Versprechen

Die gesamte Unterhaltung war unglaublich bedrückend und unterdrückend, zumindest empfand das Elle. Sie hoffte und betete die ganze Zeit, dass Sebastian so freundlich wäre, ihre falsche Fassade nicht aufzudecken, ihnen nicht die Wahrheit über ihre Unberührtheit zu verraten – dass sie nie miteinander geschlafen hatten und sie noch jungfräulich war.

Jedes Mal, wenn er den Mund aufmachte, hielt Elle den Atem an, ihr Herz krampfte sich zusammen in der Angst, dass er sie verraten könnte. Dann atmete sie erleichtert aus und ihr Herz entspannte sich, wenn er doch nicht die Wahrheit preisgab. Ihre Finger zuckten danach, ihr wunderschönes Kleid zu ergreifen, während sie fast regungslos darin saß, fast wie eine lebendige Puppe.

Kurz zuvor hatten die Dienstmädchen sie akribisch zurechtgemacht. Ihr hellrotes Haar fiel in eleganten Locken, die wunderschön ihr Gesicht und ihre Schultern umrahmten und ihre Schönheit hervorhoben. Ihr Kleid hatte genau dieselbe Farbe wie ihre großen, tränenbenetzten, blauen Augen. Sie sah aus wie die perfekte Prinzessin - züchtig und sanft, so zart, dass man meinen könnte, sie würde wie ein kostbares Porzellan zerspringen, würde man sie nur etwas zu fest berühren.

Obwohl das Gespräch scheinbar reibungslos und zügig voranschritt, konnte Elle innerlich nicht zur Ruhe kommen. Sie fürchtete immer noch, dass Sebastian jederzeit die Zusammenarbeit verweigern und alles zum Platzen bringen könnte – diese Bombe, die sie in die Arme von Brandon Haze treiben und ihr Leben für immer ruinieren würde.

Schließlich erreichten sie das Ende der Unterredung. Elle konnte kaum fassen, wie glatt alles lief. Es war fast zu schön, um wahr zu sein. Brachte König Rudy sein Kind genauso eifrig unter die Haube wie ihr Vater?

Die ganzen Wendungen, die in rasender Eile auf sie einprasselten, machten sie sprachlos.

Elle konnte kaum glauben, dass das, was Sebastians Onkel gesagt hatte, tatsächlich stimmte. Dass König Rudy wirklich darauf brannte, dass Sebastian heiratete. Er hatte nicht einmal versucht, diesen Fakt zu verbergen. Sogar ihr Vater war offensichtlich schockiert. König Markus hatte gedacht, er müsste als Vater des Mädchens ein paar Tricks anwenden und Druck ausüben, um die Verbindung seiner Tochter mit Prinz Sebastian durchzusetzen. Doch wie es schien, war all das überflüssig, da König Rudy noch verlangender war, dass sein Sohn sie zur Frau nahm!

"Darf ich einen Moment alleine mit Prinzessin Izabelle sprechen?" fragte Sebastian plötzlich, als er von seinem Stuhl aufstand.

"Natürlich, mein Sohn. Geht nur, ihr beiden könnt euch ein wenig unterhalten", stimmte König Rudy schnell zu, und Sebastian fasste Elle unvermittelt an der Hand und steuerte mit ihr zur Tür.

Ihr Herz raste, als sie hinter ihm hergezogen wurde. Sie gab sich alle Mühe, seine große, warme Hand zu ignorieren, die die ihre hielt – aber das gelang ihr einfach nicht.

Sie hielten bei der mächtigen Säule im Flur an.

Als er sich umdrehte, um sie anzusehen, schienen seine Augen kälter als jemals zuvor. Jede Spur von Wärme wich in diesem Moment, und sie erkannte, wie frostig sein Blick wirklich war.

Er drängte sie gegen die Säule, packte ihr Kinn und zwang sie, zu ihm aufzublicken. Nicht so, dass sie mit ihrem Größenunterschied eine Wahl gehabt hätte.

"Bist du dir wirklich sicher?", fragte er. Seine Stimme war nun noch kälter und herzloser. Und Elle hatte das Gefühl, dass er versuchte, sie einzuschüchtern oder abzuschrecken. Dachte er wirklich, sie ließe sich so einfach verscheuchen? Hätte er recht, hätte sie sich nicht bereits in seinem Zimmer aufgehalten.

"Ja. Ich dachte, ich hätte das bereits klargestellt", erwiderte sie, ihr Ton bestimmt und fest, während ihre Augen entschlossen funkelten.

Elle war überzeugt, dass dieser Augenblick ihre finale Prüfung sein würde. Und ganz gleich, was auch passieren mochte, sie würde nicht klein beigeben. Nicht um ihr Leben!

"Hör zu..." raunte er düster. "Du hast keine Vorstellung, wer oder was ich bin, Prinzessin. Du versuchst verzweifelt, dem eigenen Höllenfeuer hier zu entkommen, indem du mich heiratest. Aber ich warne dich… auch meine Welt ist kein Paradies. Meine Welt ist dunkler, als du es dir je vorstellen könntest. Es ist eine Hölle, die jemand wie du möglicherweise nie überstehen wird, sollte sie dich verschlingen." Er zeigte ihr ein heimtückisches und gefährliches Lächeln. So schön und tödlich, dass ihr Herz unwillkürlich zusammenzuckte. "Du bietest mir eine Vernunftehe an, aber, Prinzessin... an mir ist rein gar nichts vernünftig. Ich gebe dir eine letzte Chance, jetzt die Reißleine zu ziehen. Wenn du dennoch darauf bestehst, wird es dir nur Leid bringen."

Warnende Glocken schienen laut in ihrem Kopf zu läuten. Sie sagte ihr, dass er sie nicht einfach nur erschrecken wollte – das las sie in seinen Augen.'Aber egal, was er jetzt sagen mag, es würde ihre Entscheidung nicht ändern. Sie hatte wahrlich keine andere Wahl. Also biss sie die Zähne zusammen und stählte ihren Willen.

"Ich erwarte kein Paradies, Prinz Sebastian. Ich glaube, es wird mir gut gehen, solange ich mein Versprechen halte. Solange ich mich von Ihren Geschäften fernhalte, denke ich, dass alles zwischen uns beiden reibungslos verlaufen wird."

Er lächelte spöttisch.

"Hast du gedacht, es gab niemanden, der mir zuvor etwas Ähnliches versprochen hat, hmm? Prinzessin?", fragte er und seine Kiefer spannten sich an. "Wie du haben sie gelobt und meinen Bedingungen zugestimmt, aber später kamen sie bettelnd und weinend zu mir zurück... Ich sehe voraus, dass auch du jetzt all diese Dinge sagst, aber später ...", er legte sanft seinen Zeigefinger auf ihr Herz, "... wirst du deine Meinung ändern und wenn das passiert, dann wirst auch du zu mir kommen und Forderungen stellen. Du sagst, ich könnte dich scheiden und du würdest dich dem Prozess willig unterziehen... Aber nein. Ich glaube nicht, dass es so einfach sein wird, Prinzessin." Er schüttelte den Kopf. "Das Herz eines Menschen kann sich so schnell wandeln und die Menschen tun alles, um das zu bekommen, was ihr Herz begehrt."

Eine kurze Stille folgte, in der sie einander intensiv in die Augen blickten.

"Wenn du diese Ehe mit mir eingehst, ist es, als würdest du dein eigenes Grab schaufeln. Denn in dem Moment, in dem du anfängst, mehr von mir zu wollen, werde ich dich scheiden. Und wenn du dein Versprechen brichst und versuchst, gegen mich anzukämpfen... werde ich dich ruinieren und vollständig vernichten. Gnadenlos. Du wirst es bereuen, diesen Teufel heute Nacht getroffen zu haben.", sprach er mit einer sanften, aber kalten Stimme.

Aber Elle zuckte nicht einmal. Ihr Blick blieb unerschüttert. Dieser Mann war rücksichtslos, das wusste sie sehr genau. Seine Augen versprachen in diesem Moment Alpträume und Dunkelheit ohne Aussicht auf Erlösung.

Es war einfach unglaublich, wie ihr Herz in diesem Moment nicht vor Furcht wild schlug. Logischerweise sollte sie das genug erschrecken, um zu zögern und nach einem anderen Ausweg zu suchen. Aber vielleicht hatte sie keine Fähigkeit mehr, mehr Angst zu haben als vor Brandon Haze. Vielleicht, weil sie so lange Angst vor ihm und ihrer geplanten Hochzeit mit ihm gehabt hatte, dass das die einzige Angst war, die sie zu fürchten gelernt hatte.

Also hob sie statt zu kapitulieren ihren Kopf. "Ich verstehe jetzt...", sagte sie leise. "Da du mir nicht traust, dass ich mein Wort halte, wie wäre es damit? Du bereitest die Scheidungspapiere jetzt im Voraus vor und ich unterschreibe sie. Wenn du dich dann in Zukunft von mir scheiden lassen willst, sind die Papiere bereits unterschrieben und ich kann dich nicht länger damit belästigen. Du müsstest sie nur noch an die Anwälte schicken und beglaubigen lassen."

Eine drückende Stille trat ein, bevor er sich von ihr wegbewegte. Bis sein leises, ungläubiges Lachen die Stille durchbrach.

"Ich bin sprachlos, Prinzessin Izabelle", sagte er und sah dabei höhnisch belustigt aus. Doch dann nickte er anerkennend. "Du scheinst für jede meiner Fragen eine Antwort zu haben. Ich bin beeindruckt."

Seine Reaktion ließ ihre Augen weit aufreißen. War er endlich bereit, diese Heirat zu vollziehen?

Er streckte seine Hand nach ihr aus und schließlich kamen die Worte, die sie so sehr hören wollte, über seine Lippen.

"Gut, Prinzessin. Ich werde dich heiraten."

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Liebe Leserinnen und Leser,

vielen Dank fürs Lesen. Ich hoffe, ihr habt die ersten 11 Kapitel genossen. Ich würde mich wirklich freuen, wenn ihr eine Rezension hinterlassen könntet, also zögert bitte nicht, dies zu tun. Es wäre eine große Unterstützung für mich.

Liebe Grüße, Kazzen