Ein bisschen weiter öffnen

'"Also," begann Isabelle und betrachtete die teure Innenausstattung des Wagens genauer. Von den Ledersitzen bis zu den getönten Scheiben war dieses Auto sogar noch luxuriöser als das ihres Vaters, und der war immerhin ein Schauspieler der A-Klasse!

"Wem gehört dieses Auto?" fragte Isabelle und wandte sich an Lina, die schon eine Weile ruhig geblieben war.

"Das möchtest du lieber nicht wissen", entgegnete Lina.

Lina seufzte leise und wünschte sich, sie hätte lieber ihren eigenen Chauffeur mitgebracht. Dann würde sie niemandem einen Gefallen schulden müssen. Schon gar nicht Kaden. Denn nun stand sie in der Schuld des Teufels – und das alles nur, weil sie zu stur gewesen war. Sie hoffte, dass sie diese Eigenschaft ändern konnte.

"Aber ich will es wissen", beharrte Isabelle. "Wenn du heimlich einen Sugar Daddy hast, muss ich Bescheid wissen!"

"Isabelle –"

"Und hat er attraktive und junge Freunde? Ich lasse mich nämlich auch gerne verwöhnen", murrte Isabelle.

Lina kicherte. "Verwöhnt dich dein Vater nicht schon genug?"

Isabelle schnaubte. "Eigentlich nicht."

Lina presste die Lippen zusammen und schüttelte amüsiert den Kopf. "Ich habe keinen Sugar Daddy, und wenn doch, wärest du als Erste informiert."

"Wem gehört dann dieses Auto?" fragte Isabelle neugierig, während sie die schwarzen Ledersitze und die polierte Armlehne klopfte. "So ein Auto ist ziemlich teuer, das kann sich nicht jeder leisten."

Lina lehnte sich im Sitz zurück und schenkte Isabelle ein schiefes Lächeln.

"Der Wagen gehört jemandem, der durchaus das Potenzial zum Sugar Daddy hat", gab Lina schließlich zu.

"Das dachte ich mir", schnaubte Isabelle. "Aber wie viele Sugar Babys könnte er sich denn leisten?"

Lina zuckte schwach mit der Schulter. "Ein ganzen Harem davon?"

"Wie bei den alten Kaisern mit hunderten Konkubinen?" fragte Isabelle.

Lina nickte zögernd.

"Unglaublich, du kennst einen Mann, der sich hunderte von Konkubinen leisten kann?!" rief Isabelle aus. Sie errötete jedoch, als der Chauffeur sie im Rückspiegel ansah. Dann erstarrte ihr Herz – burgunderrote Augen. Der Fahrer war ein Vampir.

Isabelle wandte ihren Blick zitternd ab, der Atem stockte ihr im Hals. Sie drehte sich zu Lina um, die das noch nicht bemerkt hatte.

Lina lachte verlegen. Wer würde Isabelle sagen, dass auch Linas Familie sich solche Ausgaben leisten konnte?

"Ach, wie auch immer", stammelte Isabelle, um sich abzulenken. "Hat er einen attraktiven Bruder, an den du mich verkuppeln kannst?" fragte sie, während sie Lina mit einem schamlosen Grinsen stupste. "So einen Mann könnte ich nämlich gut in meinem Leben gebrauchen."

Lina hob eine Augenbraue. "Gibt dir dein Vater nicht ein Taschengeld, das dem Verdienst eines durchschnittlichen Geschäftsmanns entspricht?"

Isabelle schmollte. "Ich hätte aber lieber das Gefühl, das Geld selbst verdient zu haben."

"Stimmt …", sagte Lina und blickte aus dem Fenster.

"Oh, du kannst mich hier rauslassen!" plapperte Isabelle fröhlich, als sie die belebte Hauptstraße sahen. Die Managementfirma, für die ihr Vater arbeitete, war nur einen kurzen Spaziergang entfernt. Und sie wusste, dass er dort gerade probte.

"Hast du Lust, ein paar heiße Schauspieler kennenzulernen?" fragte Isabelle, als der Wagen zum Stehen kam.

Lina bemerkte, wie der Chauffeur sie wieder über den Rückspiegel beobachtete. Als sich ihre Blicke trafen, bot er ihr ein freundliches Lächeln an und sah schnell wieder weg. Dieser Mann war eindeutig ein Spitzel.

Doch was ihr auffiel, waren die roten Augen des Mannes. Ein Vampir. Nachdem er für Kaden arbeitete, musste er mindestens ein Halbblut sein, oder möglicherweise nur ein Viertelblut.

Halbblüter bedeutete, dass ein Elternteil ein Vampir war. Viertelblüter waren Menschen, deren Großeltern Vampire gewesen sein könnten.

"Aber ich bezweifle, dass jemand je an das Niveau von mir, Kaden DeHaven, heranreichen könnte", schnaubte Isabelle.

Lina unterdrückte ein weiteres Lachen. "Oh bitte, du tust gerade so, als wären wir uns sehr vertraut –"

"Ja, ja, klar", unterbrach Isabelle sie und umarmte Lina schnell, bevor sie zurückwich. "Wir sehen uns später."

Isabelle sprang aus dem Auto und Lina kurbelte das Fenster herunter, um zum Abschied zu winken. Lina beobachtete, wie Isabelle aufgeregt und mit einer kindlichen Unschuld den Bürgersteig entlang hüpfte. Sie seufzte leise und lehnte sich gegen das Fenster, weil sie sich wünschte, ihr eigenes Leben wäre so friedlich wie Isabelles.

Genau deshalb verbarg Lina immer ihre Identität. Um auf der Straße nicht belästigt zu werden, um mit Freunden in Einkaufszentren shoppen zu können und um einfach überallhin zu gehen, wo man wollte. Was für ein Leben sie sich wünschte.

"Wohin fahren wir?" fragte Lina den Fahrer, als der Wagen wieder durch die belebte Straße fuhr.

"Zu unserem Bestimmungsort", informierte sie der Chauffeur und trat kräftig aufs Gaspedal. Es war ihm so befohlen worden, falls sie versuchen sollte, das Auto zu verlassen.

"Und was ist unser Bestimmungsort?" wollte Lina wissen.

"Dorthin, wie du es dir vorstellst", antwortete der Fahrer.'"Ich stelle mir vor, wir fahren direkt in die Hölle. Sind wir bald da?" entgegnete Lina scharf.

Dem Chauffeur zuckten die Lippen. Nach und nach verstand er, warum sein Boss ihn ausgeschickt hatte, um zwei Fremde wegzubringen. Er war der persönliche Fahrer von Kaden DeHaven und nahm selten andere Passagiere mit, außer eben den jungen Meister selbst.

"Wir sind gleich da", versicherte ihr der Chauffeur, ein amüsiertes Lächeln unterdrückend.

Lina verengte die Augen. Sie blickte nach hinten und konnte die bekannten Formen der Autos der Leibwächter erkennen, die sie unauffällig begleiteten. Ihr ging es gut.

"In Ordnung", sagte Lina, verschränkte die Arme und lehnte sich zurück in ihren Sitz. "Wenn ich Sie bitte, mich nach Hause zu fahren, werden Sie mich ignorieren."

"Genau so ist es, junge Dame", bestätigte der Fahrer sanft.

Lina schnaubte. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Fenster zu. Das war in Ordnung für sie. Sie hatte noch viele Fragen an Kaden. Im Museum hatte sie nicht genug Zeit gehabt, um mit ihm zu sprechen.

Als Erstes wollte Lina fragen: Warum? Warum ließ Kaden sie mit Everett gehen? Warum schien er den Schmerz zu verstehen, den sie in ihrem Kopf spürte, wenn sie versuchte, sich zu erinnern?

Warum schien Kaden alles zu wissen?

Mit einem kleinen Seufzer beobachtete Lina, wie die Straßen an ihr vorbeizogen. Bald kamen sie wieder am Einkaufszentrum an.

Ihr Rücken versteifte sich. Dort, mit verschränkten Armen, stand der Teufel persönlich - Kaden DeHaven. Sein intensiver Blick fixierte sie sofort. Ohne ein Wort zu sagen, öffnete er die Autotür.

Sofort stellte Lina beide Füße auf den Sitz, um ihn dazu zu zwingen, sich auf den Beifahrersitz zu setzen. Kaden schien nicht im Geringsten irritiert zu sein. Er platzierte einfach eine Hand auf dem Autodach und beugte sich vor, seine dunklen Augen funkelten warnend.

"Bereit, dich auf dem Rücksitz meines Wagens auszubreiten? Nur zu", murmelte Kaden, seine Stimme kaum lauter als ein Flüstern, getränkt mit Verführung und Sünde.

Linus Gesicht wurde feuerrot. "Das hatte ich nicht vor und ich habe mich nicht ausgebreitet –"

"Warum breitest du dich nicht ein bisschen mehr aus, hm?" stichelte Kaden und umschloss mit seinen langen Fingern ihren Knöchel.

Plötzlich zog Kaden sie nach vorne, sie quietschte und lag flach auf dem Sitz.

Linus Augen weiteten sich, ihre Hand flog zu seiner festen Brust. Er war ein Monument aus Muskeln, seine Wärme in Wellen ausstrahlend.

"Wie hättest du es gerne?" neckte Kaden und beugte sich ins Auto, bis ihre Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt waren.

Kaden blickte auf ihre Lippen, weich und voll. Er rieb sich das angespannte Kinn, sein Blick von Verlangen gezeichnet.

Linus Atem stockte im Halse. Ihr Herz flatterte und sie spürte, wie sich Hitze zwischen ihren Beinen sammelte. Sie presste ihre Schenkel zusammen, und seine Augen flackerten bei dieser kleinen Bewegung auf.

Langsam aber sicher formte sich ein Lächeln auf seinen Lippen.

"Bist du feucht für mich, meine liebe Taube?" murmelte Kaden, während seine Lippen über den ihren schwebten. "Wie hättest du es denn gerne? Mit deinen Beinen über meinen Schultern oder du reitend auf mir –"

"Setzen Sie sich schon hin!" fuhr Lina ihn an, schob ihn von sich weg und rutschte wieder auf ihren Platz.

Kaden ließ einen Atemzug entweichen, den sie nur als sein leises Lachen deuten konnte. Bei diesem Geräusch drehte sich ihr Magen angenehm um. Lina starrte aus dem Fenster und wünschte, sie wäre nicht so leicht nachgegeben.

Aber wie konnte sie auch widerstehen, wenn solche Obszönitäten aus seinem Mund kamen? Vor allem, wenn er sie ansah, als wäre sie nackt und nur sie beide würden auf dieser Welt existieren.

"Wenn du mich schon anstacheln willst, dann tu es ordentlich", sinnierte Kaden. Er schlüpfte in den Wagen und schlug die Türen zu.

"Zum Hotel", befahl Kaden.

Linas Kopf schnappte zu ihm herum. "Nein!"

Kaden tat so, als würde er sie nicht hören. Sie drückte ihren zierlichen Körper gegen das Fenster, um so viel Abstand wie möglich zwischen sich zu bringen.

"Ich werde nicht mit Ihnen schlafen", knurrte Lina.

Kaden warf einen trägen Blick zu ihr hinüber. "Bist du dir da sicher?"

Lina presste ihre Knie zusammen und starrte ihn an. Sie wusste, sie hätte nicht in dieses Auto einsteigen sollen. Jetzt war sie im Löwenzahn gefangen, ohne eine Fluchtmöglichkeit.

"Ich werde mich zu Tode schreien", kündigte Lina an.

Kaden zuckte mit den Schultern. "Wäre nicht das erste Mal, dass du laut in meinem Bett schreist."

Lina betrachtete ihn, als ob er wahnsinnig wäre.

"Was?" spottete Kaden, als ob er gerade keine Bombe platzen ließ.

Lina hasste es, welche Wirkung dieser Mann auf sie haben konnte. Ein einfacher Blick in ihre Richtung genügte, um ihren ganzen Körper zum Brummen zu bringen. Sein Blick hätte genauso gut ihre Haut streicheln können.

"Du bist wirklich ein Unsterblicher, oder?" fragte Lina schließlich.