Eine gute Chance

"Hazel, beeil dich, die Majestät ist bereits angekommen!" Das Kleid in meinen Händen glitt zu Boden, als ich aufsprang. Wie konnte er nur so früh hier sein?

"Es ist schon in Ordnung, alles wird gut. Lass uns nur dein Gesicht waschen und dich fertig machen." Hazel hatte Mitleid mit Anne, ihrer einzigen Freundin und Vertrauten, die sich ebenfalls in die Vorbereitungen für den heutigen Tag stürzte.

Anne nickte verständnisvoll und lächelte. Sie half Hazel, ihr Gesicht zu waschen und band ihr widerspenstiges Haar zu einem kleinen Dutt zusammen. Dann richtete sie Hazels Kleid her und holte die einzige Halskette hervor, die Hazel besaß - ein Andenken ihrer verstorbenen Mutter. Hazel sah sie mit sehnsüchtigen Augen an, als sie Annes Hand auf ihrer Schulter spürte,

"Du siehst wunderschön aus, Mylady. Deine Mutter wäre stolz auf dich gewesen." Hazel lächelte, sah sich jedoch um, als sie etwas in Annes Gesicht bemerkte.

"Was ist los?" fragte Hazel, sichtlich besorgt.

"Nichts... Ich glaube, ich habe Plätzchen im Ofen gelassen. Ich muss nachsehen, bevor sie verbrennen. Kannst du solange rausgehen und seine Majestät begrüßen?" Hazel musste über Annes besorgten Gesichtsausdruck lachen und nickte.

"In Ordnung, ich werde zu meinem Vater gehen und ihn unterhalten, bis du mit Tee und Snacks zurückkommst." Hazel konnte nicht genau sagen, warum, aber nach dem Gespräch mit Anne fühlte sie sich erleichtert und ihren Schritten leicht.

Mit gesetztem und sicherem Gang schritt Hazel in den kleinen Saal ihres Nebenpalastes.

Im Saal stand ein Mann, der das Gemälde betrachtete, welches sie vor wenigen Minuten vollendet hatte. Es zeigte einen Jahrmarkt, von dem sie in Büchern gelesen hatte. Sie wollte so gerne dorthin, konnte es jedoch nicht, also hatte sie ihn aus ihrer Fantasie gemalt.

"Eure Majestät, es ist mir eine Ehre, Euch in meiner bescheidenen Bleibe willkommen zu heißen." Sie hielt das Kleid in ihren Händen fester, als sie sich vor dem Mann verbeugte, der sie in die Welt gesetzt hatte. Und dabei war es erst das zweite Mal, dass sie ihm begegnete.

Als er ihre Stimme vernahm, drehte der Mann sich mit einem Ruck zu ihr um. Sein goldenes Haar war im Nacken gebunden, und seine blauen Augen wirkten furchteinflößend. Ein goldener Schnurrbart und Bart bedeckten einen Großteil seines Gesichts.

Auch beim Wiedersehen seiner Tochter nach so langer Zeit, zeigte sein kühler Blick keine Wärme. Er schätzte sie ab, als wäre sie ein Vermögenswert.

Als der Mann nicht auf ihre Begrüßung antwortete, kehrte ihre Unsicherheit zurück. Zum Glück hielt sie ihr Kleid fest, so blieben ihre schwitzenden Hände und ihre Angst verborgen.

"Du bist zu einer schönen Frau herangewachsen, Hazel." Endlich konnte sie aufatmen, als sie sein Kompliment hörte.

"Hebe deinen Kopf und nimm Platz, du bist meine Tochter, kein Untertan!", wollte sie sagen, ob er sich erst jetzt daran erinnerte. Doch sie presste ihre Lippen zusammen und nickte zustimmend.Sie wollte keine Szene machen und Anne enttäuschen. Sie ging also langsam auf das Sofa zu und setzte sich darauf, so wie Anne es ihr beigebracht hatte. Ein Stirnrunzeln zeichnete sich auf dem Gesicht ihres Vaters ab, welches er schnell mit einem freundlichen Lächeln überdeckte, doch seine Augen blieben kalt.

"Hazel, ich möchte dir zu deinem bevorstehenden Volljährigkeitstag graturlieren, der nächste Woche ist", ihre Augen flackerten auf und weiteten sich, und ihre Lippen formten einen überraschten Schimmer.

Sie hatte nicht erwartet, dass er sich an sie erinnern würde, denn in den vergangenen achtzehn Jahren war er nie erschienen, um ihr zu ihrem Geburtstag zu gratulieren.

"Ich weiß, dass du einige Beschwerden hast, weil du das Gefühl hast, ich hätte dich vernachlässigt, aber du musst verstehen, dass das Leben eines Königs nie einfach ist. Ich habe viele Verantwortlichkeiten", sie nickte, da sie nicht wollte, dass die Angelegenheit weiter ausgeweitet wurde.

Obwohl sie wusste, dass sie schlecht behandelt wurde, weil sie das Ergebnis eines One-Night-Stands war, an den er sich nicht einmal mehr erinnerte, war sie dennoch dankbar, dass er ihr nach dem Tod ihrer Mutter einen Platz zum Leben gegeben hatte – sonst wäre sie schon lange gestorben oder von einem reichen alten Mann als Sklavin genommen worden.

"Ich verstehe, Vater. Ich entschuldige mich für mein ungebührliches Verhalten und danke dir, dass du mir gratuliert hast. Ich fühle mich geehrt, dass du persönlich gekommen bist, um mir zu gratulieren", das Lächeln auf ihrem Gesicht war echt und erreichte ihre Augen, was auch in seinen Augen ein kurzes Aufblitzen auslöste.

Plötzlich wandte er sein Gesicht zur Seite und sie runzelte die Stirn. Sie drehte sich dorthin, wo er blickte und sah Anne mit dem Servierwagen kommen, seufzte aber dann. Das Mädchen, das sie ermutigt hatte, tapfer zu sein, wirkte ängstlicher als sie selbst.

"Es lebe die Sonne des Imperiums, Majestät." Anne verbeugte sich und gratulierte dem Kaiser, der tief seufzte und nickte.

Anne stand auf, nahm das Geschirr vom Wagen und stellte es vor dem Kaiser auf den Tisch.

"Ich bin nicht nur hier, um dir zu deinem Volljährigkeitstag zu gratulieren. Ich bin auch hier, um dir mitzuteilen, dass ich deine Eheschließung arrangiert habe."

Mit einem lauten "Klirren" fiel der Löffel, den Hazel aufgehoben hatte, um ihm eine Mahlzeit zu servieren, zu Boden, als sie den Mann mit entsetzten Augen ansah.

Sie hatte in vielen Büchern gelesen, dass der Adel seine unehelichen Kinder nur großzieht, um sie eines Tages für seine Vernetzung durch eine Heirat zu nutzen.

Das kam nichts anderem gleich, als sie für ihre eigenen Vorteile zu verkaufen. Ihre Augen wurden eiskalt, als sie den Mann ansah, der ihr mitteilen wollte, dass er endlich entschieden hatte, die Investitionen, die er in ihre Erziehung gesteckt hatte, durch ihren Verkauf zurückzubekommen.

"Du musst ruhig bleiben, Hazel. Vielleicht ist es eine Chance für dich, aus diesen vier Wänden auszubrechen und dein Glück bei einem Mann zu finden, der dich schätzen wird!"

"..."