Ein mysteriöses Geschäft

Marx und Lihua blickten sich an. Stolz, Siegessicherheit und viele andere Gefühle brodelten in ihnen, während sie auf das Startsignal warteten. Die Spannung stieg immer weiter an. 

In Marx’ Hand befand sich eine ungewöhnliche Waffe, die Tsuyoi so noch nie gesehen hatte. Ein langer Stab, an dessen Ende eine lange und scharfe Klinge befestigt war. Beide Seiten waren scharf genug, um jemanden mit einer einfachen Berührung zu verletzen. Sie lief Spitz zu, damit Marx seine Gegner mit schnellen Stichen Kampf unfähig machen kann. Er hielt die Stangenwaffe in einer anmutigen Position mit der Klinge Richtung Boden.

Lihua hielt seine Waffe entschlossen und fest in seiner Hand. Lihuas Waffe war für Tsuyoi noch ungewöhnlicher als Marx seine. Eine Kette, die fest an einem Griff einen metallenen Ball festhielt. Der Ball war bestückt mit spitzen Zacken, die sich durch das Fleisch seiner Gegner bohren und die Knochen zertrümmerten. Mit einem harten Schwung würde er ein oder zwei nebeneinander stehende Gegner umbringen. Doch wenn er seine volle Kraft in einen Schlag stecken würde, wären es noch einige mehr. 

“Los!”, rief Atticus.

Marx und Lihua sprinteten aufeinander zu. Lihua schwang seine Waffe mit einem Feingefühl, das Tsuyoi nicht aufbringen konnte, und lenkte den Morgenstern in Richtung Marx’ Kopf. Marx sah den Morgenstern auf sich zu schnellen und wich ihm mit einer schnellen Bewegung aus, während er seinen Stab schnell auf Lihua richtete und weiter auf ihn zu rannte. 

“Oh, dem konntest du ausweichen?”, lachte Lihua, als er den Kurs seiner Morgensterns mit einer ruckartigen Bewegung änderte, um ihn wieder auf Marx' Kopf zu lenken. 

“Du denkst doch nicht, dass mich eine kleine Kugel aufhält, oder etwa doch?”, fragte er sich seines Sieges sicher.

Kurz bevor Marx mit seiner Waffe, die verziert mit dem Emblem der Utara ist, Lihua eine tödliche Verletzung hinzufügen würde, bemerkte er das Lächeln auf Lihuas Gesicht. Er bekam ein mulmiges Gefühl und schaute zurück. Da sah er Lihuas Morgenstern, der auf Marx zu rauschte. Er duckte sich sofort, ließ den Morgenstern an sich vorbei ziehen und sprang mit großen Schritten zurück.

“Wieso?”, fragte Lihua traurig. “Ich habe gehofft, dich nun umzubringen."

“Du solltest dein Pokerface mehr trainieren, nur ein Tipp.”, sagte Marx noch in Schock, da er fast gestorben wäre.

“Pokerface? Naja, ist ja auch egal. Solange ich dich heute umbringen darf, ist mir das egal.”

Marx lachte. Seine Haare wehten tänzerisch im Wind. Dann sagte er blutdürstig, fast wie ein Psychopath: “Du wirst mich heute nicht umbringen! Ich werde dich nämlich töten!”

Als Marx seinen Satz beendete, sprang er auf Lihua zu, der sofort reagierte und seinen Morgenstern schwang. Sie führten einen hitzigen Schlagabtausch, während die anderen zuschauten. 

“Sollte man die beiden so kämpfen lassen?”, fragte Tsuyoi. Er sorgte sich ehrlich. Tsuyoi hatte kein Problem damit, wenn sie sich wirklich umbrachten. Wenn sie es wollten, dann könnten sie sich die Birnen einschlagen, dachte Tsuyoi. Doch dies waren die Untergebenen von Atticus, die er sich nur, so wie viele Adlige, vom König lieh. 

“Mach dir keine Sorgen. Sie werden sich nicht gegenseitig umbringen. Dazu sind sie gar nicht fähig.”, erklärte Tsuyoi.

“Was meint Ihr?”, fragte Delia hellhörig nach.

“Die beiden sind ungefähr gleich stark. Sie haben dasselbe schon oft versucht und nie haben sie sich gegenseitig umgebracht. Der König weiß das auch. Wenn sie sich also umbringen, dann ist das das Problem von den beiden und nicht mir. Sie hinterlassen Familie und Freunde.”

“Wer gewinnt, entscheidet also das Glück?”, fragte Utopius zögernd. 

“Ja.”

“Interessant …”, murmelte Herr Kampke.

Der Kampf zwischen Marx und Lihua verschärfte sich weiter. Die Bewegungen wurden immer schneller, die Angriffe jedoch weniger hart. Sie verloren beide langsam an Energie. Doch um mit der Geschwindigkeit des anderen mitzuhalten, stecken sie mehr ihrer Energie in die Geschwindigkeit der Angriffe, statt sie in die Härte der Angriffe zu stecken. 

“Ich sehe was Ihr meintet. Sie sind wirklich gleich stark.”, kommentierte Tsuyoi das Geschehen.

Das Spiel ging lange so weiter. Doch schließlich konnte nur einer gewinnen. Der Sieger dieses Kampfes war Lihua. Er konnte Marx mit einem Schlag ins Gesicht ausschalten. 

Lihua lief langsam auf den ohnmächtigen Marx zu. Die Mordlust in seinen Augen war nicht zu übersehen. Lihua lief einige Meter, bis er vor Marx stand. In seiner Hand befand sich sein Morgenstern, auf den er kurz herunter schaute. Dann hob er seinen Arm. 

“Stop!”, schrie Atticus, bevor Lihua etwas tun konnte. Lihua zuckte zusammen. Die Mordlust in seinen Augen verschwand und er führte seinen Arm schnell wieder an seinen Körper. Dann nahm Atticus Lihua seine Waffe weg, griff Lihuas Hand und hob seinen Arm in die Luft, um schließlich zu sagen: “Der Sieger des heutigen Kampfes steht fest. Lihua hat gewonnen!”

Alle jubelten und klatschten für Lihuas Sieg außer Tsuyoi und seinen Kameraden. Immerhin wollte Lihua Marx umbringen. Tsuyoi war es zwar egal, aber hier ging es darum, denjenigen zu bestimmen, der gegen Tsuyoi kämpfen würde. 

“Tsuyoi, du wirst später gegen Lihua kämpfen, da er erschöpft ist und Ruhe braucht.”

Tsuyoi nickte, während Atticus schon den nächsten Befehl gab.

“Sorgt dafür, dass Marx wieder bei Bewusstsein ist, wenn der Kampf beginnt.”

Tsuyoi schlendern langsam durch die Straßen Utaras. Schöne und gepflasterte Straßen zierten die Stadt. Die Häuser, die Tsuyoi überall sah, bestanden aus Stein und waren oftmals mehrere Stöcke hoch, zudem waren die Fenster aus Glas. Es war ohne Zweifel eine reiche Stadt. 

“Ein bisschen leer ist es hier schon.”, murmelte Tsuyoi.

Er war alleine gegangen, um die Stadt ein wenig zu erkunden. Er lief durch viele Straßen, sah Personen mit wunderschöner Kleidung und welche mit alter Kleidung, die ihnen entweder nicht mehr passte oder die schon Löcher hatten. 

“Oh, was ist denn das?”

Tsuyoi reagierte überrascht, da er einen Laden sah, der sein Interesse weckte. Utara bot eine Vielzahl von Geschäften. Man konnte gleich um die Ecke teure Klamotten kaufen oder man kaufte sich Blumen. Doch dieser Laden war speziell. Weder ein Schild noch irgendetwas anderes machte darauf aufmerksam. Nur ein kleiner Zettel, der an die Tür geklebt wurde, bewies, dass sich hinter der hölzernen Tür, vor der Tsuyoi stand, ein Geschäft oder etwas Ähnliches befinden müsste. 

“Eine Bar? Was soll das denn sein? Vielleicht werden dort Kämpfer ausgebildet?”

Tsuyoi murmelte leise etwas vor sich hin, als er die Tür öffnete. Ein langer, dunkler Gang erstreckte sich vor Tsuyoi. Er konnte nur verwirrt dreinschauen, doch als sich die Tür hinter ihm schloss, dachte er, er müsse einfach weiter gehen. 

Mit langsamen und ruhigen Schritten bewegte er sich den Gang entlang. Er berührte kurz die nasse, kalte Wand, bevor er mit Vie Wasser erzeugte, das seine Hand wusch. 

“Ein wenig gruselig ist das hier schon. Aber warum ist dieser Gang hier?”, fragte sich Tsuyoi.

Der Gang, durch den Tsuyoi lief, wurde durch das leise flackernde und schwach leuchtende Feuer der Fackeln, die an der Wand hingen, erhellt. Hin und wieder hörte man ein leises Knacken des Holzes. Das Licht, das die Fackeln erzeugten, war leider nicht genug. Tsuyoi könnte zwar selbst Feuer erzeugen, doch er sollte Vie so selten wie nur möglich einsetzen, da die normale Bevölkerung Vie nicht kannte. 

Tsuyoi zuckte zusammen.

“Sind das Stimmen?”

Tsuyoi konnte leise Stimmen vernehmen. Sie schienen von Menschen zu sein. Leise Gespräche und das ausgelassene Lachen der Personen wurden immer lauter und lauter. Tsuyo wusste, dass er dem Ende immer näher kam. Tsuyoi fühlte sich sicher, weshalb er schnellen Schrittes voran schritt. 

“Wah!”

Doch Tsuyoi beachtete eines nicht: Er sah seine Füße nicht. Da er schnell voran schritt, sah Tsuyoi die Treppen nicht, die nach unten führten. Deshalb fiel er die Treppen runter und schlug gegen eine Tür. Die Stimmen im anderen Raum verstummten. 

“Oh oh!”

Langsam öffnete sich die Tür aus Holz. Hinter ihr tauchten Männer und Frauen auf. Sie waren riesig und so muskulös, dass man meinen könnte, sie seien keine Menschen. Tsuyoi dachte, dass das sein Ende sei. Hilflos saß er auf dem kalten Steinboden, während die Männer und Frauen auf Tsuyoi herabschauten. 

“Ha ha ha!”

Einer der Männer begann zu lachen. Daraufhin brach die gesamte Gruppe in großes Gelächter aus. 

Machen die sich gerade über mich lustig, fragte sich Tsuoyi.

Tsuyoi neigte seinen Kopf verwirrt zur Seite. Dann reichte der Mann an der Tür Tuyoi seine Hand und stellte sein Lachen ein. Die restliche Gruppe stellte auch langsam ihr Gelächter ab und wischte sich die Tränen weg.

“Junge, was machst du denn vor unserer Tür? Hast du den Zettel nicht gelesen? Auf dem stand doch, dass das hier eine Bar ist und du hier nur ab 16 rein darfst.”

Die tiefe, raue Stimme des Mannes hallte durch den Gang. Als Tsuyoi noch versuchte zu verstehen, wurde er von dem Mann in den Raum gezogen. 

“Ahh!”, schrie Tsuyoi, bevor der Mann die Tür schloss.