Eliza

Eliza kauerte hinter der Säule am Fuße der Treppe, ihr Herz hämmerte in ihrer Brust, während sie die Szene beobachtete, die sich vor ihr abspielte. Sie war gerade rechtzeitig angekommen, um Lucavions verzweifelte Bitten und Lady Eleonores harsche Zurechtweisung zu hören.

"Mutter, bitte, du musst mir glauben. Ich habe nichts Falsches getan..."

Elizas Augen weiteten sich, als sie Lucavion, den jungen Lord, den sie immer bewundert hatte, sah, wie er seine Mutter anflehte. Seine Stimme war von solch roher Emotion erfüllt, dass es ihr Herz schmerzte.

Eleonores kalte Antwort ließ Eliza erschaudern. "Nach allem, was passiert ist, wie kannst du immer noch einem unschuldigen jungen Mädchen die Schuld geben? Nach allem, was du getan hast, wie kannst du hier stehen und sie beschuldigen?"

Eliza konnte ihren Ohren kaum glauben. Wie konnte Lady Eleonore, jemand, den sie so tief respektierte, Lucavions Worte so abweisend behandeln?

Schließlich wusste sie, dass Lady Eleonore, obwohl sie beschäftigt war, die meiste Zeit eine gute Mutter für ihre Kinder war.

Sie war sogar eine gute Herrin des Hauses für die Arbeiter, die im Herrenhaus arbeiteten. Sie sprach selten abfällig mit den Dienstmädchen, selbst wenn sie einen Fehler machten.

Aber jetzt sagte sie solche Dinge... Es war das erste Mal, dass Eliza Lady Eleonore in einem solchen Zustand sah. Zum ersten Mal sah Eliza diese Seite von Eleonore.

Sie hielt den Atem an und machte sich so klein und leise wie möglich, betend, dass sie nicht entdeckt werden würde.

"Niemand glaubt jemals den Worten einer Enttäuschung."

Der Stich dieser Worte war spürbar, selbst von Elizas verstecktem Aussichtspunkt aus. Sie beobachtete, wie Lucavions Schultern absackten, der Kampfgeist aus seinem Körper wich. Tränen strömten über ihre Wangen, als sie seine geweiteten Augen sah.

"Wie heißt du?"

Irgendwie wurde sie an die Zeiten erinnert, als sie jung war.

Eliza erinnerte sich an das erste Mal, als sie Lucavion getroffen hatte. Sie war gerade ein junges Dienstmädchen gewesen und lernte zum ersten Mal, wie man Tee serviert. Die großen Hallen des Thorne Herrenhauses hatten sich einschüchternd angefühlt, und ihre Hände zitterten, als sie das Tablett trug, wobei die zarten Tassen bei jedem Schritt leise klirrten.

Sie war so ängstlich. Vielleicht stolperte sie wegen ihrer Ängstlichkeit und fiel hin, verschüttete den Tee. Die heiße Flüssigkeit spritzte auf das Bein des Lords, dem sie dienen sollte.

Sie spürte eine Welle der Panik. Der Tee war heiß, und sie hatte ihn auf das Bein einer wichtigen Person verschüttet. Das Dienstmädchen neben ihr schimpfte sofort mit ihr, ihre Stimme scharf vor Wut. "Wie konntest du einen solchen Fehler machen? Entschuldige dich sofort beim Lord!"

Von Angst erfüllt, fiel Eliza auf die Knie, ihr Herz hämmerte in ihrer Brust. Sie erwartete harte Worte oder, schlimmer noch, Bestrafung für ihre Ungeschicklichkeit.

Sie hatte von vielen Geschichten gehört, in denen solche Dienstmädchen nur wegen solcher Fehler bestraft wurden. Einige von ihnen wurden sogar hingerichtet, weil sie einen Adligen beleidigt hatten.

Angst erfüllte ihr Herz wegen dieser Gerüchte, als sie sich ihre Strafe vorstellte.

Sie hielt den Kopf gesenkt, Tränen stiegen ihr in die Augen.

Aber dann hörte sie eine sanfte Stimme, eine Stimme, die ruhig und beruhigend war. "Es ist in Ordnung. Du kannst deinen Kopf heben."

Sie hob langsam ihren Blick, ihre Sicht verschwommen von Tränen. Das Erste, was sie sah, waren klare braune Augen, die in ihre blickten. Sie zitterten ein wenig, wirkten etwas verschwommen.

Als ihre Sicht klarer wurde, sah sie das ganze Gesicht des jungen Lords. Er war jung und zart, mit weichem schwarzen Haar, das nicht lang war, aber sein Gesicht perfekt umrahmte. Lucavion.

Er lächelte sie an, ein warmes und verzeihendes Lächeln. "Es ist okay. Du brauchst nichts zu befürchten."

Zu diesem Zeitpunkt hatte sie das Zucken seiner Mundwinkel und wie seine Hände auf seinem Bein verkrampft waren, nicht bemerkt.

Wie sehr er sich bemühte, den Schmerz, den er höchstwahrscheinlich fühlte, nicht zu zeigen.

"Niemand wird erfahren, was hier passiert ist." Sagte er, seine Augen auf das ältere Dienstmädchen gerichtet, das sie beaufsichtigen würde. "Richtig?"

"Ja, junger Meister, verstanden."

Nachdem er dies gehört hatte, drehte er sich um, um sie noch einmal anzulächeln. "Jeder macht Fehler. Wie heißt du?"

"Eliza," flüsterte sie, ihre Stimme zitternd. "Mein Name ist Eliza."

"Nun, Eliza, es ist schön, dich kennenzulernen," sagte er, immer noch lächelnd. "Mach dir keine Sorgen wegen des Tees. Es ist nur ein Unfall."

Das Dienstmädchen neben ihr war verblüfft, offensichtlich hatte sie eine solche Freundlichkeit nicht erwartet. "Mein Lord, es tut mir so leid. Ich werde sicherstellen, dass dies nie wieder passiert."

Lucavion winkte ab. "Das ist nicht nötig. Sie lernt gerade. Wir alle machen Fehler, wenn wir lernen."

Nach diesem Moment, als sie mit ihrem Vater über diesen Moment sprach, verstand sie, was er getan hatte.

"Komm her, Eliza."

Ihr Vater rief sie in die Küche, sein Gesicht ernst. Er nahm einen Kessel mit kochendem Wasser und hielt ihn über ihre Hand.

"So fühlt es sich an," sagte er und ließ einen einzigen Tropfen kochendes Wasser auf ihre Haut fallen.

Der Schmerz war sofort und intensiv, ließ sie nach Luft schnappen und ihre Hand zurückziehen. Die kleine Verbrennung tat so weh, dass ihr Tränen in die Augen stiegen.

Ihr Vater nickte, sein Ausdruck ernst. "Das ist es, was der junge Meister ertragen hat, als du den Tee auf ihn verschüttet hast. Aber er hat es nicht gezeigt. Stattdessen hat er dich beschützt. Denk daran, Eliza. Erinnere dich an seine Freundlichkeit. Und stelle sicher, dass du, wenn die Zeit kommt, die Gnade, die du erhalten hast, zurückzahlen kannst."

Sie nickte, die Lektion brannte sich in ihr Gedächtnis ein, genauso wie die Verbrennung auf ihrer Hand. Sie würde nie die Freundlichkeit vergessen, die Lucavion ihr gezeigt hatte, noch den Schmerz, den er verborgen hatte, um sie zu schonen.

So begann es, und sie fing an, ihn zu beobachten. Sie suchte nach Wegen, um die Freundlichkeit zurückzuzahlen, die sie erhalten hatte.

Und während sie mehr beobachtete, verwandelte es sich langsam in etwas anderes.

Sie begann, ihn zu mögen.

Aber wie konnte sie anders, wenn sie sah, wie er allein mit den Katzen spielte.

Und jetzt, wie konnte sie glauben, dass er so etwas getan hatte?

Der Young Master Lucavion war jemand, den sie die ganze Zeit beobachtet hatte. So eine Person würde nicht einmal Insekten verletzen, geschweige denn ein junges Mädchen.

Ein junges Mädchen angreifen, besonders die Schwester seiner Verlobten?

So etwas könnte niemals passieren.

Soweit sie wusste, war er die ganze Zeit von vielen schönen Menschen umgeben gewesen, und nie waren seine Augen mit fleischlichen Begierden gefüllt gewesen.

Deshalb stand sie still.

Lady Eleonore drehte sich um und ging weg, ihre Schritte hallten im kalten, stillen Keller wider.

Eliza blieb vollkommen still stehen und wartete, bis sie sicher war, dass Eleonore weg war. Sie wischte ihre Tränen mit dem Handrücken ab und nahm einen tiefen, zittrigen Atemzug.

Als sie noch ein wenig länger wartete, hörte sie plötzlich das Geräusch eines Körpers, der auf den Boden fiel. Ihr Herz setzte einen Schlag aus, und sie eilte zur Quelle, ihr Verstand raste vor Sorge.

Sie sah, wie er zusammenbrach, Blut floss aus seiner Nase. "Young Master Lucavion!" rief sie, aber er antwortete nicht. Sie eilte an seine Seite, ihre Hände zitterten, als sie nach ihm griff.

"Lucavion, bitte wach auf!" flehte sie und schüttelte ihn sanft.

Seine Haut war blass, und sein Atem war flach. Der Anblick des Blutes und seiner nicht reagierenden Gestalt sandte eine Welle der Panik durch sie.

"He-Mhmmm...." Sie war kurz davor, laut um Hilfe zu rufen, aber dann erinnerte sie sich daran, wo sie war und was sie tat.

Sie erinnerte sich, dass sie leise bleiben musste. Selbst jetzt hatte sie bereits riskiert, dass jemand möglicherweise ihre Stimme gehört haben könnte.

"Ah..."

Sie schaute nach unten und stellte fest, dass er atmete. Obwohl er von Zeit zu Zeit zuckte und zitterte, war er am Leben. Erleichterung durchströmte sie.

Sanft setzte sie sich hin und legte seinen Kopf auf ihren Schoß, streichelte seinen Kopf, um ihn zu beruhigen. Seine Haut war kalt, und sein Atem war immer noch flach, aber er war hier. Er war bei ihr.

Während sie dort saß, konnte sie nicht anders, als darüber nachzudenken, was von nun an mit ihm geschehen würde. Welches Schicksal würde ihn erwarten? Würde er verbannt, ins Exil geschickt werden? Würde er ins Gefängnis kommen? Würde er hingerichtet werden? Die Ungewissheit seiner Zukunft lastete schwer auf ihrem Herzen.

Während sie seinen Kopf streichelte, fiel ihr Blick auf ihr Armband. Es war ein einfaches, aber schönes Stück, das ihr von ihrer Mutter gegeben worden war, die nicht mehr in dieser Welt war. Dieses Armband hatte sie immer beruhigt, besonders wenn sie sich in schwierigen Situationen befand.

Als sie es betrachtete, traf sie eine Entscheidung. Sie würde es ihm geben. Es könnte ihn zumindest ein wenig beruhigen, wenn er sich überwältigt und allein fühlte. Sie wusste, dass sie nicht mehr bei ihm sein konnte, aber dieses kleine Zeichen des Trostes könnte ihm helfen.

Mit zitternden Händen nahm sie das Armband ab und streifte es sanft über sein Handgelenk. "Bitte, lass dir dies etwas Frieden geben, Lucavion," flüsterte sie, während erneut Tränen in ihre Augen stiegen.

Sie streichelte weiter seinen Kopf, während sie flüsterte.

"Zumindest werde ich an dich glauben. Obwohl ich mir nicht sicher bin, ob du dich daran erinnern wirst."

TROPF!

Eine kleine Flüssigkeit fiel von ihrem Gesicht, als sie in sein Gesicht blickte.

"Aber ich werde trotzdem hoffen, dass du es tust."

Als sie diese Träne wegwischte, legte sie sanft seinen Kopf auf die Matte.

"Auf Wiedersehen."

Sie stand auf und ging.

"Meine erste Liebe."

Und verließ ihn.