Das erste Licht des Tages kroch über die feuchten Felder. Nebelschwaden zogen wie müde Gespenster zwischen den Zelten umher, schwer vom Tau und dem Modergeruch, den der Wind gelegentlich von der Stadt in unser Lager trug. Noch ehe der erste Ruf zum rüsten sich erhob, stand ich in voller Rüstung und bereit zum Kampf am Rande des Lagers, mein Blick und meine Gedanken auf Velgath fixiert. Hinter mir, das Scharren der Männer, die ihre Rüstungen schlossen, Schwerter prüften und sich auf den bevorstehenden Kampf vorbereiteten. Mein Wort war es, das sie in Bewegung setzte und sich vor dem Lager sammeln lies.
Mein Blick glitt über die Truppen die sich vor mir versammelt hatten. Sie hatten sich bereits in den Einheiten aufgestellt, als welche sie vorrücken und kämpfen werden. Die vierte Gruppe, die das Lager verteidigen würde, stand hinter ihnen. In ihren Gesichtern eine Mischung aus Erleichterung, dass sie nicht mit vorrücken mussten und Mitleid, für ihre Kameraden. In den Gesichtern der anderen Soldaten sah ich Anspannung, Unsicherheit und Furcht.
Hört, ihr Krieger von Kragos! Rief ich und machte eine kurze Pause, bis ich die Aufmerksamkeit Aller hatte. Heute bringen wir den Seelen, die seit über einhundert Jahren rastlos durch die Straßen dieser Stadt wandeln, ihre lang verdiente Ruhe. Vertraut und Helft einander, gemeinsam werden wir siegreich sein! Sagte ich laut mit kräftiger Stimme, zog mein Schwert und drehte mich unserem Ziel zu. Auf nach Velgath! Rief ich und machte den ersten Schritt. Das Horn erklang, mit einem langem Ton, der den Befehl zum Ausrücken. Die Vorhut setzte sich mit mir zusammen in Bewegung, ihnen folgte die Unterstützungseinheit. Ich hielt kurz inne und warf einen Blick über meine Schulter. Celine stand in der zurückbleibenden Einheit. Unsere Blicke trafen sich, ein kurzes zuversichtliches Lächeln huschte über mein Gesicht, bevor ich mich von ihr abwandte und mit entschlossenem Blick gen Velgath schritt.
Auf dem Weg zur Stadt säuberten wir die Höfe vor dem Osttor von Untoten. Wir durchsuchten die hölzernen Hütten und Scheunen. Es waren nicht viele, ein paar zu Zombies gewordene Bauern und niedere Skelette waren alles was wir dort vor fanden. Dennoch streckten wir sie nieder und legten sie, mithilfe des Priesters, zu ihrer letzten Ruhe. Dies war nur ein leichter Vorgeschmack auf das was uns in der Stadt erwarten sollte, aber es reichte aus um die Truppe in fahrt zu bringen.
Danach setzten wir uns wieder in Bewegung zum Osttor. Mit jedem Schritt wurde der Modergeruch schlimmer, aber wir konnten es uns nicht leisten die magische Kraft des Priesters für die Reinigung der Luft zu verschwenden, also mussten wir wohl oder übel damit zurecht kommen. Dann erreichten wir das Osttor. Wir standen vor diesem mächtigen Torhaus und den Ehrfurcht gebietenden, massiven Wällen. Einen Moment lang hielten wir inne und waren von dem Anblick völlig eingenommen. Die Mauern der Hauptstadt, die wir alle nur zu gut kannten, erschienen gegenüber diesen wie lächerliche Palisaden. Dann schritten hinein. Die Vorhut erledigte die einzelnen untoten Soldaten im Torhaus.
Danach betraten wir den Platz der Drei Tore, diese waren die letzte Verteidigung, vor der Stadt, gegen Eindringlinge. Sie waren alle offen, um ein sicheres Vordringen und einen sicheren Rückzug zu haben mussten wir die beiden seitlichen Tore schließen. Damit beschränkten wir die Front auf eine Richtung. Jede Vorhut übernahm eines der Tore, während wir das mittlere bewachten. Die Vorhut schlossen die Tore unter lautem krächzen und knarren, bis sie sich letztlich mit einem donnernden Knall verriegelten. Leider wurden durch diesen Lärm die Untoten auf uns aufmerksam. Die beiden Einheiten der Vorhut mussten sich nun an den kleinen Mauern entlang zu uns durchschlagen. Wir rückten hinter das mittlere Tor vor und warteten auf sie.
Schwarz und grau, von Moos und Ranken überwuchert lagen die Gebäude der Stadt vor uns. Die Untoten auf den Straßen schritten zielstrebig auf uns zu, auch aus den Gebäuden schritten sie langsam hervor. Wandelnde Knochen und Gebeine, vermoderte Zombies, Männer, die einst Väter gewesen waren. Frauen, die in diesen Straßen gelebt hatten. Abenteurer, die hier gearbeitet oder nach Schätzen gesucht hatten. Soldaten, die die Stadt beschützen sollten. Alle samt ehrenvolle Bürger, doch jetzt waren sie nur noch stinkende Hüllen ihrer selbst.
Die Kämpfe begannen, ein Untoter nach dem anderen wurde an der Front erlegt. Die Magier entfesselten ihre Magie, um die Untoten in der Ferne zu verlangsamen. Mit einem Zischen flogen Eis- und Feuerzauber auf die Untoten und schlugen explosionsartig auf sie nieder. Doch die Geräusche des Kampfes lockten noch mehr von ihnen an. Es wurden immer mehr und sie griffen rücksichtslos an. Sie fühlten keinen Schmerz und der einzige Weg sie zu töten war ihnen den Köpf abzuschlagen. Die Vorhut rückte langsam aber sicher, an der Mauer entlang, auf uns zu. Sie waren bereits in Sichtweite. Doch schlimmer noch als ihre Hartnäckigkeit war, dieser ätzende, beißende, widerliche Geruch. Nicht desto trotz hielten wir gut stand. Doch etwas war spürbar falsch.
Ich bemerkte es als ich die Truppen genauer begutachtete um mich ihres Zustandes zu vergewissern. Die Magie der Magier war seltsam unruhig und unbeständig. Die Bewegungen unserer Soldaten und Abenteurer langsamer und träger als zuvor. Aber nicht nur das, selbst die Luft und der Boden selbst fühlten sich krank an.
Ein Untoter brach fast durch die Linie, ihm wurde dennoch im letzten Moment von einer Axt der Schädel gespalten. Ein „Stand halten!“ hallte durch die Truppe. Dann sah ich, wie einer der Magier einknickte. Irgendetwas stimmte hier nicht und ich musste schnell herausfinden was. Dank meinem magischen Gespür fühlte ich es dann, dass die Magie in der Luft und dem Boden dieser Stadt, die magische Kraft der Lebenden angriff. Ich sah sogar erste Reaktionen auf der Haut von Leuten mit sehr geringer magischer Kraft.
Als die Vorhut zu uns aufgeschlossen hatte ergriff ich das Wort. „Rückzug vorbereiten!“ Rief ich, so laut ich konnte. Daraufhin ertönte ein Hörn, mit drei kurzen Tönen teilte es allen mit, einen geordneten Rückzug anzutreten. Zum Glück waren wir nicht zu weit vom Tor vorgerückt, denn die Untoten rückten erbarmungslos vor währen wir langsam zum Tor zurück schritten. Schafft die Verwundeten und Kampfunfähigen zuerst durch das Tor! Die Unterstützungseinheit deckt sie! Die Vorhut folgt uns langsam! Rief ich und meine Stimme donnerte durch die Straßen. In einem langsamen und geordneten Rückzug schafften wir es durch die drei Tore zum Osttor. Je weiter wir kamen desto weniger Untote verfolgten uns. Als wir die Felder erreichten ließen sie von der Verfolgung ab.
Als wir in die Nähe des Lagers kamen wartete die Nachhut bereits und ihr Heiler eilte zu uns. Celine stand in vorderster Reihe. Sie sah mich und wollte loslaufen. Als ich sie sah schüttelte ich kaum merklich den Kopf. Nicht jetzt. Dachte ich mir. Ich übernahm das Kommando aller Einheiten. Heiler kümmert Euch um die Verwundeten und Kampfunfähigen! Alle Magier die noch die Kraft dazu haben errichten eine Barriere! Die Nachhut baut unverzüglich eine Sperrlinie auf! Egal was sich von der Stadt nähern sollte, eliminiert es, bevor es uns zu nahe kommt! Der Rest verteilt Tränke. Wenn ihr damit fertig seid, Ausrüstung reinigen, essen und Ausruhen. Anschließend will ich von den Heilern Statusberichte jeder Einheit. Befahl ich und alle eilten, ihre Aufgaben zu erledigen. Schweren Schrittes kehrte ich in mein Zelt zurück, Celine folgte mir zügig.
Ich stellte mich an den improvisierten Tisch in meinem Zelt, dessen Tischplatte aus mehreren Brettern bestand, die auf zwei Holzböcken genagelt wurden. Ich stützte mich mit meinen Handflächen auf dem Tisch ab, die Karte lag noch vom Vorabend ausgebreitet darauf. Mein Blick war Ziellos auf dieser Karte fixiert. Ich hätte wissen müssen, dass diese seltsame Ansammlung von Magie in der Luft, kein natürliches Phänomen ist. Dachte ich und wurde zunehmen frustriert über meine eigene Dummheit. Celine betrat langsam das Zelt und ließ die Zeltplane hinter sich zufallen. Ihr Blick suchte in dem Zelt nach mir. Verdammt! Schrie ich mich selbst an und haute mit einer Faust auf den Tisch. Das Brett welches ich dabei traf gab sofort nach und brach in zwei.
Celine zuckte vor Schreck kurz zusammen. Sie näherte sich mir vorsichtig. Zymeth... was ist in der Stadt passiert? Fragte sie leise. Ihre Stimme schwankte, nicht aus Angst, sondern vor Wut, die in ihr nagte. Wut darüber nicht an meiner Seite gewesen zu sein. Irgendeine seltsame Art von Magie liegt über der Stadt, welche die magische Kraft alles Lebenden anzugreifen scheint. Presste ich zornig als Antwort hervor. Besorgt trat sie an mich heran und untersuchte meine Arme und meinen Oberkörper. Aber Du... dir geht es gut? Nicht wahr? Fragte sie nervös. Als ich das hörte hob ich meinen Blick und meine Augen wurden weit. Celine hatte recht, ich war so besorgt um die Anderen, dass mir nicht aufgefallen war, dass es auf mich keinerlei Wirkung hatte. Meine Antimagie scheint mich vor diesem seltsamen Zauber zu schützen. Stellte ich fest.
Ich drehte mich zu ihr und packte Sie an den Schultern. Du bist ein Genie! Sagte ich seltsam erleichtert und motiviert zu ihr, bevor ich sie auf ihre Stirn küsste. Bin ich? Fragte sie sich selbst laut. Diese Magie hat auf mich keine Wirkung, deswegen bin ich der Einzige, der die Quelle der Magie unschädlich machen kann. Sobald der Zauber unschädlich gemacht wurde, können wir die Stadt zurückerobern. Sagte ich, lies Celine los und richtete mich entschlossen auf. Celine traf es wie einen Schlag. Ihr wurde klar, dass es bedeuten würde, dass ich ganz alleine in die, von Untoten verseuchte, Stadt gehe. Auf gar keinen Fall gehst Du alleine dort rein! Protestierte sie lautstark und stampfte mit einem Bein vor Wut auf den Boden.