Erwachen

ELIA

Sie empfand es als Verletzung, als nackte Ungerechtigkeit, dass von ihm als Mann erwartet wurde, derartigen Missbrauch einfach klaglos über sich ergehen zu lassen.

Ein Laut entrang sich ihrer Kehle, und sie drängte nach vorn, ohne Rücksicht auf die Hände, die nach ihren Armen griffen, oder die Körper, die ihr im Weg standen. Sie rief seinen Namen und kämpfte mit allen Mitteln, sie kratzte und trat, um die Frauen zurückzudrängen.

Und auch Reth wehrte sich. Ihre Augen erhaschten den Blick auf seine steifen Schultern, die hervortretenden Adern an Hals und Armen. Er kämpfte, war aber bedacht, jenen, die ihm Schmerz zufügten, keinen Schaden zuzufügen. Er kämpfte um seine Freiheit, aber nicht um den Preis, die Frauen zu verletzen, die ihn quälten.

Aber das war Elia egal, sie stürzte sich in den Kampf.

Sie zog an den Haaren, sie kratzte und nahm einige Ellbogenschläge hin, um schließlich nur noch durch eine Frau von Reth getrennt zu sein.

Zwei Frauen hielten seine Arme fest, damit eine vordere Frau seine Brust und seinen Hals mit Küssen überhäufen konnte. Er brüllte und etwas in Elia knackte.

Sie packte die Frau bei den Haaren, warf sie zu Boden und positionierte sich zwischen ihr und Reth. "Finger weg von meinem Gefährten!", schrie sie mit einer Stimme, die sie selbst nicht erkannte.

Viele Zuschauer traten zurück. Die zwei Frauen, die Reth festhielten, sahen mit großen Augen zu Elia hinauf. "Lasst ihn los!", befahl sie.

Die Frau links von ihm ließ sofort ab und verneigte sich vor Elia, doch die Frau zur Rechten zeigte ihre Zähne und zischte einen Fluch.

Elia atmete tief ein – und sog dabei mehr Rauch ein –, dann wandte sie sich Reth zu. "Willst du sie?", schrie sie gegen das Rauschen in ihren Ohren an.

"Nein!", brüllte Reth zurück. Elia fühlte einen Freudentaumel, aber sie wandte sich wieder der anderen Frau zu – die fast einen Kopf größer und offensichtlich stärker war.

Dann erinnerte sie sich an Reths Worte. Folge deinen Instinkten.

Ihr Instinkt sagte ihr, dass sie dieser Frau eine Lektion erteilen sollte, weil sie ihren Gefährten berührt hatte. Niemand durfte ihren Gefährten anfassen außer sie selbst.

Sie war erfüllt von Sehnsucht, Aufregung – und einer wütenden Glut. Elia senkte ihr Kinn, doch ihr Blick wich nicht von der anderen Frau.

Die Frau duckte sich, um Elia entgegenzutreten, doch ihre Hände waren damit beschäftigt, Reths Arm festzuhalten. Elia knurrte und schlich sich vorwärts, den Blick fest auf der Frau, die die Zähne zusammenbiss, aber ihren Blick nicht abwandte.

RETH

Elia dabei zuzuschauen, wie sie eine dominante Löwin in die Schranken wies, war das Begehrenswerteste, was Reth je erlebt hatte. Während sie auf ihn zukam, die Augen lodernd, die Hüften schwingend wie die einer Großkatze, wünschte er sich nichts sehnlicher, als sie hochzuheben, in seine Arme zu nehmen und zurück in die Höhle zu verschwinden, die Zeremonie zum Teufel. Und ihr Duft... sie roch immer betörend, doch nun gab es etwas Neues darin, etwas Heißes und Pikantes – etwas, das begehrte.

Sein Körper reagierte sofort. Er keuchte – und das lag nicht am Kampf gegen die Frauen. Ein Grollen vibrierte in seiner Kehle, Elias Haut bekam Gänsehaut – er sah es, und er roch das Hochgefühl in ihr, die Welle aus Begierde und Besitzanspruch, die sie ergriff.

Er konnte das Paarungsbrummen, das aus seiner Kehle drang, nicht unterdrücken – es war der tiefste seiner Laute, einen, den er zuvor noch nie von sich gegeben hatte.

Die gesamte Lichtung erstarrte.