Phönix

„Phönix?" überlegte der Drache fragend, seine goldenen Augen funkelten im Schein der fernen Flammen. Dann nickte er zustimmend, ein zufriedenes Brummen vibrierte in seiner Brust. „Das ist ein wunderschöner Name! Ich danke euch sehr!"

Tobias schnaubte und verschränkte die Arme. „Phönix, hm? Klingt besser als Schuppi, das muss ich zugeben. Aber jetzt, wo du endlich einen Namen hast, was machst du als Nächstes?"

Phönix richtete sich auf, seine Flügel spannten sich weit aus, sodass sie den Himmel über uns verdunkelten. „Als Erstes? Ich werde euch helfen, eure Freundin zu finden. Ihr habt mich befreit, und nun ist es an der Zeit, dass ich euch etwas zurückgebe."

„Wirklich?" fragte Tobias skeptisch und hob eine Augenbraue. „Ich meine, nicht dass ich undankbar wäre, aber wie willst du uns denn helfen? Die Menschen haben sie vermutlich weit weggebracht, und wir wissen nicht mal, wo wir anfangen sollen."

Phönix schnaufte amüsiert, eine kleine Rauchwolke stieg aus seinen Nasenlöchern auf. „Ich habe meine Flügel zurück, kleiner Wolf. Das bedeutet, ich kann fliegen – und sehen, was ihr vom Boden aus nicht sehen könnt."

Ich konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. „Das klingt nach einem Plan! Endlich mal ein Vorteil auf unserer Seite. Aber wir müssen vorsichtig sein. Die Menschen, die dich gefangen gehalten haben, werden uns bestimmt nicht einfach davonkommen lassen. Sie werden uns verfolgen."

„Sollen sie nur kommen," brummte Phönix, seine Stimme tief und bedrohlich. „Ich bin nicht mehr derselbe Drache wie zuvor. Ich bin frei, und ich werde nicht zulassen, dass sie mir oder meinen neuen Freunden erneut Schaden zufügen."

Tobias musterte Phönix skeptisch. „Freunde? Wir kennen uns erst seit ein paar Minuten, und du nennst uns schon Freunde?"

„Hast du jemals gehört, dass man einen Drachen unterschätzen sollte?" Phönix grinste breit, seine scharfen Zähne blitzten im schwachen Licht. Tobias schluckte, aber ich spürte, dass der Drache es nur halb ernst meinte.

„Also gut, Phönix," sagte ich, und meine Stimme war entschlossen. „Wenn du uns wirklich helfen willst, dann lass uns nicht länger hier bleiben. Der Rauch, das Chaos – die Wachen werden Verstärkung holen, und wir haben keine Zeit zu verlieren."

Phönix nickte. „Setzt euch auf meinen Rücken. Ich werde euch tragen."

„Ähm... was?" Tobias trat einen Schritt zurück. „Ich klettere nicht auf einen Drachen. Ich habe Höhenangst!"

„Das hast du mir nie erzählt," entgegnete ich und grinste.

„Weil es bisher nie relevant war!" Tobias fuchtelte mit den Armen. „Jetzt schau dir das mal an! Das sind keine kleinen Hügel hier, das sind Wolkenhöhen!"

Phönix lachte, ein tiefer, grollender Laut. „Mach dir keine Sorgen, kleiner Tobias. Ich verspreche, dich sicher zu tragen. Vertrau mir einfach."

„Einfach vertrauen, sagt er," murmelte Tobias und schüttelte den Kopf. Doch ich konnte sehen, dass er wusste, es gab keine andere Wahl.

Gemeinsam kletterten wir vorsichtig auf Phönix' breiten Rücken. Seine Schuppen waren überraschend warm, fast beruhigend, und seine Flügel zitterten leicht vor Vorfreude.

„Haltet euch gut fest," warnte Phönix und breitete seine mächtigen Flügel aus.

„Wenn ich runterfalle, suche ich dich heim, Sly!" rief Tobias, seine Krallen gruben sich in die Schuppen des Drachen.

„Ich bin sicher, du wirst es lieben!" erwiderte ich lachend, während der Drache sich kraftvoll vom Boden abstieß und wir in den Nachthimmel hinaufstiegen.

Die Welt unter uns wurde kleiner, die brennenden Fackeln der Wachen verblassten in der Dunkelheit. Der Wind peitschte uns ins Gesicht, aber ich fühlte eine Freiheit, die ich nie zuvor gespürt hatte.

„Das ist... unglaublich," flüsterte Tobias, sein Griff wurde etwas lockerer, während er nach unten blickte.

"Also" fing Phönix nach einer Weile an zu Fragen. "Wo ist denn eigentlich euer Freundin?"

"In Newhurst" antwortete ich und deutet auf die immer kleiner werdene Stadt. "Ich soll dort rein gehen und die Schule auskundschaften!"

„In Newhurst?" wiederholte Phönix und warf einen Blick auf die Stadt, die wie ein kleiner, glühender Fleck in der Ferne verblieb. „Das klingt... nicht gerade wie ein Ort, an dem man Drachen willkommen heißt. Oder Wölfe"

„Das kannst du laut sagen," murmelte Tobias und klammerte sich immer noch wie ein Ertrinkender an die Schuppen von Phönix. „Ich bin schon nervös genug, und jetzt fliegen wir auch noch mitten in die Höhle des Löwen."

„Die Schule dort wird von den Menschen bewacht," erklärte ich weiter, meine Augen auf den Horizont gerichtet. „Ich weiß nicht genau wie sie meine Freundin benutzten doch es nichts gutes." Ich holte die maske aus meiner Tasche und hilet ihm sie ihn. "Dass nennen wir Maske der Tranung. Mit dieser Maske verwandelt sich man für eine Weile in einen Menschen!"

Phönix ließ ein nachdenkliches Brummen hören, während er über die Wolken hinweg segelte. „Eine Maske also. Hm, das macht es einfacher, unentdeckt hineinzukommen.."

„Wir müssen es probieren und wir müssen vorsichtig sein," warnte Tobias. „Wir wollen ja nicht dich auch noch verlien" Tobias stubste mich an "Es ist schon schwer genug, unerkannt zu bleiben, ohne dass ein riesiger, fliegender Feuerdrache Aufmerksamkeit auf uns lenkt."

„Ich kann mich tarnen," sagte Phönix beiläufig, als wäre das nichts Besonderes.

„Wie bitte?" Tobias und ich sagten das gleichzeitig, und ich beugte mich vor, um ihn besser anzusehen.

„Tarnung," wiederholte Phönix mit einem amüsierten Funkeln in seinen Augen. „Ich bin ein Drache, oder? Wir haben mehr Tricks auf Lager, als die meisten wissen. Seht einfach zu."

Und mit diesen Worten veränderte sich Phönix plötzlich. Seine schimmernden Roten Schuppen begannen, sich zu verändern, als ob sie das Licht um ihn herum verschluckten. Sein Glanz verblasste, seine Konturen verschwammen, und ehe wir uns versahen, war der Drache beinahe unsichtbar – nur ein leichter Schimmer in der Luft verriet, dass er noch da war.

„Wie... wie machst du das?" stammelte Tobias, sichtlich beeindruckt.

„Das ist eines der Geschenke meiner Vorfahren," erklärte Phönix, seine Stimme klang jetzt tiefer, fast wie ein Flüstern im Wind. „Die Menschen wissen wenig über unsere wahre Natur. Wenn ich will, kann ich mich selbst in ihrer Nähe bewegen, ohne dass sie es merken."

„Das ist unglaublich!" Ich grinste breit. „Das könnte uns wirklich helfen. Uns in die Stadt zu bringen."

„Hm, da habt ihr recht," überlegte Phönix. „Vielleicht sollten wir uns zuerst einen Plan überlegen, wie ihr hineinkommt, bevor ich mich in die Nähe der Schule wage. Wenn ich euch einfach vor den Toren absetze, könnten die Wachen alarmiert werden."

„Ich könnte mich reinschleichen," schlug ich vor. „Ich bin ein Wolf. Wenn ich meine tierische Seite einsetze, könnten sie mich für ein gewöhnliches Tier halten. Niemand würde einem Wolf Beachtung schenken, der nachts durch die Straßen schleicht. Und drinnen setze ich die Maske auf"

Tobias verdrehte die Augen. „Ach ja, klar. Und ich soll hier warten? Alleine? Ich bin zwar ein toller Mensch, aber ich bin nicht so gut im Herumschleichen wie du, Sly!"

„Keine Sorge, kleiner Tobias," sagte Phönix mit einem Schmunzeln. „Ich bleibe bei dir. Ich kann uns beide verstecken, während Sly die Schule erkundet."

„Oh, großartig," murmelte Tobias und klang nicht im Geringsten beruhigt. „Ich liebe es, der Lockvogel zu sein."

Ich konnte ein Lachen nicht unterdrücken. „Du bist kein Lockvogel. Du bist Plan B. Falls irgendetwas schiefgeht, brauchen wir dich und Phönix, um uns zu retten."

„Das ist nicht wirklich beruhigend," grummelte Tobias, aber er ließ es dabei bewenden.

Phönix setzte zum Sinkflug an, und die Stadt kam langsam wieder in Sichtweite. Die Lichter der Schule waren deutlich zu erkennen – ein großer, düsterer Gebäudekomplex, der sich vom Rest der Stadt abhob.

„Also gut," sagte ich, meine Stimme entschlossen. „Wir schleichen uns rein, finden meine Freundin und bringen sie hier raus. Ohne Aufsehen zu erregen."

„Klingt einfach," sagte Tobias trocken. „Was könnte da schon schiefgehen?"

„Wir werden es herausfinden," erwiderte ich.

Phönix ging in die Sinkflug und wir näherten uns einer Lichtung Wetslich vom Westlichen StadtTor.

Phönix landete sanft, so leise, wie es ein riesiger Drache eben konnte. Der Boden erzitterte leicht unter seinem Gewicht, und Tobias sprang schnell von seinem Rücken, als hätte er Angst, dass der Drache sich im nächsten Moment umentscheiden könnte und wieder abheben würde.

„Okay, das ist nah genug," murmelte Tobias und klopfte sich den Staub von den Kleidern. „Jetzt sollten wir leise und unauffällig vorgehen... was hoffentlich bedeutet, dass keiner von uns mehr fliegen muss."

Ich ignorierte seinen Kommentar und sah in Richtung des westlichen Stadttores. Es war gut beleuchtet, mit Wachen, die hin und her patrouillierten. Die massiven Holztore wirkten bedrohlich, und ich wusste, dass wir hier nicht einfach hindurchspazieren konnten.

„Wie sieht dein Plan aus?" fragte Phönix, während er sich in der Dunkelheit zurückzog, seine Schuppen wieder fast unsichtbar wurden. Nur seine leuchtenden Augen blitzten kurz auf, bevor auch sie verschwanden.

„Wir müssen die Wachen ablenken," begann ich. „Wenn ich mich in meiner Wolfsform durchs Unterholz schleiche, könnte ich sie vielleicht in die falsche Richtung locken. Tobias, du bleibst hier bei Phönix, bis die Luft rein ist."

„Warum bin ich immer der, der wartet?" beschwerte sich Tobias, doch er fügte sich, als ich ihm einen warnenden Blick zuwarf.

Ich konzentrierte mich, ließ meinen inneren Wolf die Kontrolle übernehmen. Ein vertrautes Kribbeln durchzog meinen Körper, als ich mich verwandelte. Meine Pfoten berührten den weichen Waldboden, meine Sinne wurden schärfer, die Geräusche der Stadt und des Waldes verschmolzen zu einem lebendigen Klangteppich.

„Wow," flüsterte Tobias, als er mich in meiner Wolfsform betrachtete. „Immer wieder beeindruckend. Ich meine du bist ein Wolf der auf zwei Beine läufts."

Ich schnaufte nur und machte mich auf den Weg, blieb jedoch so nah am Boden wie möglich. Meine Ohren zuckten bei jedem Geräusch, während ich mich der Stadtmauer näherte. Die Wachen schienen gelangweilt, was für uns von Vorteil war.

Ein leises Knurren entkam meiner Kehle, und ich sprang in die Nähe des Tores, nur um ein paar trockene Äste unter meinen Pfoten brechen zu lassen. Die Wachen hörten es sofort.

„Was war das?" Einer von ihnen drehte sich in meine Richtung.

Perfekt. Ich sprang in das Unterholz und begann, langsam zu laufen, um sie zu locken.

„Da drüben! Irgendwas bewegt sich!" rief der andere Wächter.

Ich hörte, wie sie ihre Waffen zogen und mir folgten. Als sie weit genug von ihrer Position entfernt waren, drehte ich mich um und schlich zurück zur Lichtung.

Tobias wartete dort, die Arme verschränkt. „Das ging schneller als erwartet."

„Der Plan funktioniert," bellte ich in meiner Wolfsform, und Tobias zuckte zusammen. „Jetzt müssen wir uns beeilen."

„Seid vorsichtig," kam Phönix' Stimme aus der Dunkelheit. „Ich werde hier in der Nähe bleiben, falls ihr mich braucht. Aber wenn ihr in Schwierigkeiten geratet, lasst es mich wissen."

„Wird gemacht," sagte ich und nickte Tobias zu. Gemeinsam machten wir uns auf den Weg in die Stadt, während Phönix uns aus der Ferne beobachtete.

„Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist?" flüsterte Tobias hinter mir. „Wir könnten auch einfach morgen früh reingehen, wenn weniger Wachen da sind."

„Und riskieren, dass sie sie wegbringen?" Ich warf ihm einen Blick über die Schulter zu, bevor ich weiterging. „Nein, Tobias, das ist unsere Chance. Sie erwarten keine Angreifer mitten in der Nacht."

„Großartig. Überraschungstaktik. Die beste Option, wenn man keine Ahnung hat, was man tut," murmelte Tobias, aber er folgte mir trotzdem.

Die Stadt war überraschend still, nur hin und wieder durchbrach das Knirschen unserer Schritte auf den Kopfsteinpflastern die Stille. Die Schule, unser Ziel, lag am anderen Ende der Stadt, ein imposantes Gebäude, das aus den restlichen Häusern herausragte. Von weitem konnte man die großen Fenster und die steinernen Türme erkennen, die wie wachsame Augen über Newhurst thronten.

„Was genau soll das hier für eine Schule sein?" fragte Tobias schließlich, seine Stimme ein wenig lauter als nötig.

„Eine Akademie," antwortete ich knapp, die Augen auf die Straße vor uns gerichtet. „Für die Elite der Menschen. Magier, Alchemisten, Krieger. Aber sie ist mehr als das. Ich habe gehört, dass sie dunkle Experimente durchführen, Wesen gefangen halten. Vielleicht auch meine Freundin."

Tobias runzelte die Stirn. „Großartig. Wir brechen also in einen Ort ein, der vor gefährlichen Menschen nur so wimmelt. Warum bin ich nochmal dabei?"

„Weil du mein Freund bist," sagte ich mit einem schiefen Grinsen.

„Tolle Argumentation." Tobias schüttelte den Kopf, konnte aber ein kleines Lächeln nicht unterdrücken.

Wir schlichen uns weiter durch die Stadt, vorbei an schlafenden Häusern und hin und wieder einer patrouillierenden Wache. Zum Glück hatte ich in meiner Wolfsform noch immer einen scharfen Geruchssinn und konnte sie rechtzeitig wittern, bevor sie uns entdeckten.

Schließlich standen wir vor der Schule. Das Gebäude war noch beeindruckender, als ich es mir vorgestellt hatte. Dunkle Steinmauern ragten in den Nachthimmel, und die großen Fenster reflektierten das schwache Mondlicht. Vor dem Eingang standen zwei Wachen, ihre Rüstungen schimmerten im Schein der Fackeln, die sie trugen.

„Okay, und jetzt?" flüsterte Tobias und beugte sich zu mir. „Bitte sag mir, dass du einen Plan hast."

„Ich dachte, du bist der Typ mit den cleveren Einfällen?" gab ich zurück.

„Ach, großartig. Wir improvisieren also mal wieder." Tobias seufzte, aber seine Augen begannen bereits, die Umgebung abzusuchen. „Vielleicht können wir irgendwie..."

Er hielt inne, als wir beide gleichzeitig ein leises, hohes Pfeifen hörten. Es kam von hinter uns, und ich drehte mich um.

„Phönix?" flüsterte ich, aber nichts bewegte sich.

Das Pfeifen wurde lauter, und dann – ein Aufprall. Irgendetwas krachte in die Erde hinter den Wachen, ließ sie in die Luft wirbeln und uns vor Schreck zusammenzucken. Als der Staub sich legte, sahen wir, was passiert war: ein riesiger Felsen lag direkt vor dem Schuleingang, und die Wachen lagen benommen daneben.

Ich blinzelte. „Hat Phönix gerade einen Stein auf die Schule geschleudert?!"

„Das war... effektiv?" Tobias klang mehr verwirrt als beeindruckt.

„Egal, das ist unsere Chance!" Ich packte Tobias am Arm und zog ihn zum Eingang. Die Wachen waren bewusstlos, und wir schlichen an ihnen vorbei ins Innere der Schule.

Drinnen war es dunkel, nur ein paar magische Laternen leuchteten schwach an den Wänden. Der Geruch von alten Büchern und Metall lag in der Luft, und jeder Schritt hallte durch die leeren Flure.

„Das fühlt sich falsch an," murmelte Tobias und sah sich um. „Viel zu ruhig."

„Bleib wachsam," antwortete ich, meine Ohren gespitzt. „Wir finden sie. Und dann verschwinden wir so schnell wie möglich."

Doch in meinem Inneren hatte ich das seltsame Gefühl, dass wir beobachtet wurden.

Und dann suaste ein Pfeil durch die luft und traf mich an der Flanke. Ich brach sofort zusammen und aber ich hörte nichts mehr. Kurz bevor ich die Augen schließen mussten, sah ich wie Tobias vr mir ebenfalls zusammen brach. Dann wurde alles Dunkel