„Ray... was sollen wir tun? Was, wenn sie es allen erzählt?" flüsterte eine zarte, sanfte Stimme, durchdrungen von Hilflosigkeit.
„Das ist mir egal, Lia! Ich mag sie nicht", schnappte Rays Stimme zurück, tief und frustriert. „Meine Eltern haben es nicht verstanden... Du weißt, wie anhänglich sie war. Selbst als sie wusste, dass wir uns lieben, ließ sie nicht los. Sie ist nichts als eine billige Waise, eine Goldgräberin. Nur weil mein Großvater ihrer Mutter etwas schuldete, heißt das nicht, dass ich sie heiraten muss."
Lilith regte sich, ihr Körper steif und schmerzend, als sie erwachte. Ihr Verstand war vernebelt, während sie versuchte zu begreifen, wo sie war. War ich nicht tot? Ihre Augen öffneten sich schlagartig, als ihr die Erkenntnis kam. Hatte dieser Gott nicht versprochen, dass ich wiedergeboren würde, nachdem ich ihn gerettet hatte? Als eine Göttin der Dunkelheit?
Sie blinzelte gegen das Licht, ihre Taille schmerzte, als ihr bewusst wurde, dass sie auf dem kalten, harten Boden gelegen hatte. Das Unbehagen riss sie aus ihrem verwirrten Zustand. Langsam setzte sie sich auf, rieb ihre Taille und musterte den Raum mit scharfem Blick. Es war nichts wie das großartige Jenseits, das sie sich vorgestellt hatte.
Was zum Himmel? dachte Lilith verbittert. Wer wagt es, mich so hinzuwerfen? Ihr Körper spannte sich an, als der Schmerz in ihrer Taille schnell von etwas Dunklerem ersetzt wurde – Wut. Ihre Augen glänzten mit demselben gefährlichen Licht, das einst ihre Feinde hatte erzittern lassen. Die Schatten regten sich in ihr, erhoben sich wie ein alter Freund.
Lilith nahm ihre Umgebung in sich auf – ein einfaches Hotelzimmer mit stumpfen beigefarbenen Wänden und halb zugezogenen Vorhängen, die gedämpftes Licht hereinließen. Ein kleiner Tisch in der Ecke war übersät mit halbvollen Kaffeetassen, und an einer Seite des Raums hing ein Spiegel. Das Herzstück war ein großes Kingsize-Bett, bedeckt mit perfekt arrangierten flauschigen weißen Laken und Kissen. Der Raum war langweilig, uninspiriert und wirkte zu schwach im Vergleich zu der Welt, über die sie einst geherrscht hatte.
Dann hörte sie wieder die Stimmen.
„Nein, Rayan, Lili ist keine Goldgräberin", sagte Lia in flehendem Ton, ihre Stimme sanft, aber verteidigend. „Sie ist fleißig... Selbst nachdem sie wusste, dass ich dich mochte, jagte sie dir noch nach. Aber das spielt keine Rolle. Wir sind Seelenschwestern."
Ray schnaubte. „Nein, Lia, nein. Du bist die wahre Schönheit – gütig, innen wie außen. Ich kann Lilith nicht ausstehen. Sie ist verdammt nervig."
Liliths Augen verdunkelten sich vor Verärgerung. Sie haben keine Ahnung, über wen sie da reden.
Als sie sich langsam erhob, ihre Taille noch immer dumpf schmerzend, murmelte Lilith vor sich hin: „Wer wagt es, mir wehzutun?" Ihre Stimme war ein tiefes Grollen, tödlich aber leise, mit dem Versprechen von etwas Schlimmerem.
Als sie den Kopf drehte, sah sie die Quelle ihres Unbehagens. Sie war achtlos wie weggeworfenes Gepäck auf den Boden geworfen worden. Ihr Blick wanderte zum Bett, wo sie ein Paar entdeckte, das sich in den Armen lag, völlig ahnungslos ihrer Anwesenheit gegenüber.
Die Hände des Mannes waren fest um die Frau geschlungen, und Lilith beobachtete mit kalter Gleichgültigkeit, wie er sich hinunterbeugte und langsame Küsse auf ihren Hals drückte. Sie waren so in ihrer kleinen Welt versunken, dass sie keine Ahnung hatten, dass der Teufel, den sie einst gekränkt hatten, wach war und sie beobachtete.
Liliths Lippen verzogen sich zu einem höhnischen Lächeln, dunkles Amüsement blitzte in ihren Augen auf. Von allen Orten, an denen sie hätte aufwachen können, musste es ausgerechnet hier sein. Wirklich? Menschen... Sie stieß einen genervten Seufzer aus.
„Tsk... Ich wurde nicht wiedergeboren, um irgendwelchen Turteltauben beim Kuscheln zuzusehen", murmelte sie und verdrehte die Augen.
Sie streckte sich, ihre Muskeln steif vom Liegen auf dem harten Boden.
Lilith, der Teufel aus der Welt des Universums, gefürchtet in allen Reichen. Sie hatte über die Installationswelt geherrscht, einen fortschrittlichen Ort, der ihr von einem Alten Gott übertragen wurde, der Mitleid mit ihr hatte, weil sie sein Leben gerettet hatte. Der sogenannte „Segen" der Wiedergeburt hatte damals wie ein günstiger Deal gewirkt, aber jetzt, wo sie an diesem schwachen, rückständigen Ort aufwachte, begann Lilith zu denken, dass der Gott sich einen grausamen Scherz mit ihr erlaubt hatte.
Ihre Augen verengten sich, als ihre Erinnerung schärfer wurde. Dieser Raum, diese Situation, war weit unter ihrer Würde. Und dann fiel ihr Blick wieder auf das Paar. Sie erkannte sie sofort aus ihrer Erinnerung – ihr angeblicher Verlobter, Rayan, und ihre beste Freundin von der Universität, Lia. Die Szene vor ihr erschien jetzt absurd, wie ein schlechter Witz. Also hatten sie sie auf den Boden geworfen und ihre kleine Affäre fortgesetzt?
Ein böses Grinsen breitete sich auf Liliths Gesicht aus. Wie niedlich.
Ohne zu zögern, schritt sie zum Bett, ihre Finger zuckten vor Schalk. Ihre Augen huschten zum Rand des Bettlakens, und mit einem scharfen Ruck zog sie es weg, ließ das Paar verschlungen und erschrocken zurück. Sie hatten kaum Zeit zu reagieren, bevor sie wie hilflose Insekten in einem Kokon aus Stoff eingewickelt waren.
„Was zum Teufel, Lilith?! Du bist eine verrückte Frau!" schrie Rayan und kämpfte gegen den engen Stoff. Sein Gesicht war vor Frustration gerötet, seine harte Fassade bröckelte angesichts des gefährlichen Wesens, das er vergessen hatte.
Lilith hockte sich neben das Bett, ihre Stimme triefte vor Belustigung. „Verrückt?" wiederholte sie mit einem leisen Kichern. „Oh, du hast keine Ahnung."
Während sie zusah, wie sie sich wanden, füllten sich die weit aufgerissenen Augen ihrer sogenannten „besten Freundin" Lia mit Angst. „Lilith, ich weiß, du bist eifersüchtig, aber bitte tu uns nicht weh!" flehte Lia, ihre Stimme zitterte, während sie versuchte, sich zu befreien.
Lilith blinzelte, einen Moment lang verblüfft, bevor sie in Gelächter ausbrach. „Eifersüchtig? Auf euch beide?" Sie schüttelte den Kopf, ein spöttisches Lächeln umspielte ihre Lippen. „Oh, bitte. Wenn überhaupt, bin ich beleidigt, dass ihr denkt, ich würde meine Zeit mit etwas so Trivialem verschwenden."
Sie richtete sich auf, verschränkte die Arme und blickte auf die beiden herab, die hilflos in die Bettlaken eingewickelt waren. „Hier geht es nicht um Eifersucht, meine Lieben. Es geht darum, euch beizubringen, wie unbedeutend euer kleiner Verrat für mich ist."
Ihre Augen schimmerten mit derselben gefährlichen Macht, die sie einst zu einer Legende unter den Reichen gemacht hatte. Rayans Prahlerei bröckelte, als die Wucht ihrer Präsenz auf ihm lastete. „Lilith, warte – was hast du vor?" stammelte er, seine Stimme verriet seine Angst.