In der Dunkelheit färbte sich plötzlich die Welt.
Ich fand mich in einem warmen Raum wieder, einem Raum, der vertraut aussah, als hätte ich gerade erst einen gesehen. Die Luft war erfüllt vom Duft blühender Blumen, und eine sanfte Brise ließ die Vorhänge rascheln.
Ich lag da, mein Kopf ruhte auf dem Schoß eines jungen Mädchens. Ihre sanfte Berührung linderte meinen schmerzenden Kopf, und ich spürte, wie eine Ruhe über mich kam. Sie streichelte mein Haar, ihre Finger bewegten sich mit einer Zärtlichkeit, die den Schmerz verschwinden ließ.
"Lucavion," flüsterte sie, ihre Stimme sanft und süß. "Du liebst mich, nicht wahr?"
Ich versuchte zu antworten, aber meine Stimme fühlte sich fern an, als gehöre sie jemand anderem. "Ja, ich liebe dich, Isolde."
Sie lächelte ein strahlendes Lächeln, das den ganzen Raum zu erhellen schien. "Du glaubst an mich, nicht wahr?"
"Natürlich, Isolde," hörte ich mich selbst sagen, die Worte fühlten sich sowohl vertraut als auch fremd an. "Ich glaube an dich."
Ihre Augen funkelten mit einer Mischung aus Zuneigung und etwas anderem, etwas, das ich nicht genau einordnen konnte. "Gut," sagte sie leise. "Denn du und ich sind dazu bestimmt, für immer zusammen zu sein."
In diesem Moment stieg ein übelkeitserregendes Gefühl aus meiner Brust auf, ein Gefühl, das ich aus irgendeinem Grund unterdrückte.
"Also, mein Lucavion. Wirst du das für mich trinken?" Sie holte etwas von ihrer Seite hervor. Aus irgendeinem Grund stieg das übelkeitserregende Gefühl immer mehr an, doch als wäre ich von etwas gefesselt, hatte ich meinen Körper überhaupt nicht bewegt.
"Ich würde alles für dich tun." Mit diesen Worten trank ich es in einem Zug aus. In diesem Moment stieg das gleiche Übelkeitsgefühl aus meiner Brust auf.
Und die Welt wurde dunkel.
Die Szene veränderte sich, die Wärme des sonnendurchfluteten Raumes wurde durch eine kalte, bedrückende Dunkelheit ersetzt. Das Gesicht des Mädchens begann zu verschwimmen, ihre Züge wurden undeutlich.
"Isolde?" rief ich, meine Stimme hallte in der Leere wider.
Aber es kam keine Antwort, nur die anhaltende Empfindung ihrer Berührung und der schwache Klang ihres Lachens, der in der Ferne verklang.
Ich wachte erschrocken auf, der Traum noch frisch in meinem Gedächtnis. Die Dunkelheit der Zelle drückte um mich herum, und der kalte Steinboden unter mir fühlte sich hart und unnachgiebig an.
"Lucavion," flüsterte ich zu mir selbst und versuchte, dem Namen und dem Traum einen Sinn zu geben. "Isolde..."
Die Namen.
Sie waren seltsam vertraut und gleichzeitig unbekannt. Als ob ich sie kannte und doch gleichzeitig nicht kannte.
Es war ein so seltsames Gefühl. Ich fühlte mich gefangen, unfähig, irgendetwas zu verstehen, was um mich herum geschah.
Alles, was passiert war, war wie eine Welle, die über mich hereinbrach, über die ich keine Kontrolle hatte. Ich wusste nicht, was geschehen war oder was es bedeutete.
In diesem Moment begann ich, die Stimme eines jungen Mädchens zu hören, das weinte, ihre Schluchzer hallten durch die Dunkelheit.
"Ich habe nichts getan," schluchzte sie. "Ich weiß nicht, was dort passiert ist. Ich weiß nicht, warum ich dort war."
Ihre Schreie waren voller Verzweiflung, jedes Schluchzen zerrte an meinem Herzen. Ich drehte meinen Kopf in Richtung der Geräuschquelle, meine Sinne in der dunklen Zelle geschärft. Der Schmerz in ihrer Stimme war spürbar und resonierte mit der Verwirrung und Angst, die ich fühlte.
"Elara?" rief ich den Namen. Unterbewusst war er bereits in meinem Kopf registriert, höchstwahrscheinlich.
Das Schluchzen hielt einen Moment inne, dann setzte es wieder ein, noch herzzerreißender als zuvor. "Warum will mir niemand glauben? Ich habe nichts getan. Ich schwöre."
–KNARREN!
In diesem Moment war das Geräusch einer sich öffnenden Tür zu hören.
Daraufhin drang Licht in den dunklen Ort, an dem wir uns befanden.
–TAP! TAP! TAP!
Irgendwie konnte ich die Schritte hallen hören. Von meiner Position aus konnte ich den Neuankömmling nicht sehen; von den Geräuschen her klang es wie eine Frau.
"Isolde, Schwester." Elaras Stimme war erfüllt von einer Mischung aus Erleichterung und Angst.
Die Schritte hielten an, und das Licht aus der Türöffnung beleuchtete eine Gestalt. Isolde stand dort, ihr Ausdruck kalt und berechnend, ein starker Kontrast zu dem traurigen Gesicht, das sie zuvor getragen hatte.
"Elara," sagte Isolde, ihre Stimme glatt und ohne jegliche Wärme. "Wie bedauerlich, dich in einem solchen Zustand zu sehen."
"Isolde, bitte," flehte Elara und streckte die Hand nach ihrer Schwester aus. "Du musst mir glauben. Ich habe nichts getan. Ich weiß nicht, wie ich dort gelandet bin."
Isoldes Lippen kräuselten sich zu einem eisigen Lächeln. "Oh, liebe Schwester, ich glaube dir. Ich glaube, dass du nicht wusstest, wie du dort gelandet bist."
Elaras Augen weiteten sich vor Verwirrung und Hoffnung. "Wirklich?"
"Natürlich," antwortete Isolde und trat näher. "Weil ich diejenige war, die alles arrangiert hat."
"….."
In diesem Moment hielt alles an, als ob die Welt selbst stehen geblieben wäre.
Genau wie meine.
'Diese...Diese Zeile…..'
Langsam kamen die Erinnerungen in meinen Sinn.
Alles ergab einen Sinn.
Warum ich es vertraut fand.
Warum ich diese Namen fühlte? Dass dieses Erscheinungsbild etwas war, das ich kannte.
'Zerschmetterte Unschuld.'
Ich war jetzt in diesem Buch.
********
"Weil ich diejenige war, die alles arrangiert hat."
'Was ist das?'
Elara fragte sich.
'Das kann nicht wahr sein…..Nein…..Das kann nicht richtig sein…..Das ist nicht richtig…..'
Sie versuchte, alles zu leugnen. Wie konnte sie das nicht tun?
Schließlich war es ihre liebe Schwester….Diejenige, die sie verwöhnt hatte….
Wie konnte das passieren?
Sie keuchte, ihre Hand fiel an ihre Seite.
"Was? Warum? Warum würdest du mir das antun?"
Isoldes Lächeln wurde breiter, und sie kniete sich hin, um auf Augenhöhe mit ihr zu sein. Das Gesicht, das sie immer gesehen hatte, das Gesicht, das zweifellos die meiste Zeit blass und krank war.
Es enthielt jetzt einen Hauch von Röte und Leben.
Als hätte sie ihr Leben zurückgewonnen.
Der Ausdruck der Erleichterung und der Ausdruck des Schwelgens im Druck.
Es sah seltsam aus. Anders.
"Weil, liebe Schwester, alles, was du hattest, mir gehören sollte. Dein Verlobter, dein Status, deine Zukunft. Du warst immer die Bevorzugte, die Geschätzte. Aber jetzt wird all das mir gehören."
Elaras Herz hämmerte in ihrer Brust, ein ohrenbetäubender Trommelschlag des Verrats und des Unglaubens.
Ihr Verstand raste, verzweifelt bemüht, die Fragmente des zerschmetterten Vertrauens zusammenzusetzen. Die Welt um sie herum schien zu kippen, die vertrauten Wände ihres Zuhauses waren jetzt fremd und feindlich.
Sie trat einen Schritt zurück, ihre Beine zitterten, kaum in der Lage, ihr Gewicht zu tragen. "Isolde, das kannst du nicht ernst meinen. Wir waren immer füreinander da. Ich hätte dir alles gegeben."
Isoldes Augen glänzten mit einer Mischung aus Triumph und etwas Dunklerem, etwas, das Elaras Blut gefrieren ließ. "Aber das hast du nie, Elara. Du hast nie über deine eigene perfekte kleine Welt hinausgesehen. Während du in der Bewunderung aller badest, war ich der Schatten, der Nachgedanke. Nicht mehr. Jetzt ist meine Zeit gekommen."
Elaras Atem stockte, ihre Sicht verschwamm mit ungeweinten Tränen. Sie hatte immer gewusst, dass Isolde neidisch war, aber sie hatte sich nie vorgestellt, dass es so tief, so dunkel ging. "Ich habe dich geliebt, Isolde. Ich hätte alles mit dir geteilt. Warum das?"
Isolde stand auf, ihre Haltung gerade und befehlend, ein starker Kontrast zu dem zerbrechlichen Mädchen, das Elara immer gekannt hatte. "Weil Teilen nie genug war. Ich musste nehmen, was rechtmäßig mir gehörte. Und jetzt habe ich es."
Elaras Gedanken wirbelten mit Erinnerungen, Momenten, in denen sie Isoldes subtile Hinweise auf Groll übersehen und sie als bloße Geschwisterrivalität abgetan hatte.
Eines nach dem anderen begannen diese Dinge, die sie übersehen hatte, ans Licht zu kommen.
Die Zeiten, als sie das Gefühl hatte, dass ein Blick sie durchbohrte, wenn sie Isoldes Zimmer verließ. Die Zeiten, als sie das Gefühl hatte, dass Isoldes Lächeln irgendwie falsch war.
Die Art, wie sie ihren Verlobten ansah…..
Wie blind sie gewesen war. "Du hast mich verraten," flüsterte sie, das Gewicht dieser Worte lastete schwer auf ihrer Brust.
Isoldes Ausdruck wurde leicht weicher, aber da war keine Reue, nur eine kalte Zufriedenheit. "Das habe ich. Und es war so einfach."
Elara starrte ihre Schwester an und kämpfte darum, die Tiefe ihres Verrats zu begreifen. Isoldes Gesicht, jetzt erfüllt von einer verdrehten Form der Freude, war nicht wiederzuerkennen.
"Wie?" schaffte Elara zu fragen, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern.
Isolde seufzte, fast als würde sie sich an eine schöne Erinnerung erinnern. "Von Anfang an, liebe Schwester, liebte Adrian mich. Nicht dich. Wir waren verliebt, lange bevor du überhaupt ins Bild kamst. Aber unsere Familien, mit ihren lächerlichen Versprechen und Bündnissen, entschieden, dass du seine Braut sein solltest. Es spielte keine Rolle, dass er dich nie wollte. Wir waren gefangen, wir beide."
Elaras Verstand taumelte. Adrian war immer distanziert gewesen, aber sie hatte angenommen, es sei einfach seine Art. Die Wahrheit war viel schmerzhafter.
"Und mir wurde Lucavion gegeben," fuhr Isolde fort, ihre Stimme triefte vor Verachtung. "Ein dummer Bauerntölpel, der keine Ahnung hatte, was um ihn herum geschah. Aber er erfüllte seinen Zweck. Ich brauchte einen Weg, um sowohl dich als auch ihn loszuwerden, und die Lösung war einfach. Nutze deine Dummheit und seine Naivität."
Elaras Atem beschleunigte sich, als die Teile begannen, an ihren Platz zu fallen. "Du... du hast ihn benutzt. Und mich."
Isolde nickte, ihr Lächeln ließ nie nach. "In der Tat. Ich spielte meine Rolle perfekt, täuschte Krankheit und Schwäche vor, um dich nahe zu halten, um alle dazu zu bringen, mir zu vertrauen und mich nie zu verdächtigen. Und als die Zeit reif war, setzten wir meinen Plan in Bewegung.
Einen Plan für den Fall der Erbin des Herzogtums.
Wie könnte das Bankett zu deinem fünfzehnten Geburtstag, der Tag, an dem du dein Debüt geben würdest, nicht der beste Zeitpunkt für einen solchen Skandal sein?
Adrian war derjenige, der dich unter Drogen gesetzt hat. Erinnerst du dich, wie er früher als die anderen Gäste kam, nur um dich zu sehen? Und ihr hattet zusammen einen leichten Drink... Hast du wirklich gedacht, er sei nur gekommen, um dich hier zu sehen, wie es von meiner dummen Schwester zu erwarten war..."
Elaras Atem stockte, ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen, als Isoldes Worte einsanken. Sie spielte die Erinnerung an jenen schicksalhaften Abend in ihrem Kopf ab. Adrians früher als erwartet eingetroffene Ankunft, sein warmes Lächeln, das Getränk, das sie teilten – ein Getränk, von dem sie jetzt erkannte, dass es leicht seltsam geschmeckt hatte.
Isolde setzte ihre Worte fort, ohne sich darum zu kümmern, was Elara überhaupt dachte.
"Aber abgesehen davon habe ich Lucavion überhaupt nicht benutzt. Er tat alles aus eigenem Willen.
Im Grunde wusste ich, dass er dich immer begehrt hat. Er wollte immer dich anstatt mich.
Und als ich ihm sagte, dass du lieber mit ihm zusammen sein wolltest als mit Adrian, oder als ich ihm sagte, Adrian würde dich zu einer Beziehung zwingen und du hättest zu viel Angst, um dich zu äußern, ging er sofort auf den Köder ein.
Dieser widerliche Bastard glaubte mir sofort, weil er es wollte, und aus seinen eigenen Begierden heraus kam er in dieses Zimmer und dachte, du würdest einen dummen Bauerntölpel wie ihn gewählt haben."
Als Elara davon hörte, konnte sie ihren Ohren nicht trauen.
'Dieser Lucavion...Nein….'
Zu denken, dass er so etwas tun würde.
Ein untadeliges Gefühl begann in ihrem Herzen aufzusteigen.
Ein Gefühl, das sie nicht in ihr Herz legen konnte.
"Nun sind wir hier…..
Ich bin da, wo ich sein sollte….
Und du bist da, wo du immer sein solltest."
Elara spürte einen Anflug von Wut, gemischt mit überwältigender Traurigkeit.
Ihre Hände ballten sich an ihren Seiten zu Fäusten. "Du hast alles orchestriert. Jeden Moment, jedes Detail..."
Isoldes Lächeln schwankte nie. "Ja, liebe Schwester. Jeder Moment war akribisch geplant. Adrian und ich hatten alles durchdacht."
Sie hielt inne und sah Elara in die Augen.
"Und, Schwester….Du hättest dabei sein müssen, um in die Augen des Vaters zu schauen….In dem Moment, als er erkannte, dass die reine Tochter, von der er dachte, er hätte sie erzogen, tatsächlich eine Hure war, die eine solche Untreue begehen würde…."
Elaras Atem stockte in ihrer Kehle, die grausamen Worte durchschnitten sie wie ein Messer. Das Bild des erschütterten Gesichtsausdrucks ihres Vaters blitzte in ihrem Geist auf, der Unglaube und die Enttäuschung in seinen Augen. Sie hatte diesen Moment erlebt und das erdrückende Gewicht seines Urteils gespürt.
"Wie konntest du ihm das antun? Mir? Unserer Familie?" Elaras Stimme zitterte vor einer Mischung aus Wut und Herzschmerz.
Isoldes Blick blieb kalt, gefühllos. "Weil es das war, was er verdient hat. Vater sah dich immer als die perfekte Tochter, die rechtmäßige Erbin. Ich war nichts als eine Last, ein kränklicher Schatten in deinem Licht. Aber jetzt, da du in Ungnade gefallen bist, ist der Weg frei für mich, um das zu nehmen, was von Anfang an mir gehören sollte.
Ja, Schwester, das stimmt.
Von nun an bist du nichts.
Und du wirst immer so bleiben.
Was auch immer du hast, es wird alles mir gehören."