Kapitel 6: Eine perverse Entschuldigung

Ronan starrte seinen Bruder Kaelen an, die Frage hing schwer in der Luft zwischen ihnen. Warum hassten sie Seraphina? Die Wahrheit war eine scharfe Klinge, die ihn seit Jahren von innen zerschnitt.

Er öffnete den Mund, um endlich die Wahrheit auszusprechen, als Lilith sich neben ihnen regte, ihre Augen flatterten auf. Der Moment zerbrach wie Glas.

"Redet ihr drei immer noch über diese Omega-Schlampe?" Liliths Stimme war verschlafen, aber scharf vor Ärger. Sie streckte sich genüsslich und machte sich nicht die Mühe, ihren nackten Körper zu bedecken. "Ich dachte, wir wären mit diesem Gespräch fertig."

Ronan spürte, wie sein Kiefer sich anspannte. Jedes Mal, wenn sie kurz davor waren, ehrlich über Seraphina zu sprechen, unterbrach etwas – oder jemand.

"Es ist nichts, Lilith," sagte Orion geschmeidig, seine Hand glitt ihren Oberschenkel hinauf. Die Ablenkung war offensichtlich, aber wirksam.

Lilith schmollte, ihre Lippen formten ein einstudiertes, hübsches Stirnrunzeln. "Du hast mir eine Entschuldigung versprochen, weil du mich vorhin ignoriert hast."

"Haben wir das?" Kaelens Stimme klang distanziert, seine Gedanken waren offensichtlich noch bei Seraphinas Zustand.

"Ja," beharrte Lilith, setzte sich auf und drückte ihre Brüste gegen Orions Brust. "Und ich weiß genau, welche Art von Entschuldigung ich will."

Ronan erkannte den hungrigen Blick in ihren Augen. So lief es immer – Lilith forderte, sie fügten sich, der Kreislauf setzte sich endlos fort. Es war einfacher als sich der Wahrheit über Seraphina zu stellen, über sich selbst.

"Nicht jetzt, Lilith," sagte Kaelen und wandte sich ab.

Falscher Zug. Liliths Augen blitzten gefährlich auf.

"Nicht jetzt?" wiederholte sie mit erhobener Stimme. "Ich war geduldig, während ihr drei euch mit diesem Nichts von einem Mädchen besessen habt. Ich habe gewartet, während ihr an ihre Seite gerannt seid, nachdem sie wegen einer Strafe zusammengebrochen ist, die sie verdient hat. Und jetzt sagst du 'nicht jetzt'?"

Ronan fing Orions Blick auf, eine stumme Kommunikation zwischen ihnen. Lilith zu besänftigen war einfacher, als sich mit ihren Wutanfällen auseinanderzusetzen. Und ehrlich gesagt war es vorzuziehen, sich in körperlichem Vergnügen zu verlieren, als sich dem Schuldgefühl zu stellen, das an seinem Inneren nagte.

"Welche Art von Entschuldigung hattest du im Sinn?" fragte er, obwohl er die Antwort bereits kannte.

Liliths Wut verwandelte sich augenblicklich in ein verführerisches Lächeln. "Die Art, die mich vergessen lässt, dass ihr je ihren Namen erwähnt habt."

Ohne auf weitere Erlaubnis zu warten, schob sie ihre Hand in Orions Hose und streichelte ihn zur Härte. Ihre andere Hand streckte sich nach Kaelen aus, der noch am Fenster stand, mit dem Rücken zu ihnen.

"Kaelen," rief sie, ihre Stimme ein einstudiertes Schnurren. "Komm her und entschuldige dich anständig."

Einen Moment lang dachte Ronan, sein Bruder könnte sich weigern. Aber dann drehte sich Kaelen um, sein Gesicht eine Maske der Resignation. Er näherte sich dem Bett und ließ zu, dass Lilith ihn neben sich zog.

"Das ist besser," murmelte sie und beugte sich vor, um ihn zu küssen. "Jetzt zeig mir, wie leid es dir tut."

Ronan beobachtete, wie Kaelen sie mechanisch küsste. Es lag keine Leidenschaft darin, nur Routine. Sie alle kannten ihre Rollen in dieser Aufführung.

Lilith zog sich zurück, unzufrieden mit Kaelens Bemühungen. "Du musst dir mehr Mühe geben," tadelte sie ihn und wandte sich dann an Ronan. "Zeig deinem Bruder, wie man es macht."

Ronan beugte sich vor und fing ihren Mund in einem tiefen Kuss ein. Er wusste, was sie mochte – der richtige Druck, gelegentliches Beißen, die wandernden Hände. Es bedeutete ihm nichts, aber es hielt sie ruhig.

Lilith stöhnte anerkennend, als seine Hand ihre Brust umfasste, sein Daumen über ihre Brustwarze strich. "Das ist schon besser," hauchte sie.

Bald waren alle drei Brüder in ihrem vertrauten Tanz mit Lilith verwickelt. Orions Mund an ihren Brüsten, Ronans Finger zwischen ihren Beinen, Kaelens Hand in ihrem Haar. Es war ein choreografiertes Chaos, eine Ablenkung, die sie über Jahre perfektioniert hatten.

"In mich hinein," verlangte Lilith und spreizte ihre Beine weiter. "Alle, einer nach dem anderen."

Orion war der Erste, positionierte sich zwischen ihren Schenkeln und stieß mit eingeübten Bewegungen in sie. Lilith schrie in übertriebener Lust auf, ihre Nägel gruben sich in seinen Rücken.

Ronans Gedanken schweiften ab, während er auf seine Runde wartete, die Szene vor ihm verschwamm. Statt Liliths dunklem Haar sah er blonde Locken über das Kissen gebreitet. Statt ihrer berechnenden Augen stellte er sich meerblaue vor, ehrlich und aufrichtig.

Seraphinas Augen.

Die Erinnerung traf ihn wie ein physischer Schlag – Seraphina mit vierzehn, lachend, während sie mit ihm durch den Wald rannte. Bevor alles schief ging. Vor dem Missverständnis, das sein Herz gegen sie verhärtet hatte.

"Ronan, du bist dran," keuchte Orion und zog sich aus Lilith zurück.

Zurück in der Gegenwart nahm Ronan seinen Platz zwischen Liliths Beinen ein. Als er in sie eindrang, schloss er die Augen und versuchte, die unerwünschten Gedanken an Seraphina auszublenden.

Lilith wand sich unter ihm, ihre Stöhner füllten den Raum. "Härter," forderte sie. "Lass mich sie vergessen."

Die Ironie entging Ronan nicht. Hier waren sie, versuchten Seraphina durch Sex mit einer anderen Frau auszulöschen, während keiner von ihnen sie je hatte vergessen können.

Er erhöhte sein Tempo und konzentrierte sich eher auf die körperlichen Empfindungen als auf die emotionale Leere. Als er fertig war, nahm Kaelen wortlos seinen Platz ein.

Der Kreislauf setzte sich fort, jeder Bruder nahm abwechselnd Lilith, bis sie endlich gesättigt war, ihr Körper glänzte vor Schweiß, ihre Lippen zu einem zufriedenen Lächeln gebogen.

"Das nenne ich eine Entschuldigung," schnurrte sie und streckte sich wie eine zufriedene Katze. "Ihr seid vergeben."

Ronan fühlte nichts als eine hohle Leere, als er neben ihr lag. Die momentane körperliche Befreiung hatte nichts getan, um die Fragen zu beruhigen, die Kaelen zuvor aufgeworfen hatte. Wenn überhaupt, machte der Kontrast zwischen dieser bedeutungslosen Begegnung und der tiefen Wunde, die Seraphina darstellte, alles schlimmer.

Lilith setzte sich plötzlich auf und griff nach dem Wasserglas auf dem Nachttisch. Als sie feststellte, dass es leer war, runzelte sie die Stirn.

"Ich habe Durst," verkündete sie. "Und ich will Eiswasser."

"Das Küchenpersonal kann etwas hochbringen," schlug Orion vor und griff bereits nach seiner Hose.

Lilith schüttelte den Kopf, ein boshaftes Funkeln in ihren Augen. "Nein. Schickt nach Seraphina, sie soll es bringen."

Ronan spannte sich an. "Sie erholt sich, Lilith."

"Sie kann einen Flur mit einem Krug Wasser entlanglaufen," schnappte Lilith. "Außerdem will ich ihr Gesicht sehen, wenn sie euch drei so sieht." Sie deutete auf ihre nackten Körper. "Lass sie wissen, wo genau sie steht."

Kaelen und Orion tauschten Blicke aus. Ronan spürte, wie sich sein Magen vor etwas verdrehte, das gefährlich nahe an Scham grenzte.

"Lilith—" begann Kaelen.

"Tu es," unterbrach sie ihn, "oder ich erzähle jedem im Rudel, dass ihr drei weich werdet gegenüber der Tochter einer Diebin."

Die Drohung hing in der Luft. Sie alle kannten die zerbrechliche Position, in der sie sich befanden – kämpfend, den Respekt des Rudels nach dem Tod ihres Vaters zu bewahren, ihre Autorität wurde noch immer auf die Probe gestellt. Ein solches Gerücht könnte Probleme verursachen.

"Gut," gab Kaelen nach, seine Stimme hart. Er verband sich gedanklich mit einem der Wachen: *Schickt Omega Seraphina Mond zu meinen Gemächern mit Eiswasser. Sofort.*

Zufriedenheit breitete sich auf Liliths Gesicht aus. "Perfekt. Und keiner von euch wagt es, sich zu bedecken."

Sie warteten in angespannter Stille. Ronan konnte nicht anders, als sich zu fragen, wie Seraphina nach ihrer Tortur auf dem Dach aussehen würde. Würde sie blass sein? Schwach? Der Gedanke machte ihn auf eine Weise unbehaglich, die er sich weigerte zu untersuchen.

Minuten später ertönte ein leises Klopfen an der Tür. Ronans Herz hämmerte unerklärlich in seiner Brust.

"Herein," rief Lilith, ihre Stimme süß vor Vorfreude.

Die Tür öffnete sich, und Seraphina stand auf der Schwelle, ein Tablett mit einem Krug und Gläsern in den Händen. Ihr Gesicht war noch immer gerötet von der Sonne, ihre Bewegungen leicht unsicher. Aber ihre Augen – diese meerblauen Augen – waren klar und fest, als sie die Szene vor ihr aufnahmen.

"Euer Wasser," sagte sie schlicht, ihre Stimme verriet nichts, als sie den vier nackten Körpern auf dem Bett gegenüberstand.

Lilith lächelte, Triumph stand auf ihrem Gesicht geschrieben. "Bring es her, Omega."