Einen Moment lang hatte sie beinahe ihr Ziel aus den Augen verloren, diesen Vampir zu verführen. Doch sie wollte nur sein Herz für sich gewinnen, nicht seinen ganzen Körper!

"Ist es mir etwa nicht gestattet, ein Bad mit meiner Frau zu nehmen?", gab er kalt zurück. "Ich habe extra um eine große Wanne gebeten, damit wir beide hineinpassen."

Mineahs Kiefermuskeln spannten sich an.

Seine Stimme klang zu anziehend, aber es gelang ihr, sich daran zu erinnern, dass sie in jeder Situation, in der sie sich mit ihm befand, die Kontrolle behalten musste. Sie war die Jägerin und Nikolai ihre Beute.

Als sie die Augen öffnete und seinem unerschütterlichen Blick begegnete, fühlte sie sich immer noch beunruhigt durch ihr mangelndes Wissen. Es war ein großer Nachteil für sie, dass sie nicht in der Lage war, Nikolais Gedanken zu lesen, und es ärgerte sie maßlos, besonders wenn er so stoisch wirkte wie jetzt!

'Ist er wirklich ernsthaft?' schrie es in ihrem Hinterkopf.