Kapitel 5 – Ein unerwarteter Verbündeter
Die Sonne stand hoch am Himmel, als Raito sich durch den dichten Wald kämpfte. Seit er Shiro verlassen hatte, war er alleine unterwegs. Die Tage waren lang, die Nächte gefährlich. Er hatte bereits einige feindliche Söldner abgewehrt und musste ständig auf der Hut sein. Doch das war nicht das Schlimmste.
Die Einsamkeit nagte an ihm.
Seine Gedanken kreisten immer wieder um die gleichen Fragen: Hatte Kuro recht? Hätte er bei Shiro bleiben sollen? Wohin sollte er jetzt gehen?
Doch bevor er eine Antwort finden konnte, änderte sich plötzlich die Atmosphäre um ihn herum.
Ein Gefühl der Gefahr.
Er blieb abrupt stehen. Die Bäume schienen ihre Schatten zu verdichten, die Luft wurde schwer. Und dann – das Knacken eines Astes.
Jemand beobachtete ihn.
Langsam zog er sein Messer und ließ seine Chakrai durch seine Fingerspitzen zirkulieren.
„Komm raus", rief er in die Dunkelheit.
Stille.
Dann – eine Bewegung.
Eine Gestalt sprang aus dem Unterholz, schnell und geschickt. Raito wirbelte herum, bereit zum Kampf, doch sein Gegner schlug nicht sofort zu. Stattdessen blieb er einige Meter entfernt stehen.
Ein junger Mann, etwa in Raitos Alter. Kurzes, zerzaustes schwarzes Haar, ein kantiges Gesicht, dunkle Augen, die ihn misstrauisch musterten. Seine Kleidung war zerschlissen, doch die Art, wie er sich bewegte, verriet Erfahrung.
„Wer bist du?", fragte Raito und lockerte seinen Griff um das Messer nicht.
„Das sollte ich dich fragen", erwiderte der Fremde kühl. „Du bist nicht von hier."
„Und du?"
Der Junge verzog kaum merklich das Gesicht. „Ich gehöre hierher. Aber ich mag es nicht, wenn Fremde mein Gebiet betreten."
„Dein Gebiet?" Raito schnaubte. „Ich wusste nicht, dass der Wald einem einzelnen Mann gehört."
Die Augen des Jungen verengten sich. „Es gehört auch nicht einem herumlaufenden Krieger, der nicht mal weiß, wohin er geht."
Raito ballte die Fäuste, doch er spürte, dass der Fremde ihn nicht sofort angreifen wollte. Dennoch blieb eine Anspannung in der Luft.
„Ich will keinen Ärger", sagte Raito schließlich. „Ich ziehe nur durch."
„Dann geh."
Raito runzelte die Stirn. „Was willst du von mir?"
Der Junge schwieg einen Moment, dann sagte er: „Ich habe dich beobachtet. Deine Chakrai... sie ist wild, nicht wahr?"
Raito zuckte innerlich zusammen. Wie konnte dieser Kerl das so schnell erkennen?
„Und wenn?", fragte er schroff.
Der Fremde ließ ein leichtes Lächeln aufblitzen. „Dann bist du wie ich."
Für einen Moment herrschte Stille.
Dann entspannte der Junge sich leicht und steckte seine eigene Waffe weg. „Mein Name ist Takeshi."
Raito musterte ihn misstrauisch. „Und warum sagst du mir das?"
Takeshi zuckte mit den Schultern. „Weil ich sehen will, ob du wirklich so stark bist, wie du tust."
Raito spürte, dass dieses Gespräch noch lange nicht vorbei war.
Er hatte Takeshi noch nicht durchschaut – und Takeshi ihn genauso wenig.
Doch eines war klar: Ihre Wege hatten sich gekreuzt, und das würde nicht so schnell enden.