277 trat einen weiteren, zitternden Schritt zurück. Die Metalltür vor ihm war alt, rostig und schwer – doch ihre Präsenz war die einzige, die ihn vor dem Unausweichlichen schützte. Hinter ihm hörte er das unheilvolle Heulen der Kreaturen, die, wie ein Rudel hungriger Wölfe, näher kamen.
Er legte eine Hand an die kalte Tür und drückte kräftig. Der Widerstand war stark, doch nicht genug, um ihn aufzuhalten. Mit einem letzten, verzweifelten Ruck öffnete sich die Tür einen Spalt weit.
„Jetzt!" flüsterte er und zog die Frau weiter, als sie sich aus ihrer Erstarrung befreite. Ihre Augen waren weit aufgerissen, vom Schrecken und der Dunkelheit der letzten Stunden gezeichnet. Doch sie folgte ihm.
Hinter ihnen krachte die Tür. Die Kreaturen drängten sich durch den Spalt, doch zu spät. 277 war schneller.
Er drückte sich gegen die Tür und stolperte durch den dunklen Gang. Der Gedanke an die Freiheit vor der Dunkelheit trieb ihn weiter, der Schmerz in seinen Lungen, das Pochen in seinem Kopf – nichts war wichtiger, als jetzt zu entkommen.
„Los!" knurrte er und zog die Frau hinter sich. Die Schritte hallten in der Leere, während sie den Gang entlang rannten. Ihre Bewegungen waren hastig, hektisch, als wüssten sie, dass jede Sekunde Zögern sie das Leben kosten könnte.
Plötzlich brach der Gang auf und vor ihnen öffnete sich ein weiterer Raum. Helles Licht flutete den Raum, blass und schimmernd, wie der erste Hoffnungsschimmer nach einer langen Dunkelheit. Der Raum war groß, verwüstet, aber es war Freiheit.
Er blickte zurück, konnte das Monster immer noch hören, aber der Abstand war größer geworden. Er atmete tief ein, als er die Frau zur Seite zog. Die Sonne draußen – schwach, aber dennoch da – brach durch den Dreck und die Trümmer, als wäre sie ein Versprechen.
„Wir sind fast da", murmelte er.
„Aber wohin? Wo können wir hin?" Die Frau starrte ihn mit verzweifeltem Blick an. Ihre Haut war blass, ihre Bewegungen zitternd.
„Da", sagte 277, als er nach vorn deutete. Am Ende des Raumes war ein Fenster, halb zerbrochen, aber ausreichend, um hinaus zu sehen. Das, was er dort sah, war keine perfekte Welt, sondern zumindest ein Anzeichen von Freiheit. Ein flimmerndes Bild einer Zukunft, die noch nicht ganz erloschen war.
Er drängte sich nach vorn und stieß das Fenster auf. Die frische, eiskalte Luft strömte in den Raum, und für einen Moment fühlte es sich an wie ein atemloser Neubeginn.
„Komm!" rief er, und zog die Frau mit sich. Doch ihre Füße stockten. Sie stand zitternd da, als hätte sie die Hoffnung schon verloren. Die Sonne schien zwar, doch sie war blass und düster, als wäre sie von einer anderen Welt.
„Wir kommen hier raus", sagte 277 entschlossen.
Und mit diesen Worten krochen sie durch das Fenster in die Freiheit.
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Draußen war es leer. Keine Monster, keine Verfolger, zumindest für den Moment. Ein brüchiger Frieden.
Sie standen am Rande einer Ruine, der windige Hügel von dem aus sie die zerstörte Welt überblicken konnten. Um sie herum war nichts als Verfall – tote Bäume, umgestürzte Fahrzeuge und gesprungene Gebäude. Aber es war ruhig, fast so, als würde der Wind all die Schreie der vergangenen Tage hinwegtragen.
„Was jetzt?" fragte die Frau mit zitternder Stimme. Ihre Augen waren auf den Horizont gerichtet, doch sie war nicht sicher, was sie dort erblickte. In dieser Welt war alles fremd, alles gefährlich.
„Wir finden ein Versteck", murmelte 277. „Irgendwo da draußen muss es noch einen Ort geben, an dem wir sicher sind. Und wir müssen uns ausruhen. Die Sonne wird bald untergehen. Wir können nicht die ganze Nacht unterwegs sein."
Sie setzten sich in Bewegung, immer den Blick nach hinten gerichtet, auf der Hut, als würden die Schatten immer näher kommen. Doch je weiter sie sich von der Dunkelheit entfernten, desto mehr konnte 277 spüren, wie sich sein Körper entspannte. Die Reise war nicht vorbei, das war er sich bewusst. Aber für den Moment – sie waren frei.
„Hörst du das?" fragte er leise.
Die Frau zuckte zusammen, doch er hatte nichts anderes als das Rauschen des Windes im Ohr.
„Es ist vorbei", flüsterte er, und obwohl er sich selbst nicht glaubte, wusste er, dass der Moment der Erleichterung nie zu lange andauern würde.
„Es wird nie vorbei sein", sagte der Dämon in seinem Kopf, und ein kaltes, schmerzhaftes Lächeln breitete sich auf 277s Gesicht aus. Doch er sagte nichts, denn er wusste: Überleben bedeutete mehr als nur das, was er gerade in diesem Moment fühlte.
„Komm", sagte er schließlich und packte die Frau fester am Arm. „Lass uns gehen."
Der Himmel über ihnen war grauer als je zuvor, aber im Angesicht dieser neuen Freiheit fühlte er sich wieder lebendig. Ein neuer Anfang? Vielleicht. Aber der wahre Kampf war noch lange nicht vorbei.