Frau Wu werden

Chen Lin konnte kein Wort herausbringen.

Die Worte, die sie zuvor gesprochen hatte, hallten in ihrem Kopf nach, noch immer lebendig. Sie hätte nie erwartet, dass sich die Dinge so entwickeln würden, nicht in einer Million Jahren. Aber hier war sie nun, folgte Wu Yuxuan auf dem Weg zum Standesamt.

Sie war sich nicht mehr sicher, ob dies ein Fehler war.

Alles hatte sich verändert.

In nur wenigen Minuten hatte sich alles verschoben.

Und als sie zu Wu Yuxuan hinüberblickte, sein Profil von den Straßenlaternen beleuchtet, wurde ihr klar, dass sie nicht nach Bestätigung von ihm suchte. Sie suchte überhaupt nichts von ihm.

Sie tat dies für sich selbst.

Nach einigen Minuten brach Wu Yuxuan das Schweigen, seine Stimme leise, aber fest. "Bist du sicher?"

Chen Lin sah ihn an, und ihr Herz zog sich für einen kurzen Moment zusammen. Er fragte nicht aus Zweifel, sondern aus Vorsicht. Er gab ihr Raum.

"Ich bin sicher", sagte sie, ihre Stimme überraschend fest trotz des Wirbelwinds an Emotionen, der in ihr tobte. "Das ist, was ich will."

Wu Yuxuans Blick streifte kurz den ihren und wandte sich dann wieder der Straße zu. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich nicht, aber etwas in seiner Haltung wurde weicher. "Ich werde dir helfen, aber du musst wissen, was das bedeutet. Es geht nicht nur um Rache, Chen Lin. Es geht darum, was danach kommt."

"Ich weiß", sagte sie nickend. "Und ich bin bereit."

Das Auto raste die Straße entlang, und die Stadtstraßen wurden allmählich leerer. Die Lichter wurden weniger, die Gebäude höher. Ihre Gedanken waren ein Durcheinander aus allem und nichts zugleich.

Ihre Hand umklammerte den Stoff ihres Kleides, eine kleine Geste, um sich zu erden.

Minuten später kamen sie am Standesamt an.

Das Gebäude stand am Ende einer ruhigen Straße, seine sterilen weißen Wände von grellen Leuchtstoffröhren erhellt.

Es hatte etwas fast Klinisches an sich, aber Chen Lin bemerkte es kaum.

Das Gewicht dessen, was sie im Begriff waren zu tun, lastete auf ihrer Brust, aber es gab eine seltsame Ruhe in ihr.

Wu Yuxuan sagte nichts, als er das Auto parkte.

Der Motor verstummte, und die Welt um sie herum schien den Atem anzuhalten.

Chen Lin atmete langsam aus, als sie nach der Tür griff, ihre Finger streiften den Griff.

Wu Yuxuan war bereits aus dem Auto ausgestiegen und bewegte sich zu ihrer Seite. Er öffnete wortlos die Tür für sie, und für einen kurzen Moment trafen sich ihre Blicke.

In dieser Stille lag ein unausgesprochenes Einverständnis zwischen ihnen, ein gemeinsames Verständnis dafür, was dies bedeutete.

Ohne zu zögern stieg Chen Lin aus. Sie schaute nicht zurück, als sie auf den Eingang des Gebäudes zugingen.

Die Nacht fühlte sich jetzt kälter an, aber das spielte keine Rolle.

Drinnen war die Luft steril und ruhig, der schwache Geruch von Papier und Tinte hing in der Atmosphäre. Ein Angestellter hinter dem Schalter blickte zu ihnen auf, sagte aber nichts. Wu Yuxuan sprach zuerst, seine Stimme ruhig und unerschütterlich.

"Wir sind hier, um zu heiraten."

Der Blick des Angestellten flackerte für einen Moment, bevor er nickte und auf die Formulare deutete. Chen Lins Hände zitterten leicht, als sie den Stift nahm. Die Worte auf dem Papier verschwammen, als sie ihren Namen unterschrieb, aber sie ließ ihre Konzentration nicht schwanken.

Das war es.

Wu Yuxuan war schnell fertig neben ihr. Seine Unterschrift war ordentlich, präzise. Als sie die Papiere abgaben, kam der Angestellte mit ihren Urkunden zurück. Es gab keinen Pomp, keine Feier. Nur das Geräusch von Papier, das über den Schalter glitt.

"Alles erledigt", sagte der Angestellte mit stumpfer, fast gleichgültiger Stimme.

Chen Lins Hand zitterte, als sie die Urkunde entgegennahm. Die Realität traf sie härter als erwartet, aber sie ließ es sich nicht anmerken. Sie hielt die Urkunde in der Hand, aber ihre Augen waren auf Wu Yuxuan gerichtet. Dies war nun ihre Zukunft.

Es gab kein Zurück mehr.

Wu Yuxuan lächelte nicht, sagte nichts weiter. Er sah sie einfach an, und sie konnte den Funken des Verständnisses in seinem Blick erkennen.

Sie hatten es getan. Es war vollbracht.

"Lass uns gehen", sagte er leise, und Chen Lin nickte und spürte, wie das Gewicht der Worte sich zwischen ihnen niederließ.

Als sie das Gebäude verließen, schien die Welt draußen dieselbe zu sein, aber alles hatte sich verändert.

Und so wurde sie Wu Yuxuans Ehefrau.

Sie ist jetzt Frau Wu.