Amelie Conley wurde seit dem Tag, an dem sie sich mit sechzehn nicht in ihren Wolf verwandeln konnte, als der Fluch der Conley Familie bezeichnet.
Von diesem Moment an wurde sie zum Ziel unerbittlichen Mobbings in ihrem Rudel.
Aber am meisten schmerzte nicht der Spott oder die Verhöhnung - es war die Art und Weise, wie ihre eigenen Eltern sie nie wirklich als ihre Tochter sahen. Während ihre jüngere Schwester Flora der Stolz der Familie war, war Amelie nichts weiter als eine Schande.
Doch nichts davon spielte eine Rolle seit dem Tag, an dem sie mit achtzehn ihren Gefährten fand.
In den letzten vier Jahren war Alex Morgan ihr Anker gewesen, ihr Trost in einer Welt, die sie nie wollte. In diesem Moment war sie auf dem Weg zu seinem Haus - nicht nur um ihren Jahrestag zu feiern, sondern auch um die wertvollste Nachricht von allen zu teilen. Sie trug sein Kind.
An diesem Morgen, als sie sprachen, hatte Alex ihr gesagt, er würde sie am Abend sehen, aber sie wollte ihn überraschen. Die Freude in ihrem Herzen verdoppelte sich, als sie erfuhr, dass sie schwanger war, und sie konnte es kaum erwarten, seine Reaktion zu sehen.
Mit Aufregung in der Brust betrat sie sein Haus und stieg die Treppen zu seinem Zimmer hinauf. Als sie jedoch den Eingang erreichte, verschwand ihr Lächeln.
Ein Paar rote High Heels lag neben der Tür.
Unbehagen machte sich in ihrer Brust breit, ein unheilvolles Gewicht lastete auf ihr, als sie weiter nach innen ging. Dann hörte sie es - leises, atemloses Stöhnen aus seinem Schlafzimmer.
Ihr Magen verkrampfte sich vor Angst, als sie sich der leicht geöffneten Tür näherte. Mit zitternden Händen stieß sie sie auf.
Und in diesem Moment zerbrach ihre ganze Welt.
"Härter, Alex! Mach's härter!" keuchte Floras vertraute Stimme.
Amelie stockte der Atem, als sie den Anblick vor sich aufnahm - Alex, ihr Gefährte, im Bett verschlungen mit niemand anderem als ihrer jüngeren Schwester.
"Du fühlst dich so gut an", stöhnte Alex, seine Hände umklammerten Floras Taille, während er sich gegen sie bewegte.
Flora stieß ein zufriedenes Stöhnen aus. "Sag mir, lässt Amelie dich das auch so fühlen?" fragte sie atemlos.
"Nicht mal ansatzweise", antwortete Alex ohne zu zögern. "Sie weiß nicht einmal, was Vergnügen ist."
Ein grausames Lachen entfuhr Floras Lippen, während sie mit ihren Nägeln über seinen Rücken fuhr. "Warum bist du dann noch mit ihr zusammen? Du wirst bald der nächste Alpha sein - du brauchst eine starke Wölfin an deiner Seite."
In diesem Moment hallte ein lautes Poltern durch den Raum.
Sowohl Alex als auch Floras Köpfe schnellten zur Tür. Amelie stand dort, ihr Gesicht bleich, ihre Augen mit Tränen gefüllt. Die Kuchenschachtel, die sie getragen hatte, war ihren Händen entglitten, ihr Inhalt nun über den Boden verschmiert.
Alex löste sich sofort von Flora, sein Gesichtsausdruck verdüsterte sich. Flora hingegen blieb unbeeindruckt, während sie träge ihre Kleidung richtete, ein Grinsen umspielte ihre Lippen.
Eine schmerzhafte Stille dehnte sich zwischen ihnen aus, und dann fand Amelie endlich ihre Stimme.
"Warum?" flüsterte sie, ihre Stimme zitterte, bevor sie sich zu einem wütenden Schrei erhob. "Warum habt ihr das getan?"
Ihre Hände zitterten, als sie den nächstbesten Gegenstand - eine Vase - ergriff und nach Alex warf. Er wich mühelos aus, seine goldenen Augen blitzten vor Ärger.
"Was zum Teufel ist los mit dir?" brüllte er.
Amelie wandte ihren zornigen Blick Flora zu, ihre Hände zu Fäusten geballt. "Hast du nicht einmal einen Funken Scham empfunden, mir das anzutun?"
Flora grinste nur und stellte sich neben Alex.
"Wage es nicht, so mit meiner Gefährtin zu sprechen", schnappte Alex.
Amelie zuckte zurück, als hätte man sie geschlagen. Seine Gefährtin? Hatte sie richtig gehört?
Ein bitteres Lachen blubberte in ihrer Kehle, als sie eine zitternde Hand auf ihre Brust presste. "Deine Gefährtin? Ich bin deine Gefährtin, Alex! Du hast mich markiert!"
Aber Alex starrte sie nur an, sein Schweigen bestätigte das Schlimmste.
Alles, woran sie geglaubt hatte, alles, was sie geliebt hatte, war eine Lüge gewesen.
"Alex, wir sollten nächsten Monat heiraten. Du hast mir sogar einen Antrag gemacht." Sie hielt den Ring hoch, ihre Stimme brach diesmal. "Tu mir das nicht an", flehte sie, verzweifelt darum bemüht, sich an die letzten Reste ihrer Verbindung zu klammern.
"Hör auf damit, Amelie", höhnte Flora, ihre Lippen kräuselten sich zu einem Grinsen. "Alex hat dich nie geliebt. Tatsächlich hat dich nie jemand geliebt. Du bist ein wolfloser Omega - eine Schande für alle, unerwünscht und ungeliebt von allen."
Amelie stockte der Atem bei den grausamen Worten, ihre Last zerdrückte ihren Geist.
"Alex wird morgen zum Alpha des Red River Rudels ernannt. Glaubst du wirklich, er würde dich als seine Gefährtin wählen? Er braucht jemand Mächtiges an seiner Seite." Flora warf stolz ihr Haar zurück, ihre Augen glänzten triumphierend. "Und das bin ich. Ich bin Alex' auserwählte Gefährtin."
Amelies Finger zitterten, als Wut durch sie hindurchströmte. Ohne nachzudenken, hob sie ihre Hand, bereit, Flora für ihre Grausamkeit ins Gesicht zu schlagen. Aber bevor sie konnte, fing ein starker Griff ihr Handgelenk in der Luft ab.
Mit einem kräftigen Stoß schleuderte Alex sie zu Boden.
Ein scharfer Schmerz durchzuckte ihren Körper, als sie hart auf der kalten Oberfläche aufschlug. Bevor sie sich erholen konnte, packte er eine Handvoll ihrer Haare und riss sie hoch, zwang einen schmerzerfüllten Schrei über ihre Lippen.
"Wie wagst du es, du Dreck, Hand an Flora zu legen?" knurrte er, sein Griff verstärkte sich in ihrem Haar. Seine Augen brannten vor Wut, aber es gab keine Spur von Schuld - nur Abscheu.
Ihre Brust hob und senkte sich, ihre Sicht verschwamm von ungeweinten Tränen. Wie konnte es nur so weit kommen?
"Sie hat Recht." Seine Stimme war wie ein Todesurteil. "Flora ist meine auserwählte Gefährtin. Sie wird meine Luna sein."
Amelies Herz zerbrach bei seinen Worten. Sie hatte die Wahrheit bereits gekannt, aber sie laut ausgesprochen zu hören, sandte brennenden Schmerz durch ihre Seele.
Flora strahlte bei Alex' Erklärung, ihr Lächeln wurde breiter. Dann sprach sie die Worte aus, die Amelie am meisten fürchtete.
"Verstoße sie, Alex."
Ein Schauer lief Amelie den Rücken hinunter. Ihr Atem kam in kurzen, ungleichmäßigen Stößen, Panik stieg wie ein Sturm in ihr auf.
"Nein", flüsterte sie, den Kopf schüttelnd. "Bitte nicht-"
Aber es war zu spät.
Alex' Griff lockerte sich, als er sich aufrichtete.
"Ich, Alex Morgan, der nächste Alpha des Red River Rudels, verstoße dich, Amelie Conley, als meine Gefährtin."
Tränen liefen ihre Wangen hinab, während ihre Lippen zitterten. Mit schwerem Herzen zwang sie die Worte über ihre Kehle und besiegelte ihr Schicksal.
"Ich... Amelie Conley... akzeptiere deinen Verstoß, Alex Morgan."
In dem Moment, als die Worte ihre Lippen verließen, durchfuhr ein brennender Schmerz ihren Körper.
Sie schrie auf, als das Mal an ihrem Hals verschwand, und umklammerte ihre Brust, während Qualen durch jeden Nerv jagten. Für einen Wolf war Verstoßung eine Nahtod-Erfahrung. Aber für Amelie - die bereits wolflos und gebrochen war - fühlte es sich an, als würde ihre Seele selbst zerrissen werden.
Während sie zitternd auf dem kalten Boden lag, verraten und weggeworfen von dem, dem sie ihr Herz geschenkt hatte, sah sie, wie sie über ihr Elend lachten.
"Du gehörst nicht hierher, Amelie", spuckte Alex aus, seine Stimme voller Abscheu. "Vergiss nicht, du bist ein Fluch - nicht nur für die Conley Familie, sondern auch für das Red River Rudel. Hast du wirklich gedacht, eine Schwächling wie du könnte jemals neben mir stehen? Niemals. Also verschwinde einfach aus meinen Augen und verlass dieses Rudel."
Seine brutalen Worte durchbohrten sie wie ein Dolch ihr Herz, aber diese Worte öffneten auch ihre Augen.
Dieses Rudel hatte sie nie akzeptiert. Ihre eigene Familie verabscheute sie und der Mann, von dem sie dachte, er wäre ihr Gefährte, hatte sie verraten, verstoßen.
Es war Zeit zu gehen.
Für ihr Baby brauchte sie einen besseren Ort - irgendwo voller Liebe und Respekt.
Mit der letzten Kraft, die ihr geblieben war, zwang sich Amelie auf die Füße. Sie wischte die Tränen von ihren Wangen, drehte sich auf dem Absatz um und ging ohne ein weiteres Wort, entschlossen, so weit wie möglich von dem Ort wegzukommen, der nie ihr Zuhause gewesen war.
Als sie aus dem Herrenhaus trat, hörte sie eine Stimme.
"Alex hat befohlen, Amelie zu töten!"
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Liebe Leser,
Ich hoffe, ihr zeigt eure Unterstützung für dieses Werk durch Kommentare, Bewertungen und Geschenke. Die Geschichte enthält einen Altersunterschied mit Werwolf-Elementen.