Kapitel 3-Der Doktor

Ein grelles Licht durchbrach seine geschlossenen Augenlider. Mit einem tiefen, gierigen Atemzug schnappte er nach Luft, als wäre es sein erstes Mal zu atmen. Für einen kurzen Moment erfüllte ihn das Gefühl des Überlebens – doch es hielt nicht lange an. Er spürte, wie unsichtbare Kräfte an ihm zerrten, als würde man ihn irgendwo festhalten.

Langsam drehte er seinen Kopf zur Seite und erkannte die Ursache: Er war auf eine Liege geschnallt. Dicke Lederriemen fixierten seine Hand- und Fußgelenke.

„Ah, ich sehe, du bist wach."

Die Stimme war tief, alt und kratzig, wie das Knarren alter Holzdielen. Er wandte seinen Kopf in die andere Richtung, um den Sprecher auszumachen.

Ein kleiner, älterer Mann stand einige Meter entfernt. Sein Körper war vollständig in Weiß gekleidet – ein Kittel, Handschuhe, eine Maske. Er wirkte wie ein Arzt, doch irgendetwas an ihm war… falsch.

„Es scheint, ich muss den Namen Objekt 277 doch nicht von meiner Liste streichen." Hinter seiner Maske schimmerte ein spöttisches Schmunzeln durch.

„Man hat dich heute ziemlich hart rangenommen, was?"

Die gefesselten Hände des Mannes zuckten leicht, seine Augen flehten um Gnade. Er wollte antworten, doch sein Mund war mit einem alten, dunklen Lederriemen verschnürt. Nur ein ersticktes Wimmern drang aus seiner Kehle.

„Aber keine Sorge – bald hast du es geschafft. Ob lebendig oder nicht, werden wir ja sehen."

Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken. Er spürte, was als Nächstes kommen würde. Sein Blick huschte zur Seite, auf den schmutzigen Boden. Ein Abflussgitter – verkrustet mit Erbrochenem und dunklen Flecken. Wie viele hatten hier schon gelegen?

„Vielleicht gelingt es ja heute!" Die Stimme des Arztes wurde euphorischer, als er eine große Spritze in die Höhe hielt. Die Flüssigkeit darin schimmerte grünlich, dickflüssig und halb geronnen.

Dann wurde sein Blick ernst. Ohne zu zögern, rammte er die lange Nadel in den Hals seines Opfers.

Ein stechender Schmerz durchfuhr den Körper des Mannes. Ein leises Schluchzen war das Einzige, was er noch von sich geben konnte. Eine einzelne Träne rollte über seine schmutzige Wange, tropfte in seinen verfilzten Bart und versickerte darin.

Der Doktor zog die Spritze heraus, klopfte sich zufrieden auf die Brust und humpelte davon.

„Viel Glück", murmelte er sarkastisch, während er im Halbdunkel des Raumes verschwand.