Ein Hauch von Dunkelheit

"Mach schon... verschlinge mich." Ihre Worte kamen sanft daher. Aber gepaart mit diesem kleinen, hübschen Gesicht, das so viel Mut zeigte, konnte diese tödliche Kombination als Herausforderung angesehen werden.

Ein kleines teuflisches Lächeln umspielte Sebastians Lippen, und Elle musste tatsächlich für einen Moment den Atem anhalten. Heiliger Strohsack! Sie konnte nicht glauben, dass er sie in dieser ernsten Situation, in die sie geraten war, noch ablenken konnte! Dieser Mann war der Inbegriff einer gefährlichen Versuchung!

"Ist das eine Herausforderung, Prinzessin?", fragte er. Seine gewundene Stimme hallte nach und war so dunkel verlockend, dass sich ihre Pupillen reflexartig weiteten.

"Du kannst es nennen, wie du willst." Sie zwang sich, leichtfertig zu antworten, um sich für das Kommende zu wappnen.

Ihre Hochzeit sollte eigentlich schon letztes Jahr stattfinden. Aber Izabelle war zu ihrem Vater gegangen und hatte verzweifelt protestiert, bis Brandon schließlich zustimmte, dass er bis zu ihrem zwanzigsten Geburtstag warten würde, nur um der öffentlichen Meinung willen. Geburtstag warten würde, nur um der öffentlichen Meinung willen. Doch das Monster hatte ihr und König Markus seine lächerliche Bedingung unverfroren ins Gesicht gesagt. Er hatte mit Nachdruck gefordert, dass sie bis zur Hochzeit noch Jungfrau sein müsse, sonst werde die Hochzeit nicht stattfinden.

Deshalb hatte Elles Vater sie rund um die Uhr überwachen lassen, auch wenn sie bereits in ihrem Haus, dem Palast, war.

Seitdem war Elle fest davon überzeugt, dass das Monster Brandon eine Schwäche für Jungfrauen hatte, und jetzt, wo es so weit gekommen war, glaubte sie, endlich die einmalige Chance gefunden zu haben, auf die sie gewartet hatte. Daran hatte sie schon früher gedacht. Sie hatte geplant, sich einen Mann für einen One-Night-Stand zu schnappen, aber wegen der strengen Überwachung durch ihren Vater war das nicht möglich gewesen. Das war der Grund, warum sie bis jetzt noch Jungfrau war, und die Hochzeit war schon morgen!

Aber jetzt war ein gut aussehender Prinz zum Greifen nah. Er wurde ihr buchstäblich in den Schoß gelegt, und zu allem Überfluss erzählte dieser Prinz ihr auch noch, dass er Frauen verschlingt. Ihr ursprünglicher Fluchtplan hatte nun so gut wie keine Aussicht mehr auf Erfolg. Jetzt blieb ihr nur noch diese eine letzte Möglichkeit - und es war ziemlich sicher, dass sie Erfolg haben würde, wenn sie diesen Weg wählte. Die Frage war jedoch, ob sie ihn wählen sollte. Nach einer Sekunde des Nachdenkens war es zweifellos ein 'Ja'.

Sie wollte glauben, dass dieser Mann vielleicht ein Engel der Barmherzigkeit war, der ihr geschickt wurde, damit sie ihrem persönlichen Schicksalstag, auch bekannt als ihr Hochzeitstag, entgehen konnte.

"Ich meine es ernst, Prinz Sebastian." Ihre Stimme klang mutiger und entschlossener, mehr als sicher in ihrer Antwort.

Ihre Blicke trafen sich, und es kostete Elle alles, um nicht der geheimnisvollen Magie zu erliegen, die diese unergründlichen Augen auf sie ausübten.

"Sagt mir, Prinzessin", flüsterte er geheimnisvoll und hob seine Hand. Sie konnte nicht anders, als auf die hervortretenden Adern und die langen, schlanken Finger zu starren.

Als seine Finger die Enden des Spitzenbesatzes ihrer Kapuze berührten und daran zogen, um das Band zu lösen, beschleunigte sich ihr Herzschlag wie verrückt.

"Warum tust du das? Oder versuchst du, Psychospielchen mit mir zu treiben?", fragte er mit seiner cellohaften Stimme.

Das jedoch nur für einen Sekundenbruchteil in seinen Augen etwas Gefährliches aufblitzte. Eine ernste Warnung, die er rein zu ihrem Wohl aussprach.

Ein Teil von ihr wollte schreien, dass sie auf seine Warnung hören sollte. Dieser Mann war gefährlich, das konnte sie deutlich spüren. Seine düstere Aura umgab ihn wie eine Barriere. Aber was blieb ihr für eine Wahl? Leider gab es keine.

So stand sie schnell auf, zog ihren Kapuzenpullover aus und ließ ihn zu Boden fallen. Diese Geste allein sollte ihm zeigen, dass sie keinen Moment zögerte.

"Ich spiele keine Spiele," sagte sie und begann, die Knöpfe ihres Pyjamahemds zu öffnen, während sie mutig seinem Blick standhielt. Ihre Finger zitterten leicht, doch sie gab sich alle Mühe, es nicht zu auffällig werden zu lassen, in der Hoffnung, er bemerke es nicht.

Als sie alle Knöpfe geöffnet hatte, sprach sie: "Wie Sie sehen können, meine ich es ernst, Prinz Sebastian."

Ein langsames Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, als seine Hand wieder in einer schnellen und doch anmutigen Bewegung agierte.

Elle fühlte, wie die Rückseite seiner Finger ihre Wange streifte und sie allmählich so tiefer bewegte, dass sie unweigerlich den Kopf in den Nacken legte. Oh Götter...

Draußen waren laute Geräusche zu hören. Jemand schien die Wachen davon abzubringen, in der Nacht das Zimmer des Prinzen stürmen zu wollen. Aber ihr Geist und ihr Körper waren gerade so elektrisiert von seiner Berührung, dass es ihr unmöglich war, sich auf die leisen Geräusche zu konzentrieren, die von außen drangen.

Früher war sie bereits von einigen Jungen berührt und geküsst worden, bevor sie verlobt war. Zwar war es nie zu einer vollständigen Intimität gekommen, aber sie hatte dennoch erlaubt, dass jemand ihren Körper berührte, und diese Erkundungen hatten ihr damals gefallen. Doch dies hier... es war etwas völlig anderes. Es befand sich auf einer ganz anderen Ebene als die kindlichen Spiele von früher. Sie konnte es nicht genau erklären, aber sie spürte so etwas wie eine Spur Dunkelheit in seinen Fingerspitzen, die über ihre Haut strichen. Und er berührte dabei lediglich ihren Hals!

Letztendlich hörte sein Finger auf, über ihr pochendes Herz zu streichen, und verweilte dort – vorerst. Dann beugte er sich näher zu ihr, so dass sie unbewusst wieder den Atem anhielt.

"Sie faszinieren mich, Prinzessin," murmelte er, und seine tiefen Augen bohrten sich in ihre. Doch er schien nicht auf ihren BH zu starren, sondern auf die Haut über ihrem Herzen. Das fand sie seltsam, oder war sie einfach zu nervös?

"Ich hätte niemals gedacht, dass die Prinzessin, deren Hochzeit ich morgen beiwohnen werde, gerade jetzt dies tut... in meinem Zimmer... mit mir." Seine Worte waren langsam und gleichmäßig. Er schien nicht unglaublich ungläubig zu sein und überraschenderweise konnte man weder in seiner Stimme noch in seinem Blick ein Urteil erkennen. Nur ein boshaftes Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht.

Doch seine Worte brachten Elle nicht aus der Fassung. Nicht das kleinste Zucken zeigte sich auf ihrem schönen Antlitz. Sie hatte bereits geahnt, dass er einer der Gäste sein musste, die ihr Vater kurzfristig zur Hochzeit eingeladen hatte. So war es selbstverständlich, dass er wusste, wer sie war.

"Sind Sie etwa der Meinung, dass ich vor meiner Hochzeit morgen ein letztes Mal flirten will?" fragte er sie scherzhaft, während eine seiner eleganten Augenbrauen charmant in die Höhe stieg.