Die Arena von Khar-Narûn
„Wo Blut fließt, jubelt das Volk – und schweigt das Gewissen."
Die Arena von Khar-Narûn ist nicht nur eine Stätte des Kampfes – sie ist ein Monument imperialer Macht, eine lebendige Erinnerung daran, was geschieht, wenn man sich dem Willen des Phönix widersetzt.
Mit einer Kapazität von über 80.000 Zuschauern ist sie eine der größten Arenen des gesamten Kontinents Tagan – ein Koloss aus schwarzem Stein, Feueraltären und blutgetränktem Sand.
Erbaut auf uralten Fundamenten, wo einst ein Tempel des Feuers stand, erhebt sich die Arena wie ein offener Schlund mitten in der Kaiserstadt Namar'Ishtar. Ihre Mauern sind von Flammenreliefs und grausamen Siegesdarstellungen geschmückt. Jeder Stein atmet Geschichte – und jedes Echo trägt den Schrei eines Gefallenen.
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Besondere Merkmale:
Die Grube:
Der eigentliche Kampfplatz liegt tief unter dem Zuschauerniveau. Fallgruben, rotglühende Tore und mechanische Vorrichtungen sorgen für tödliche Überraschungen.
Die Hallen der Ketten:
Unterirdische Kerker, Trainingsplätze und Schlafzellen – düster, kalt und durchdrungen von Schweiß, Blut und Hoffnungslosigkeit. Hier lebte Spartan, bevor er zur Legende wurde.
Der Obsidian-Thron:
Auf der höchsten Tribüne thront der Imperator oder sein Vertreter – umgeben von Gold, Feuer und Schatten. Ein einzelner Blick von dort kann über Leben und Tod entscheiden.
Das Feuerbecken:
Nach jedem Kampf brennen die Überreste der Gefallenen in einem rituellen Feuer, das nie erlöschen darf – das „Ewige Urteil", wie die Priester es nennen.
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Ruf & Bedeutung:
In ganz Jagandun gefürchtet und zugleich gefeiert.
Wer hier kämpft, tut es nicht für Ruhm – sondern um dem Tod ein letztes Mal zu trotzen.
Für viele ist Khar-Narûn das Ende.
Für Spartan war es der Anfang.
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Khar-Narûn. Die Grube.
Dreißig Schritte unter dem jubelnden Mob. Heiße Luft. Eisen. Sand. Und Blut, das nie ganz verschwindet.
Die Tore öffneten sich mit einem Knirschen, das durch Mark und Bein ging. Die Zuschauer tobten. „Tier! Tier! Tier!" hallte es durch die gewaltige Arena.
Er trat hinaus – barfuß, schmutzig, die Ketten noch an seinen Handgelenken. Die Sonne stand über ihm wie ein Auge aus Feuer. Sein Blick war starr. Kein Zittern, kein Zögern. Nur Stille in seinem Inneren.
Spartan.
Noch kannte niemand seinen Namen. Für sie war er nur Nummer 47, frisch von den Minen, niemand. Aber er hatte diesen Blick. Und die Narben. Die, die schon lange hier waren, sahen es sofort: Das ist keiner, der nur überleben will.
Der Gegner: Varkas der Brecher – ein Veteran der Grube, über zwei Meter groß, mit einem zweischneidigen Beil und einer Rüstung aus gehärtetem Leder. Die Menge liebte ihn. Er hatte mehr Männer enthauptet als einige Legionäre.
Der Gong ertönte.
Varkas schrie auf und stürmte – schwer, laut, wie ein wildes Tier. Spartan bewegte sich nicht. Erst als der Schatten des Beils ihn berührte, wich er zur Seite aus – fast mühelos. Der Sand wirbelte auf. Das Publikum hielt kurz den Atem an.
Dann geschah es:
Spartan packte Varkas' Arm, drehte sich, ließ das Gewicht gegen ihn arbeiten – ein Ruck, ein Krachen. Das Beil fiel. Der Brecher brüllte.
Spartan hob die Waffe nicht auf. Er trat näher.
Ein Schlag. Zwei. Dann der dritte – mit bloßen Fäusten. Varkas fiel, röchelte, Blut zwischen den Zähnen.
Stille.
Kein Jubel. Kein Befehl. Nur das Geräusch seiner Atmung.
Der Blick Spartans ging nach oben – hin zum Obsidian-Thron.
Der Imperator war heute nicht da. Nur ein Statthalter.
Der hob die Hand. Der Daumen senkte sich langsam.
Spartan blickte Varkas an. Und ging.
Er ließ ihn leben.
Das Publikum schrie – wütend, verwirrt. Doch etwas hatte sich verändert. In diesem Moment, mitten im Sand, wurde ein Mythos geboren. Kein Kämpfer. Kein Held. Etwas anderes.
Ein Funke.
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Khar-Narûn – Zwei Wochen später
Die Sonne stand tiefer heute. Der Sand war dunkler. Und der Mann, der den Sand betrat, war nicht mehr derselbe.
Spartan.
Kein Beiname. Noch nicht. Aber die Arena kannte ihn. Und sie wartete. Nicht mehr spottend – sondern gespannt.
Er trug keine Rüstung. Nur Stoff um die Hüfte, an den Armen Lederstreifen. In seinen Händen: eine einfache Lanze. Unausgewogen. Billig. Absichtlich.
Seine Gegner: Drei.
Ein Trio von gefesselten Kriegsgefangenen aus dem Jagund-Königreich. Jeder einzelne ein Kämpfer. Gemeinsam ein Todesspruch. Es war eine Hinrichtung, als Spektakel inszeniert.
Der Gong.
Die Männer kamen auf ihn zu – nicht wie Tiere, sondern wie Soldaten. Spartan wusste es. Ihre Bewegungen waren diszipliniert, ihr Blick klar. Keine Wut, kein Hass. Nur Überleben.
Der erste Angriff kam von links – ein kurzer Speerstoß, der Spartan knapp verfehlte. Der zweite Mann setzte sofort nach, mit einer gezielten Drehung in den Rücken. Spartan duckte sich, drehte sich mit, schlug zu – die Lanze splitterte. Ein Stück Holz blieb in seiner Hand. Genug.
Er rammte es dem dritten Kämpfer in die Kehle, bevor der sein Schwert heben konnte. Ein gurgelnder Schrei. Blut auf dem Sand.
Die anderen zögerten. Spartan sah es. Und...
Er trat zurück.
„Geht.", sagte er leise. Kein Befehl. Kein Flehen. Eine Einladung.
Die Menge tobte – „TÖTE SIE!" – aber Spartan rührte sich nicht.
Die beiden Krieger blickten einander an. Sie zogen sich zurück – langsam, rückwärts, die Waffen fallen lassend.
Zum ersten Mal in der Geschichte von Khar-Narûn verließen Kämpfer lebendig die Grube, obwohl sie verloren hatten.
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Oben auf der Tribüne:
Der Statthalter war blass.
Ein Flüstern ging durch die Reihen der Adligen.
Spartan stand allein im Sand. Er hatte gesiegt – nicht nur mit Kraft, sondern mit Willen.
Und wieder verbeugte er sich nicht.
Nicht vor dem Thron. Nicht vor der Menge.
Nur vor den Männern, die er verschont hatte.
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Das Volk nannte ihn danach „Der Stumme Sieger",
die Sklaven jedoch:
„Spartan – der Befreier, der noch in Ketten lebt."
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Ort:
Die Hallen der Ketten, tief unter Khar-Narûn. Der Stein ist kalt, die Luft stickig. Die Wände erzählen von hundert Leben, die nie gezählt wurden.
Spartan sitzt allein in seiner Zelle, Hände auf den Knien, den Blick gesenkt. Blut ist noch an seinen Knöcheln. Der zweite Kampf war gestern. Die Narben sind frisch – doch der Blick ist klarer denn je.
Schritte. Zwei Wachen. Ein Mann in dunklem Purpurmantel, Gold an den Fingern, Parfum über dem Blutgeruch.
Adliger:
„So, das ist also der Mann, der nicht tötet. Der Gladiator, der denkt, er sei mehr."
Spartan sagt nichts.
Adliger:
„Ich habe deinen letzten Kampf gesehen. Beeindruckend. Nicht wegen der Technik. Sondern wegen der... Wirkung. Die Leute reden über dich. Manche flüstern sogar."
Er tritt näher an die Gitter. Seine Stimme wird leiser.
Adliger:
„Ich habe Einfluss. Ich könnte dich kaufen. Raus aus dieser Grube. Raus aus diesem Loch. Ich gebe dir ein Haus. Ein Name. Frauen, Ruhm. Du musst nur eins tun: Kämpfen. Für mich."
Pause. Spartan hebt langsam den Blick. Nicht feindlich. Nur... prüfend.
Spartan:
„Und gegen wen?"
Der Adlige lächelt.
Adliger:
„Gegen die, die ich dir sage. Du brauchst nicht zu fragen. Nur zu siegen."
Spartan steht langsam auf. Die Ketten rasseln. Er tritt bis ans Gitter.
Spartan:
„Ihr wollt mich nicht kaufen. Ihr wollt mich besitzen. Wie ein Schwert. Eine Waffe."
Adliger:
„Was sonst ist ein Mann wie du?"
Spartan lehnt sich gegen die Gitterstäbe. Seine Stimme ist ruhig – wie kalter Stahl.
Spartan:
„Ein Schwert kann brechen.
Ein Mann kann brennen."
Der Adlige zögert. Das Lächeln schwindet. Zum ersten Mal wirkt er... unsicher.
Er dreht sich um, gibt ein Zeichen. Die Wachen folgen ihm. Die Schritte verhallen.
Spartan bleibt allein zurück. Doch in seinem Blick liegt nun etwas Neues. Kein Trotz.
Entschlossenheit.