Ehemann und Ehefrau

"Ab diesem Moment seid ihr als Mann und Frau verkündet.

Ihr dürft nun die Braut küssen."

"..." Eine peinliche Stille legte sich über die Kirche, als der Papst diese Worte aussprach, und Hazel, die bis dahin mit gesenktem Haupt dagestanden hatte, hob endlich den Kopf. Sie blickte den Papst mit ihren glänzenden, lebendigen Augen an, woraufhin er hustete.

Zum ersten Mal in seinem Leben empfand er es als unangenehm, eine Ehe zu verkünden, und der letzte Satz war eine einzige Katastrophe!

Er hustete, um sich zu räuspern, und fuhr dann fort,

"Damit ist die Ehe im Angesicht Gottes geschlossen und unser Segen begleitet das neue Paar." Wieder waren Flüstern zu vernehmen und ein bitteres Lächeln zeichnete sich auf Hazels Gesicht ab, die ihren Kopf senkte, um dem Papst ihren Respekt zu bekunden. Er nickte zur Bestätigung und sie schloss die Augen.

Alle warteten nur darauf, sie auszulachen! Sie zu verspotten und die Befriedigung zu spüren, sie zu demütigen.

Aber sie wollte ihnen diese Genugtuung nicht geben. Sie wollte nicht, dass sie ihren elenden Zustand erblickten. Nach der Trauung hält normalerweise der Ehemann die Hand seiner Braut und stellt sie den Gästen vor.

Doch hier stand sie am Tag ihrer eigenen Hochzeit alleine da. Während der Mann bloß sein Schwert als seinen Vertreter entsandt hatte. Ja! Hazel hatte unter voller Verachtung ihrer Familie und ihrer sogenannten Freunde die Ehegelübde mit einem Schwert geleistet.

Trotzdem würde sie ihnen nicht den Triumph gönnen, sie gebrochen zu sehen. Als sie sich den Gästen zuwandte, zeigte sich ein stolzes, selbstsicheres Lächeln auf ihrem Gesicht, das alle überraschte.

Ihre bernsteinfarbenen Augen, meist sanftmütig, funkelten nun wie Sterne und ihre helle Haut strahlte unter den Kronleuchtern. In ihrem weißen Kleid sah sie aus wie eine der schönsten Bräute des Reiches.

"Schau nur, wie arrogant sie alle anschaut, obwohl sie alleine am Altar steht! Könnte jemand erbärmlicher sein als sie?"

"Lasst sie doch! Sie hat ohnehin nur noch wenige Tage zu leben. Warum sollten wir uns um jemanden scheren, der ohnehin sterben wird?"

Nach den sarkastischen Kommentaren ihrer Geschwister erscholl Gelächter und Hohn, und bald lachten alle über das Mädchen, das da allein und erhobenen Hauptes stand, ohne dass der Glanz in ihren Augen nachließ oder ihr Lächeln verblasste.

"Aber ich verstehe es nicht. Warum ist ihr Mann nicht hier? Ich bin extra gekommen, um zu sehen, wen sie heiratet?" fragte die Tochter des Herzogs Phenoralia und das Mädchen neben ihr kicherte,

"Du weißt es nicht? Es war so..."

"Hazel, Seine Majestät kommt, um dich zu treffen. Steh auf und mache dich fertig." Hazel, deren Gesicht hier und da mit Farbe bespritzt war und die immer noch den Pinsel hielt und in das Gemälde vor ihr vertieft war, hob den Blick und sah die Zofe fragend an."Ich bin nicht in der Stimmung, mit Anne zu scherzen, ich bin beschäftigt", antwortete das Mädchen mit einem Stirnrunzeln, während es sich wieder in das Gemälde vertiefte.

Anne schwitzte, sie war schon zu Tode erschrocken, als sie die Nachricht erhielt, doch das Mädchen glaubte, sie mache Witze!

"Madeliane! Nein! Prinzessin... Ich mache keine Scherze! Wir haben soeben eine Nachricht aus dem Hauptpalast erhalten, dass seine Majestät kommt, um Euch einen Besuch abzustatten. Also zieh dich besser um und wasch dir die Farbe aus dem Gesicht.

Willst du bei deinem ersten Treffen mit deinem Vater nicht vorzeigbar aussehen?", fragte das Mädchen mit etwas einschüchternder Stimme, aber Madelie stand einfach nur stumm da.

Der Pinsel fiel ihr mit einem Klirren aus der Hand und hinterließ einen neuen Fleck auf dem weißen Teppich, den Anne stirnrunzelnd betrachtete, aber Hazel bemerkte nicht einmal den finsteren Blick auf ihrem Gesicht.

Sie war in die Worte ihrer Zofe vertieft! Seine Majestät, der Kaiser des Reiches Flamingstan, ihr Vater war gekommen, um ihr einen Besuch abzustatten! Und das auch noch zum ersten Mal, seit sie im Palast lebte.

Es wäre ihr zweites Treffen mit ihrem Vater. Sie konnte nicht glauben, dass es jetzt wirklich passierte! Jetzt, wo sie alle Hoffnungen auf ein Treffen mit ihm verloren hatte.

Aber warum gerade jetzt! Gab es einen Anlass? Hatte sie etwas vergessen? Wie sehr sie auch versuchte, es zu analysieren, es fiel ihr kein triftiger Grund ein.

"Hazel!!! Worauf wartest du denn noch? Willst du deinen Vater mit dem rot-blauen Gesicht treffen? Hm?" Die kalte und scharfe Stimme von Anne und der Ruck an ihren Händen brachten sie wieder zur Vernunft.

"Nein! Ich werde sofort gehen und mich anziehen." Hazel stand auf und lief in Richtung ihres Zimmers.

"Hey, fall nicht hin! Sonst wirst du seine Majestät mit gebrochenen Zähnen oder Gliedmaßen begrüßen!" Anne schüttelte den Kopf über das Mädchen, das über ihr eigenes Kleid stolperte, als sie versuchte, schneller als der Blitz zu rennen.

"Verdammt, ich muss auch noch ein paar Gerichte vorbereiten!", murmelte sie, während sie schneller als Hazel in Richtung Küche rannte.

Als Hazel ihr Zimmer erreichte, atmete sie erleichtert auf. Ihr Zimmer hatte nichts von einer Prinzessin, es war ein einfaches Zimmer mit minimalistischen Möbeln und schlichter Dekoration mit einem kleinen Bett ohne Baldachin und einem kleinen Kleiderschrank. Zwei Stühle und ein kleines Sofa an der Seite mit einem kleinen Couchtisch und rotem Teppich auf dem Boden.

Hazel öffnete den Schrank und wühlte mit einem Stirnrunzeln in all ihren Kleidern herum. Es war mehr als ein Jahr her, dass sie ein neues Kleid gekauft hatte. Sie war sich also nicht sicher, welches Kleid noch vorzeigbar aussehen würde.

Schließlich entschied sie sich nach langem Hinsehen für ein blaues Kleid, in der Hoffnung, dass die dunkle Farbe ausreichen würde, um die kleinen Risse zu verbergen, die das Kleid aufwies.

"Hazel, beeil dich, die Majestät ist schon da!"