Cinderella schlägt zurück

Es gibt einen Punkt, an dem selbst die geduldigsten Menschen genug haben.

Ich bin zwar nicht gerade für meine Engelsgeduld bekannt, aber bis jetzt habe ich diesen ganzen Wahnsinn mehr oder weniger hingenommen. Ich habe die Schlagzeilen ignoriert, das Getuschel ausgeblendet und die Tatsache verdrängt, dass meine Stiefschwestern jeden einzelnen Artikel über mich mit Markierstift durchgehen, als würden sie eine wissenschaftliche Abhandlung über meinen Untergang schreiben. Doch heute reicht es. Heute ist der Tag, an dem Cinderella zurückschlägt. Es beginnt mit einem Artikel.

„Ella: Die goldene Käfig-Rebellin oder nur eine Aufmerksamkeitssuchende?"

Ich scrolle durch den Text, meine Wut wächst mit jedem Absatz.

„Ist Ella wirklich die erfrischende Rebellin, für die sie sich ausgibt? Oder ist sie nur eine weitere verzogene Außenseiterin, die das Rampenlicht genießt? Ihr plötzlicher Ruhm basiert auf nichts anderem als einem schlechten Auftritt bei einem Ball – und doch feiern sie manche als Symbol des Wandels. Doch ist sie das wirklich?"

Ich presse die Lippen zusammen. Okay. Genug. Ich klappe meinen Laptop zu, ziehe meine Jacke über und marschiere nach draußen. Ich habe keine Ahnung, wohin ich will – aber ich weiß genau, dass ich nicht rumsitzen und zusehen werde, wie alle über mich reden, während ich schweige. Ich brauche eine Strategie. Eine Waffe. Oder, in meinem Fall: Einen Plan, der genauso chaotisch ist wie ich. Und wer könnte mir besser dabei helfen als der Typ, der mich in diesen Schlamassel erst richtig hineingezogen hat? Also schnappe ich mir mein Handy und wähle eine Nummer, die ich eigentlich nicht mal hätte haben sollen. Nach dem dritten Klingeln geht er ran. „Ella?" Adrians Stimme klingt überrascht – und irgendwie auch erfreut. „Ich brauche deine Hilfe." Eine kurze Pause. Dann: „Wusste ich's doch. Was hast du vor?"

Ich atme tief durch. „Ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir eine eigene Geschichte erzählen." Drei Stunden später sitze ich auf einem gemütlichen, kleinen Dachbalkon mitten in der Stadt, Adrian neben mir, mit einem Ausdruck in den Augen, der mir verrät, dass er nur darauf wartet, dass ich eine Bombe platzen lasse. „Also gut", sagt er und lehnt sich entspannt zurück. „Was genau hast du vor?" Ich drehe mein Handy zwischen den Fingern. „Alle haben eine Meinung über mich. Aber keine Sau hat mich je gefragt, was ich eigentlich denke. Also werde ich es ihnen sagen." Er hebt eine Augenbraue. „Via Social Media?" Ich nicke. „Ganz genau." Er grinst. „Okay. Und wie genau?" Ich nehme mein Handy, öffne Instagram und tippe eine neue Story.

„Hi. Ich bin Ella. Ihr kennt mich vielleicht als 'die mit den Chucks beim Ball', 'die, die den Prinzen fast umgeworfen hat' oder 'die, die angeblich eine Revolution ausgelöst hat, obwohl sie eigentlich nur bequeme Schuhe tragen wollte'."

Ich filme mich selbst, ein freches Grinsen auf den Lippen. „Tja. Zeit, ein paar Dinge klarzustellen." Ich blicke Adrian an. „Bist du bereit, deinen royalen Ruf aufs Spiel zu setzen?" Er lacht. „Definitiv." Ich tippe auf „Posten". Und dann? Dann lehne ich mich zurück, schnappe mir Adrians Kaffeetasse und nehme einen triumphalen Schluck. Cinderella ist offiziell im Spiel.