Die verborgene Wahrheit

Es sollte ein friedliches Leben sein.

Einfach anpassen.

Versteckt bleiben.

Niemand hatte erwartet, dass die Ankunft eines Jungen – nur eines menschlichen Jungen – alles erschüttern würde.

Seraphina saß am Rand ihres Bettes, die Laken noch um sie gewickelt, aber ihr Geist war jetzt weit weg.

Ihre Finger berührten leicht das leuchtende Wappen auf ihrem Unterbauch, das sanft pulsierte.

Sie schloss die Augen.

Und erinnerte sich.

Es war ein regnerischer Abend, als er zum ersten Mal kam.

Sie erinnerte sich deutlich daran, weil es das erste Mal war, dass sie ihre Mutter – Lilith Nocturne – so... unsicher gesehen hatte.

Er stand in der Türöffnung, eine kleine Tasche umklammernd. Er war ruhig, seine Schultern angespannt, die Augen wachsam.

Er war nur ein Kind, das mehr durchgemacht hatte, als es sollte. Verlorene Eltern. Keine Verwandten. Ins Waisenhaus geschickt.