Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal mit einem echten Prinzen auf einer Tanzfläche stehen würde. Und doch passiert genau das. Adrian hält meine Hand, führt mich durch den Raum, als wäre das hier für ihn die normalste Sache der Welt. Wahrscheinlich ist es das auch. Ich meine, der Typ wurde praktisch dazu erzogen, auf Bällen herumzutanzen, während ich mich normalerweise von solchen Veranstaltungen so weit wie möglich fernhalte. Und trotzdem… ist es seltsam angenehm. Ich meine, ja, es gibt diese klassische, überdramatische Musik im Hintergrund, und ja, alle starren uns an, als hätten sie gerade das Finale einer königlichen Dating-Show erreicht. Aber Adrian sieht nicht so aus, als würde ihn das stören. Er wirkt völlig entspannt. „Weißt du, du tanzt gar nicht so schlecht", sagt er, während er mich geschickt um eine Gruppe neugieriger Zuschauer herumführt.
„Danke, ich hatte genau null Unterricht", erwidere ich trocken.
„Beeindruckend." „Sag das nicht zu laut, sonst erwarten die Leute noch mehr von mir." Er lacht leise. „Du hast wirklich ein Talent dafür, Erwartungen zu untergraben." „Das ist eine meiner besten Eigenschaften." Er zieht mich ein kleines Stück näher, gerade so viel, dass es auffällt, aber nicht zu viel, um unangenehm zu sein. Ich spüre die Blicke auf uns, spüre, wie meine Stiefschwestern wahrscheinlich innerlich explodieren, während Viktoria irgendwo am Rand des Raumes steht und mental eine Liste von Beleidigungen für mich vorbereitet. Ich sollte mich unwohl fühlen. Aber das tue ich nicht. „Du hast mich überrascht, weißt du?", sagt Adrian nach einer Weile. Ich hebe eine Augenbraue. „Oh? Weil ich dir keinen zweiten Kaffee übergeschüttet habe?"
„Weil du anders bist, als ich erwartet habe." Ich schnaube. „Ja, ich bin mir sicher, du hast genau das typische Märchenprinzessinnen-Klischee erwartet, oder? Jemanden, der dir huldigt, dich anhimmelt, dich mit großen Augen ansieht, während du königliche Weisheiten von dir gibst?"
„Ganz ehrlich?" Er grinst. „Ja, ein bisschen." „Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen." „Ich bin nicht enttäuscht." Er mustert mich für einen Moment, und sein Blick ist so offen, so direkt, dass ich mich fast unwohl fühle. „Weißt du, Ella, die meisten Menschen hier… sie sehen mich nicht wirklich." Ich runzle die Stirn. „Wie meinst du das?" „Sie sehen den Prinzen. Den Titel. Die Rolle, die ich spielen muss." „Und was bist du dann wirklich?" Er zuckt mit den Schultern. „Jemand, der gerne mal einen Abend hätte, an dem er nicht das perfekte Bild abgeben muss." Ich mustere ihn. Der Typ, der alles zu haben scheint – Reichtum, Einfluss, ein ganzes Königreich in Aussicht – und trotzdem redet er, als würde er sich manchmal am liebsten aus seinem eigenen Leben stehlen. „Tja", sage ich schließlich, „dann hattest du Glück, dass ich heute beschlossen habe, das komplette Ball-Protokoll zu ruinieren." Er lacht. „Definitiv." Die Musik verlangsamt sich, der Tanz neigt sich dem Ende zu. Ich sollte jetzt wahrscheinlich einen höflichen Knicks machen, mich bedanken und mich wieder in eine Ecke verziehen. Aber natürlich wäre ich nicht ich, wenn ich es nicht irgendwie schaffe, selbst aus diesem Moment ein Chaos zu machen.
Denn genau in dem Moment, in dem Adrian mich loslässt, um mich elegant zurückzuführen, bleibe ich mit dem Fuß an meinem eigenen Kleid hängen.
Ein Ruck, ein unschönes Geräusch, ein kleines Plopp, und plötzlich bin ich nicht mehr sicher, ob ich gerade die Kontrolle verliere oder einfach vom Boden verschluckt werde. Es passiert in Sekundenbruchteilen: Ich stolpere. Adrian versucht, mich zu fangen. Ich versuche, mich an irgendetwas festzuhalten – was leider bedeutet, dass ich seine Krawatte erwische. Und dann – BAM. Ich lande direkt auf ihm. Er liegt auf dem Rücken, ich halb auf seiner Brust, während der halbe Ballsaal in atemloser Stille auf uns herabblickt. Ich spüre, wie mir die Hitze ins Gesicht steigt. „Okay", sage ich nach einer Sekunde, in der ich nur versuche, meine Würde zusammenzukratzen. „Das war nicht geplant." Adrian blinzelt mich an. Dann grinst er. „Ich weiß nicht", murmelt er. „Ich finde, es hat einen gewissen Charme." Ich schnaube. „Klar. Ich mache das immer, um Eindruck zu schinden." „Hat funktioniert." Ich rolle mit den Augen, während er sich aufsetzt und mir hilft, mich wieder zu sortieren. Irgendwo in der Menge höre ich ein unterdrücktes Kichern. Und dann – Applaus. Ja. Die Leute applaudieren.
Wahrscheinlich, weil sie denken, das sei irgendeine ausgeklügelte romantische Szene gewesen. Weil sie sich einbilden, dass ich gerade dabei bin, die Hauptrolle in ihrer königlichen Liebesgeschichte zu übernehmen. Und weißt du was? Lass sie doch. Ich stehe auf, streiche mein Kleid glatt, nehme einen tiefen Atemzug – und dann drehe ich mich um und verbeuge mich vor dem Publikum. Adrian lacht laut, erhebt sich ebenfalls und folgt meinem Beispiel mit einer dramatischen Geste. Ich blinzele zu ihm. „Du hast echt keine Angst vor peinlichen Momenten, oder?" „Nicht, wenn du dabei bist." Seine Worte hängen für einen Moment in der Luft, und ich spüre einen kurzen Stich in meiner Brust. Nicht unangenehm. Aber ungewohnt. Ich sage nichts dazu, sondern schenke ihm nur ein schiefes Grinsen. „Dann mach dich auf noch mehr gefasst, Prinz Charming", sage ich schließlich. „Ich hoffe es." Und als ich mich umdrehe, sehe ich am Rand des Raumes Viktoria stehen. Ihre Lippen sind schmal zusammengepresst, ihre Augen funkeln vor Wut, während meine Stiefschwestern hektisch in ihre Handys tippen. Ich habe keine Ahnung, was als Nächstes passieren wird. Aber eines weiß ich genau: Dieser Abend ist noch lange nicht vorbei.