Ihr Gefährte

Stunden waren vergangen, und die Sonne stand kurz vor dem Aufgang, als Darius die Augen öffnete. Er holte tief Luft und ließ einen lauten Seufzer hören, während er in seinem Bett liegen blieb und an die Decke seines Schlafgemachs starrte.

Die vergangene Nacht konnte er wegen seiner Zweifel um Xen kein Auge zu tun und hatte nichts weiter getan, als die Bewegungen des Jungen aus der anderen Kammer still zu beobachten. Irgendetwas in ihm sagte ihm, dass Xen in dieser Nacht versuchen würde zu fliehen, und so wartete er geduldig.

Und tatsächlich, der junge Mann versuchte zu entkommen. Er wies seine Männer sogar telepathisch an, Xen freizulassen, während er ihm folgte. Er grübelte darüber, warum Xen ihm entfliehen wollte, wo der Junge doch wusste, dass sein Handeln Verrat an ihm bedeutete.

Darius seufzte erneut. Seine Gedanken kreisten noch immer um Xen, und er fühlte sich zunehmend frustriert deswegen...

Er stöhnte leise, als er an das Abendessen der letzten Nacht zurückdachte. Er konnte seinen Blick nicht von Xen abwenden, was bedeutete, dass er jede seiner Bewegungen aufmerksam verfolgte.

Noch immer konnte er sich daran erinnern, wie Xen mit der Zunge über die Ränder seiner Lippen fuhr, um sie zu befeuchten. Es war nicht verführerisch gemeint, aber die Gefühle, die es in seinem Körper auslöste, waren dennoch zu intensiv. Diese Handlung löste eine Welle des Verlangens durch seinen Körper aus, die bis in seinen Schoß reichte, so sehr, dass er mehrmals leise fluchte, um sein aufwallendes Bedürfnis zu zähmen.

Selbst Xens Mienen waren zu feminin! War er tatsächlich ein Junge? Oder verbarg sich jemand unter einer Verkleidung? Er hatte den Drang, den Jungen aus seinen Kleidern zu reißen, wusste jedoch nicht, was ihn davon abhielt.

Er könnte einige seiner weiblichen Diener darum bitten, Xen zu untersuchen, aber das wäre eine unangenehme Bitte, welche sich zweifellos wie eine Seuche im ganzen Königreich verbreiten würde – ganz zu schweigen von den Ältesten, die ihn unaufhörlich drängten, eine Königin zu nehmen.

Und natürlich behauptete sein Wolf Zeus, sie hätten ihre Gefährtin gefunden. Zeus war es, der Xen durch ihren starken, betörenden Duft als ihre Gefährtin erkannte. Es war ein Duft, wie er ihn noch nie gerochen hatte, und doch schien dieser verdammte Wolf ihm einen Streich zu spielen!

Doch war Xen wirklich ein Mann? Und wenn ja, was würde er dann tun? Würde der Allmächtige ihm wirklich so einen Streich spielen?

Der Rat würde Xen nie akzeptieren, wenn er tatsächlich männlich wäre, allein schon wegen der unumstößlichen Tatsache, dass sie nie einen Erben hervorbringen könnten, was unvermeidlich seinen Thron und die Stabilität seines Königreichs gefährden würde. Er konnte seinen Thron nicht so einfach verlieren.

Er konnte es nicht zulassen, dass all die Opfer, die um seiner Position willen gebracht wurden, vergeblich waren. Er hatte hart gearbeitet, um sich diese Stellung zu verdienen, und er würde es nicht wagen, sie zu verspielen, selbst wenn sein Wolf Zeus und er nicht einer Meinung waren.

Das Gesicht von Darius verdüsterte sich, als die Erinnerungen an jene schmerzhafte Nacht, an den Verlust der Menschen, die er liebte und schätzte, wieder hochkamen. Doch er beruhigte sich sofort wieder. Es war nicht gut, diese Erinnerungen wieder aufkommen zu lassen.

Er hatte nur ein Ziel in seiner Herrschaft: jedes Rudel in ihrem Königreich zu vereinen und ein mächtiges Reich gegen jeden zu schaffen, der versuchen würde, sie zu unterwerfen.

Als er aufstand, kamen seine gewöhnlichen Diener sofort hinein, um ihn zu bedienen und auf seine Reise vorzubereiten.

Er bedeutete Dale, seinem Hauptdiener, näherzukommen und sagte: "Wenn wir zurückkehren, lehre Xen, wie man mir angemessen dient. Er wird dich ab morgen ersetzen. Xen wird auch für all meine Bedürfnisse persönlich sorgen."Dale fiel plötzlich auf die Knie. "Eure Majestät! Ich verdiene den Tod, ich konnte Euch nicht angemessen dienen!"

Der König konnte sich ein Lachen nicht verkneifen, während er Dale an den Schultern packte und ihm aufhalf.

"Übertreib nicht, Dale. Ich werde dich keineswegs ablösen. Du wirst weiterhin für mich arbeiten, nur eben in anderen Angelegenheiten. Doch für den Augenblick muss dieser Krieger, Xen, mir nah sein. Er wird mein kriegerischer Diener sein, innerhalb und außerhalb der Schlossmauern", erklärte er.

Dale lächelte und nickte verständnisvoll. "Liegt es daran, dass ich alt geworden bin, Eure Majestät?" fragte sein treuer Gehilfe mit leicht gesenktem Haupt.

Darius seufzte tief und antwortete: "Du bist mir wie ein Vater, Dale. Ich ersetzte dich nicht wegen deines Alters, sondern weil ich sicher bin, dass du auch Ruhe verdient hast, nachdem du mir und meinem Vater über Jahre hinweg unermüdlich gedient hast. Unter all jenen, die für mich arbeiten, bist du es, dem ich am meisten vertraue. Wie gesagt, dies ist nur vorübergehend."

Der alte Mann seufzte, lächelte aber verständnisvoll.

"Nun hilft mir, mich vorzubereiten", wies Darius an, und Dale machte sich sogleich gemeinsam mit den anderen Dienern an die Arbeit.

Nachdem der König fertig war, entließ er seine Bediensteten und ging direkt zu der Geheimtür, die in das andere Zimmer führte, in dem Xen schlief.

Xen lag immer noch schlafend in ihrem Bett. Darius konnte seinen Duft wahrnehmen, der scheinbar schon von Weitem das Zimmer erfüllte.

Heimlich lobte sich Darius für seine brillante Idee, Xen zu seinem persönlichen Kriegerdiener zu machen.

Xen könnte auf die Nachricht hin unangenehm reagieren, doch das würde ihn nicht kümmern, solange er dieses Problem lösen konnte, ohne den Mann selbst entkleiden zu müssen. Das wäre eine zu drastische Maßnahme, egal ob es sich herausstellen würde, dass Xen eine Frau oder ein Mann ist. Darüber hinaus würde es verzweifelt wirken, und das Letzte, was er wollte, war, dass sein Krieger sein Verhalten in Frage stellen und seinen Ruf gefährden würde.

Wenn Xen an seiner Seite bleiben würde, könnte er schlussendlich herausfinden, ob er ein Mann ist oder nicht. Fürs Erste würde er auf den Instinkt von Zeus, seinem Wolf, vertrauen, denn sein Wolf würde ihn nicht in eine peinliche Lage hinsichtlich dieser Angelegenheit mit 'seinem Gefährten' bringen.

Still näherte er sich der friedvollen Gestalt und betrachtete sein schmales Gesicht. Er beugte sich vor, um das Gesicht noch genauer und intensiver zu betrachten.

Ohne es zu merken fiel Darius' Blick auf dessen Lippen. Sie waren rot, prall und herzförmig, wie er bereits zuvor bemerkt hatte.

Er schluckte und neigte sich näher zu Xens Lippen, stoppte jedoch abrupt, als Xen die Augen öffnete.