Denis' Cousin

Tania ging zu ihr hinüber. "Anne, du bist im Krankenhaus. Geht es dir gut?" Tanias Stimme war mit gespielter Besorgnis durchzogen, aber das Funkeln in ihren Augen verriet ihre wahren Absichten.

Annes Magen verkrampfte sich bei ihrem Anblick. Sie hatte keine Lust, Worte zu wechseln, geschweige denn ihre Anwesenheit zu würdigen. Ohne zu antworten, versuchte sie, an ihr vorbeizugehen.

"Warte..."

Das einzelne Wort ließ Anne wie angewurzelt stehen bleiben. Ihr Körper spannte sich an, jeder Muskel zog sich vor zurückgehaltenen Emotionen zusammen.

Tanias Fäuste ballten sich vor Frustration über Annes abweisende Haltung. Die bloße Dreistigkeit brachte ihr Blut zum Kochen, aber sie zwang sich zu einem Lächeln. "Letzte Nacht hat Denis mich hierher gebracht. Er ist die ganze Nacht bei mir geblieben. Ich hoffe, das macht dir nichts aus."

Anne sagte kein Wort.

Tanias falsches Lächeln schwankte, bevor es vollständig verschwand. Ihre Augen verdunkelten sich, als sie näher trat. "Ich weiß, dass du dich in den letzten drei Jahren um Denis gekümmert hast." Ihre Stimme sank zu einem Murmeln. "Aber jetzt bin ich zurück. Er braucht dich nicht mehr. Lass ihn in Ruhe."

Ein Sturm von Emotionen tobte in Anne, ihre Wut kaum gebändigt. Diese Frau – diese abscheuliche, intrigante Frau – war der Grund für ihren Tod in ihrem früheren Leben gewesen, hatte sie ohne einen Funken Reue vor ein rasendes Auto gestoßen. Und jetzt hatte sie die Dreistigkeit, vor ihr zu stehen und Unsinn zu verbreiten.

Anne wünschte, sie könnte sie sofort töten.

"Du solltest wissen, dass du keine Chance bei Denis hast," höhnte Tania mit selbstgefälliger Zuversicht.

Annes Lippen verzogen sich zu einem langsamen, wissenden Lächeln, und dieser Anblick ließ Tanias Gesichtsausdruck vor Ärger erstarren.

"Wenn du denkst, du könntest ihn mir wegnehmen, irrst du dich," fügte Tania hinzu. "Er gehört mir."

"Ich bin nicht an ihm interessiert," sagte Anne schlicht und machte Anstalten, vorbeizugehen.

Aber Tania war noch nicht fertig. Sie streckte ihren Arm aus und versperrte Anne den Weg. "Denk nicht, du könntest seine Aufmerksamkeit erregen, indem du dich so widerspenstig gibst."

Annes Geduld riss. "Was ist los mit dir?" fauchte sie. "Ich habe dir bereits gesagt – ich habe kein Interesse an ihm. Warum bist du so unsicher?"

"Du–" Tanias Hand schnellte hoch, bereit, sie zu ohrfeigen. Doch sie hielt inne, als sie sah, wie Denis näher kam.

In einem Augenblick änderte sich ihr ganzes Verhalten. Anstatt die Ohrfeige zu versetzen, stieß sie einen scharfen Schrei aus und sank wie eine welkende Blume zu Boden.

Annes Mund stand vor Ungläubigkeit offen.

"Tania." Denis eilte auf sie zu; Besorgnis zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Und in diesem Moment verstand Anne, warum Tania dieses Drama inszeniert hatte.

Sie schnaubte leise und verschränkte die Arme. "Sie ist so erbärmlich wie eh und je."

Tania ließ ein zartes Wimmern hören, ihre Augen schimmerten mit falschen Tränen. "Ich wollte nur mit ihr reden. Aber sie hat mich zu Boden gestoßen."

"Ich habe dich nicht einmal berührt," stöhnte Anne.

"Genug," brüllte Denis. "Wenn du verärgert bist, komm zu mir. Verletze sie nicht."

Anne lachte sarkastisch. Die Lügnerin am Boden und der Narr, der auf ihr Schauspiel hereingefallen war. "Eine Schlampe und ein Mistkerl – ihr seid ein perfektes Paar."

Denis' Augen blitzten gefährlich auf. "Wen hast du gerade verflucht?" Seine Stimme donnerte mit Autorität, als er näher trat. "Entschuldige dich sofort bei ihr."

Anne erwiderte seinen Blick ohne zu zucken. "Warum sollte ich mich bei ihr entschuldigen?"

"Schon gut," mischte sich Tania ein. "Zwing sie nicht."

Denis' Gesichtsausdruck wurde weicher, als er sich ihr zuwandte. Mit vorsichtigen Händen zog er sie hoch. Dann schnellte sein scharfer Blick zurück zu Anne. "Wenn du dich nicht bei Tania entschuldigst, wirst du die Konsequenzen tragen," warnte er.

"Es ist mir egal," schnappte Anne. "Ich werde mich niemals bei dieser erbärmlichen Lügnerin entschuldigen."

"Wen nennst du eine Lügnerin?" knurrte er und streckte die Hand aus, um ihr Handgelenk zu packen.

Ein Wimmern entfuhr Annes Lippen, als ein Schmerz durch ihre verletzte Hand schoss. Ihre Muskeln spannten sich an, ihr Gesicht verzog sich, als sie versuchte, sich loszureißen.

Denis' Blick wanderte nach unten. Der Verband um ihre Hand erregte seine Aufmerksamkeit, aber statt Besorgnis kräuselte ein höhnisches Lächeln seine Lippen.

"Tust du jetzt so, als wärst du verletzt?" spottete er. "Bemühst du dich so sehr um meine Aufmerksamkeit, dass du eine Verletzung vortäuschst und mir den ganzen Weg bis ins Krankenhaus folgst?" Er beugte sich leicht vor. "Gib es einfach zu – du kannst ohne mich nicht leben."

"Lass los." Anne kämpfte in seinem Griff und zuckte zusammen, als seine Finger sich um ihre Wunde schlossen. "Du tust mir weh."

Denis lachte. "Hör auf so zu tun. Das ist nicht lustig, okay? Du liebst mich so sehr, dass du mir nachgelaufen bist und sogar Tania gestoßen hast. Und trotzdem behauptest du weiterhin, dass du mit mir Schluss machen willst?"

Er schnaubte. "Du bist so manipulativ. Du würdest alles tun, um meine Aufmerksamkeit zu bekommen, nicht wahr?"

"Lass mich los," schluchzte sie, Tränen stiegen ihr in die Augen. Aber er ließ ihre Hand nicht los, sein Griff wurde noch fester.

"Entschuldige dich zuerst bei ihr," forderte er. "Dann entschuldige dich bei mir. Deine Aufrichtigkeit wird bestimmen, ob ich dir verzeihe oder nicht."

"Lass sie in Ruhe." Die tiefe, befehlende Stimme durchschnitt die Spannung. Alle Köpfe drehten sich gleichzeitig.

Anne sah Augustine näher kommen. Für einen Moment konnte sie den Blick nicht von ihm abwenden. Es gab etwas an ihm – etwas Beständiges, Unerschütterliches.

Er schritt mit einer Aura stiller Autorität vorwärts und stieß Denis zurück, zog sie in eine beschützende Umarmung.

Anne erstarrte für einen Bruchteil einer Sekunde, überrumpelt. Aber als die Wärme seines Körpers sie umhüllte, überkam sie ein seltsames Gefühl der Sicherheit. Sie bewegte sich nicht weg. Sie wollte es nicht. Ihre Augen blieben auf sein Gesicht gerichtet, suchend, fragend.

Sein Blick traf ihren, erfüllt von etwas, das sie nicht ganz benennen konnte. "Entschuldige, ich bin spät dran," sagte Augustine entschuldigend.

Denis, noch immer von der Unterbrechung erschüttert, verengte seine Augen. "Du?" schnappte er ungläubig. Sein Blick huschte zwischen Anne und Augustine hin und her. "Ihr beide..." Verdacht wuchs wie ein Sturm in seinem Gesichtsausdruck. "Kennst du ihn?" Sein scharfer Blick schwenkte zurück zu Anne und forderte Antworten.

"Ja." Mit einer schnellen Bewegung schlüpfte Anne mit ihrem Arm durch Augustines. "Wir haben uns bei einem Blind Date kennengelernt und beschlossen zu heiraten."

Augustines ganzer Körper spannte sich an. Sein Kopf wirbelte zu ihr herum, seine Augen weiteten sich vor Schock.

'Heirat?' Das Wort hallte in seinen Ohren wider, durchdrang ihn. Das hatte er nicht kommen sehen – überhaupt nicht. Aber als die Überraschung sich legte, nahm etwas anderes ihren Platz ein.

Er spürte einen Anflug von Begeisterung. Selbst wenn sie es nur gesagt hatte, um Denis abzuweisen, war es ihm egal. Ihm gefiel die Idee, sie zu heiraten.

Denis stand einen Moment lang wie erstarrt da und versuchte, Annes Worte zu verarbeiten. Aber dann kräuselten sich seine Lippen zu einem spöttischen Grinsen. "Heirat?" spottete er. "Weißt du überhaupt, wer er ist?"

"Natürlich kenne ich ihn," schoss sie selbstbewusst zurück. "Er ist mein Verlobter. Siehst du das nicht? Er hat mich sogar ins Krankenhaus begleitet."

Sie blickte zu Augustine auf, ihr Blick flehend, und forderte ihn stumm auf, sie zu unterstützen.

Ein langsames, entspanntes Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus. "Warum sich die Mühe machen, anderen etwas zu erklären?" sagte Augustine geschmeidig. "Du bist verletzt. Lass uns zuerst den Arzt aufsuchen."

Er begann, sie wegzuführen, aber Denis' Stimme ertönte und brachte sie zum Stehen.

"Warte." Denis' Augen loderten, als er einen Schritt nach vorne machte. "Anne, diesmal bist du zu weit gegangen," zischte er. "Nur um mich zu ärgern, hast du dich mit meinem Cousin eingelassen?"

Annes Herz bebte. Ihr Griff um Augustines Arm verstärkte sich unwillkürlich, ihr Verstand überschlug sich. Der Mann, der sie letzte Nacht gerettet hatte... war Denis' Cousin, Augustine Beaumont, der im Ausland lebte.

Könnte es sein, dass er zurückgekehrt war?

Mit klopfendem Herzen hob Anne langsam ihren Blick zu dem Mann neben ihr. Und da war es. Dieses wissende, amüsierte Lächeln spielte auf seinen Lippen.

Sie schluckte. 'Er ist es wirklich...' Sie spürte, wie sich ihre Nackenhaare aufstellten. 'Ich bin erledigt.'