der dritte Kampf von Spartan

Khar-Narûn – Die Arena der Götterlosen

Tag des Feuers, im fünften Zyklus der Hitzewinde

Der Morgen war bleiern. Keine Lieder, kein Rauch von Straßenküchen. Nur Stille. Selbst die Diener flüsterten. Es lag etwas in der Luft. Etwas, das selbst die Mauersteine der Stadt zu spüren schienen.

In der Tiefe der Arena – dort, wo das Licht kaum noch die Wände berührte – saß Spartan. Der Sand an seinen Füßen war getränkt von altem Blut. Er hatte nicht geschlafen. Nicht geträumt. Nur gewartet.

Heute war der dritte Kampf.

Die Wachen kamen ohne Worte. Sie wussten, dass Worte nichts bedeuteten, wenn man mit ihm ging. Spartan erhob sich ohne Zögern. Die Ketten an seinen Handgelenken waren dünner als beim ersten Mal. Als ob sie selbst verstanden hätten, dass sie ihn nicht mehr halten konnten.

Er wurde durch den dunklen Gang geführt, vorbei an anderen Kämpfern, die ihre Köpfe senkten, wenn er vorbeiging. Nicht aus Furcht. Aus Respekt.

Die Tore standen offen.

Die Sonne war ein gleißendes Urteil.

Als Spartan hinaus trat, tobte die Menge nicht wie zuvor. Kein Grölen, kein tierisches Brüllen. Sie flüsterten. Beobachteten. Suchten nach dem Moment, der das Blut bringen würde. Oder das Wunder.

Auf der gegenüberliegenden Seite der Arena öffneten sich drei Tore gleichzeitig.

Drei Männer traten hervor. Keine Gladiatoren. Keine Sklaven.

Legionäre.

Gekleidet in dunkler Stahlrüstung, ihre Helme goldverziert, das Emblem des Phönix auf der Brust. Keine Show. Kein Spektakel. Es war eine Exekution – getarnt als Kampf.

Die Menge verstand es nicht. Noch nicht. Aber Spartan wusste: Das hier war eine Botschaft.

„Niemand erhebt sich."

„Niemand wird zum Symbol."

„Nicht in unserer Arena."

Der Gong schlug.

Der erste Legionär kam schnell. Zu schnell. Spartan wich aus, drehte sich, spürte die Schneide einer Klinge an seinem Oberarm – ein Schnitt, nicht tief, aber heiß. Schmerz war nichts Neues. Er spürte ihn. Akzeptierte ihn. Und ließ ihn los.

Er rammte seinen Ellenbogen gegen den Brustpanzer des Angreifers – spürte, wie die Luft aus dessen Lunge wich. Der zweite kam von der Seite. Spartan tauchte ab, griff den Arm, zog ihn mit einer unnatürlichen Bewegung herum, hörte das Knacken eines Ellenbogens, das Aufheulen.

Die Menge wurde unruhig.

Der dritte war klüger. Er wartete, analysierte. Spartan nahm die Waffe des Gestürzten auf – ein einfacher Speer. Kein Arena-Spielzeug. Echter Stahl.

Er hielt ihn tief. Nicht wie ein Showkämpfer. Wie ein Soldat.

Der dritte Legionär zog sein Schwert. Langsam. Mit der Geste eines Mannes, der weiß, dass der nächste Schlag Geschichte schreiben wird.

Sie umkreisten sich.

Kein Wort.

Kein Flüstern.

Nur zwei Männer, zwei Leben, zwei Wege, die sich schneiden würden.

Dann – ein Schrei. Nicht vom Kämpfer. Von oben.

"SPARTAN!"

Ein anderer Sklave hatte sich von der Tribüne losgerissen, stürmte durch das Sandfeld, wurde von Wachen zurückgerissen. Blut spritzte.

Ein Fehler.

Der Legionär schlug zu. Spartan parierte, Klinge gegen Speerschaft. Funken. Ein Schlag gegen die Schulter. Spartan taumelte zurück.

Er atmete schwer.

Er erinnerte sich. An Ketten. An das Gespräch mit dem Adligen. An den Satz: „Du bist nur ein Schwert."

Er griff fester zu.

Und dann stürmte er los.

Der Speer raste wie ein Pfeil – durchbohrte die Schulter des Legionärs, nagelte ihn an den Boden. Spartan riss ihn zu Boden, entriss ihm das Schwert, und richtete es gegen die Kehle seines Feindes.

Stille.

Der Legionär blickte ihm in die Augen. Keinen Hass. Kein Flehen.

Nur das Wissen, dass der Kampf vorbei war.

Spartan senkte das Schwert.

Nicht aus Gnade. Aus Entscheidung.

Er tötete nicht für sie.

Die Menge tobte. Der Obsidian-Thron erhob sich. Der Statthalter stand, winkte. Ein Befehl. Die Wachen stürmten los.

Zehn. Zwanzig. Dreißig.

Spartan stand allein im Sand. Dann...

Ein Ruf.

Von irgendwoher. Ein Sklave. Ein anderer Kämpfer. Ein Wachmann, der zögerte.

„FÜR SPARTAN!"

Dann der nächste.

„FÜR DIE FREIHEIT!"

Die ersten Zuschauer flohen. Andere blieben. Fassungslos. Die Arena bebte – nicht von Schreien, sondern vom Beben einer Wahrheit, die nicht mehr zu leugnen war.

Die Rebellion hatte begonnen.

Spartan warf das Schwert in den Sand. Nicht als Zeichen der Kapitulation – sondern als Wahl.

Er hatte gekämpft. Und gesiegt.

Nicht nur gegen Männer.

Gegen das System.

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Als die Nacht über Khar-Narûn fiel, brannte das erste Wachlager.

Und der Name Spartan war nicht länger nur ein Flüstern.

Er war ein Ruf.

Ein Banner.

Ein Krieg.

Die Logenplätze von Khar-Narûn – Obere Tribüne, hinter dem Obsidian-Thron

Lord Maeron Vhassil von Tel-Karath war ein Mann, der nie schwitzte. Nicht im Kriegsrat, nicht im Wüstenwind, nicht einmal, wenn er log. Heute jedoch – heute war sein Nacken feucht.

Er saß im goldverzierten Marmorsitz, ein Kelch importierten Blutsafters in der Hand, das Gesicht halb verborgen hinter einem dunklen Seidenvorhang. Er wollte nicht erkannt werden – noch nicht.

Nicht, bevor seine Investition sich bezahlt machte.

Spartan.

„Der Mann ist wild", hatte er gesagt. „Aber mit der richtigen Führung kann er zu einer Waffe werden."

Eine Waffe für ihn. Für seine Familie. Für die Zukunft.

Maeron nippte langsam am Kelch, als Spartan in die Arena trat.

Kein Theater. Kein Zögern. Nur dieser Blick.

Der gleiche Blick wie damals, als er ihm das Angebot gemacht hatte. Der Blick, der ihm sagte: Ich bin kein Werkzeug.

Und das war das Problem.

Drei Legionäre. Viel zu viel für einen Sklavenkampf. Warum hatte man das genehmigt? Maeron runzelte die Stirn. Es war ein Exempel. Aber auf wessen Befehl?

Der Gong erklang.

Der erste Angriff. Der Blutgeruch stieg. Und Maeron lehnte sich zurück – bereit, die Schande zu ertragen, dass sein „Besitz" auf dem Sand starb. Vielleicht war es besser so. Ein Symbol war gefährlich.

Doch dann...

kam alles anders.

Spartan bewegte sich wie ein Sturm. Kein Zögern. Keine Angst. Nur klare, zielgerichtete Gewalt. Die Legionäre fielen – nicht wie Tiere, sondern wie Soldaten, die wussten, dass sie unterlegen waren.

Das Publikum verstummte.

Maeron beugte sich vor.

Und dann sah er es.

Nicht den Kampf. Nicht den Sieg.

Den Moment der Weigerung.

Spartan, der das Schwert nicht nutzte.

Spartan, der nicht tötete – obwohl es erwartet wurde.

„Götter.", flüsterte Maeron.

Er wusste es. Noch bevor der erste Sklave rief.

Noch bevor die Wachen strömten.

Noch bevor der erste Fackelwurf das Wachhaus entzündete.

Das hier war keine Vorführung. Es war der Anfang vom Ende.

„Ruft die Garde!", schrie ein anderer Adliger neben ihm.

Maeron stand ruckartig auf, sein Kelch fiel, spritzte dunklen Saft über seine Robe. Er hörte die Schreie von der anderen Tribünenseite, sah wie Wachen von plötzlich entfesselten Gladiatoren überwältigt wurden.

Ein Soldat stürmte zu ihm. „Mein Lord! Wir müssen—"

„Zur Kutsche. Jetzt!", keuchte Maeron, das Gesicht bleich.

Er sah zurück, ein letzter Blick auf den Sand.

Spartan stand noch da – inmitten des Chaos. Unberührt. Wie ein Monument aus Fleisch und Wille.

Maeron wusste in diesem Moment:

Das Imperium hatte gerade einen Krieg verloren –

und er hatte ihn noch nicht mal verstanden.

Er floh mit den anderen. In goldverzierten Kutschen, durch enge Gänge, umgeben von Schreien, Rauch und einstürzenden Tribünen. Der Boden unter ihren Füßen bebte, nicht vom Feuer.

Vom Namen.

Spartan.