Schock

Als sich der Rauch um den Arkanen Erzmagier legte, wurde seine makellose Gestalt sichtbar. Er war von einem hellblauen, transparenten Schild umgeben, der aufgrund der erlittenen Schäden Risse zeigte. David strich sich beiläufig über das Kinn und beobachtete die Fähigkeiten seiner Klasse. „[Arkaner Schild], hmm... Er hat mich gerade vor einer großen Blamage bewahrt. Ich liebe meine Klasse immer mehr!"

Kaiden nutzte die wenigen kostbaren Sekunden, die ihm sein Überraschungsangriff verschafft hatte, um sich zu sammeln und auf wackeligen Beinen aufzustehen.

„Eine Fähigkeit, schnell zu rennen, und ein Feuerzauber, was für eine seltsame Klasse du hast, mein alter Rivale. Wie heißt sie? Red Bull? Egal... es ist Zeit, dass ich dich von deinem Elend erlöse. Du brauchst dringend medizinische Hilfe."

Kaiden antwortete nicht auf sein ständiges Monologisieren, sondern nutzte diese Chance, um langsam ein- und auszuatmen und die volle Kontrolle über seinen Körper zurückzugewinnen. Dann begann er, auf seinen Feind zuzusprinten.

„Hah? Du kannst dich immer noch so gut bewegen? Deine Ausdauer ist erstaunlich; du bist wie eine menschliche Kakerlake. [Arkane Lanze]." David wurde schnell besser darin, seine Klasse zu nutzen. Sein Zielen war am Anfang schrecklich, aber in dieser kurzen Zeitspanne gewöhnte er sich bewundernswert gut an den Kampf, was sich am besten daran zeigte, dass der aus arkaner Energie geformte Speer Kaiden direkt durch den Magen durchbohrte.

„Gh!" Kaiden stöhnte, kurz bevor er einen Mundvoll Blut ausspuckte, doch seine hell brennenden Augen verloren nie ihren Glanz. Er sammelte all seine Kraft, und mit der Lanze, die noch immer in seinem Körper steckte, sprang er auf David zu. Während er in der Luft war, hob er seine rechte Faust und rief: „[Verhängnisvoller Schlag]!"

Blut ergoss sich über die gesamte Arena aus seinem Mund und der tödlichen Wunde in seinem Magen, als der Paragon der Sünde auf seinen Gegner herabstürzte.

Seine Faust traf auf den transparenten Schild und zerschmetterte ihn sofort in Millionen nutzloser kleiner Stücke. Seine Schadensgrenze war erreicht und durchbrochen worden. Kaiden packte David an der Kehle, als die beiden Männer zu Boden stürzten. David lag auf dem Rücken, während Kaiden auf ihm saß, die Knie auf dem Boden zu beiden Seiten von ihm.

Kaiden bewegte seinen Kopf näher an Davids heran und versuchte, etwas zu sagen, aber nur erschreckende, gurgelnde Laute verließen seine Kehle, was ihn weniger wie einen Menschen und mehr wie einen leibhaftigen Dämon erscheinen ließ. Eine ekelerregende Menge seines Blutes tropfte auf seinen unter ihm liegenden Feind herab.

Was David betraf, so war er gerade dabei, sich in die Hose zu machen.

Buchstäblich.

Der Anblick von Kaiden war regelrecht Stoff für Albträume. David war nur ein College-Nerd, der bis spät in die Nacht Spiele spielte, und jetzt befand er sich in einem Kampf gegen einen wütenden, sterbenden Gegner, der sich einfach weigerte umzufallen. Es war einfach zu viel für ihn.

Da er nicht in der Lage war zu sprechen und wusste, dass er nicht mehr viel Zeit hatte, ging Kaiden zum Angriff über. Er hielt seine linke Hand fest um Davids Kehle und hob seine rechte Hand, formte sie zu einer Faust und schlug mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, auf den Mann ein.

Kaiden hatte sich im vergangenen Monat religiös trainiert, und das zeigte sich. Seine Grundlagen waren viel stärker als zuvor. „Arghh!" schrie David, als der Boden der Arena ihm aufgrund der Wucht, mit der Kaidens Faust auf seinen Schädel traf, einen zweiten Schlag versetzte. „[Arkaner Bo-]" begann er zu intonieren, wurde aber zum Schweigen gebracht, als der nächste Schlag auf seinen Kiefer traf und ihn mit einem lauten Knirschen brach. Kaidens Griff um seinen Hals verstärkte sich ebenfalls, da er seinem Gegner keine Chance zum Zurückschlagen geben wollte.

Inzwischen hatte David jeglichen Kampfgeist verloren. Er war über alle Maßen verängstigt und fürchtete um sein Leben. Er wollte aufgeben, durfte es aber nicht – der nächste Schlag hatte bereits seinen Kopf getroffen.

Der Zauber, auf dessen Abklingzeit Kaiden gewartet hatte, war wieder verfügbar. Er hob seine Faust ein letztes Mal hoch in die Luft. Ein äußerst zufriedenes Leuchten war in seinen brennenden, karmesinroten Augen zu sehen.

Kaiden konnte aufgrund des vielen Blutes, das aus seinem Mund quoll, keine Worte richtig formen, aber die gurgelnden Laute, die er von sich gab, schienen mehr als genug zu sein. [Verhängnisvoller Schlag] kam auf Davids schutzlosen Kopf herab, als wäre er das Beil eines Henkers, und brach seinen Schädel mit einem brutalen, hallenden Geräusch, das den Aufprall seines Schlags begleitete.

David wurde sofort in Sicherheit teleportiert, woraufhin Kaiden auf die leere Stelle starrte, wo sein Gegner noch einen Moment zuvor gelegen hatte, bevor er nach vorne sackte – jedes Quäntchen Kraft hatte seinen Körper verlassen.

Er erlag seinen Wunden. Das Adrenalin und die pure Willenskraft, die ihn die ganze Zeit über aufrecht gehalten hatten, waren endlich aufgebraucht. Er folgte David unmittelbar, als auch er in Sicherheit teleportiert wurde, wo das medizinische Personal sofort mit der Arbeit beginnen konnte, sein Leben zu retten. Genau aus diesem Grund konnte ein Erwachten-Duell nur stattfinden, wenn ein Heiler hohen Ranges anwesend war.

Der Schiedsrichter starrte ungläubig auf die Stelle, wo die beiden Kämpfer noch vor einer Sekunde gelegen hatten, aber jetzt nur noch eine besorgniserregende Menge Blut zurückgeblieben war. „D-der Sieger des Duells ist K-Kaiden Grey!" rief er die Worte aus, von denen er nie erwartet hatte, sie zu äußern, als er die Aufgabe erhielt, diesen komisch unfairen Kampf zu überwachen.

Während es zwar stimmte, dass direkt nach dem Erwachen die Zeit war, in der die Kluft zwischen hohen und niedrigen Stufen am kleinsten war, weil sie sich mit jedem Stufenaufstieg kontinuierlich vergrößern würde, war es dennoch erstaunlich, dass eine so große Kluft überwunden werden konnte.

Dieser Erwachte der F-Stufe hat heute vielleicht Geschichte geschrieben, dachte der Schiedsrichter. Aber dann konnte er nicht umhin, sich an die überwältigende Präsenz zu erinnern, die Kaiden auf dem Schlachtfeld hatte. Er strahlte nicht die übliche zerbrechliche, verletzliche Aura aus, die Individuen mit schwachen Klassen tendierten, was ihn fragen ließ, ob das Artefakt nach all den Jahren mit einer makellosen Erfolgsbilanz endlich einen Fehler gemacht hatte.

Sofort brach weibliches Geschrei aus, als die Damen im Publikum, die für den Außenseiter waren, von ihren Sitzen aufstanden und zu feiern begannen, während die meisten Männer nur erstarrt auf ihren Plätzen saßen, mit ungläubigen Augen.

Die drei Jungfrauen jedoch, deren Ehre vom Angeklagten verletzt worden war, waren nirgends zu sehen, denn sie waren sofort zum Heilungsraum geeilt, mit Augen, die Tränenströme vergossen.