Kapitel 7 Der Weg des Kriegers

Kapitel 7 – Der Weg des Kriegers

Der Wind rauschte durch die Blätter, während Raito durch den dichten Wald lief. Die Nacht war tiefschwarz, nur der Mond warf ein schwaches Licht auf den unebenen Pfad. Sein Atem ging schwer, Schweiß rann ihm über die Stirn, doch er rannte weiter.

Hinter ihm hörte er Takeshi, dessen Schritte gleichmäßig und ruhig klangen – im Gegensatz zu seinen eigenen, die hektisch und ungeübt waren.

„Raito", rief Takeshi, „wenn du so weitermachst, hältst du keine zehn Minuten durch."

Raito presste die Lippen zusammen, ignorierte den Kommentar und zwang sich, weiterzulaufen. Doch Takeshi hatte recht. Sein Körper war erschöpft, seine Beine fühlten sich an wie Blei. Er musste anhalten.

Mit einem keuchenden Atemzug blieb er schließlich stehen, stützte sich mit den Händen auf die Knie und versuchte, Luft zu bekommen. Takeshi trat neben ihn, verschränkte die Arme und schüttelte den Kopf.

„Du bist schwach."

Raito funkelte ihn an. „Sag das nochmal."

Takeshi grinste. „Ich muss es nicht wiederholen. Dein Körper sagt es für mich."

Raito ballte die Fäuste. Er wusste, dass Takeshi ihm helfen wollte, aber seine Worte stachen trotzdem. Nach allem, was passiert war – nach dem Angriff, nach dem Kampf gegen den Jäger – fühlte er sich noch immer hilflos. Er musste stärker werden.

Takeshi musterte ihn kurz, dann deutete er auf eine kleine Lichtung zwischen den Bäumen.

„Setz dich hin. Wir machen eine Pause."

Raito ließ sich mit einem tiefen Seufzen auf einen umgestürzten Baumstamm sinken. Der kalte Nachtwind ließ seine verschwitzte Haut frösteln, aber er ignorierte es.

Takeshi blieb stehen. Seine Haltung war entspannt, aber seine Augen waren scharf.

„Du willst also wirklich lernen, wie man kämpft?"

Raito nickte.

„Gut." Takeshi zog eine kleine Klinge aus seiner Tasche und drehte sie zwischen den Fingern. „Dann fangen wir mit der ersten Lektion an: Kontrolle."

Raito runzelte die Stirn. „Kontrolle?"

Takeshi warf das Messer plötzlich in die Luft, und in einer einzigen, schnellen Bewegung fing er es wieder auf – exakt an der Klinge, ohne sich zu schneiden.

„Kraft ist nutzlos ohne Kontrolle. Ein wilder Schlag mag stark sein, aber wenn du dein Ziel nicht triffst, ist er wertlos."

Raito schluckte. Das ergab Sinn.

Takeshi trat vor ihn und hielt ihm das Messer hin. „Zeig mir, wie du es hältst."

Zögernd nahm Raito das Messer. Es war leichter, als er erwartet hatte, aber er hielt es unsicher in der Hand.

Takeshi seufzte. „Falsch."

Er trat hinter Raito und griff nach seinem Handgelenk. „Hier. Halt es so. Und entspann deine Finger. Wenn du zu fest drückst, verlierst du Flexibilität."

Raito tat, was ihm gesagt wurde, aber das Gefühl war ungewohnt.

„Jetzt wirf es."

Raito zuckte zusammen. „Was?"

„Wirf das Messer."

Raito starrte ihn an. „Ich hab sowas noch nie gemacht."

Takeshi zuckte mit den Schultern. „Dann wird's Zeit, es zu lernen."

Raito biss die Zähne zusammen, zog den Arm zurück und schleuderte das Messer nach vorne.

Es flog – aber in einem völlig falschen Winkel und prallte klappernd gegen einen Stein.

Takeshi rieb sich die Schläfe. „Gott, du bist schlimmer als ich dachte."

Raito knirschte mit den Zähnen. „Dann zeig mir, wie es richtig geht."

Takeshi hob das Messer auf, nahm eine lockere Haltung ein und warf es mit einer schnellen Bewegung.

Das Messer flog geradewegs nach vorne und bohrte sich mit einem dumpfen Geräusch in einen Baumstamm.

Raito blinzelte.

Takeshi grinste. „Das ist Kontrolle."

Raito starrte das Messer an. Dann ballte er die Fäuste.

„Nochmal."

Takeshi grinste breiter. „Das wollte ich hören."

Sie verbrachten die nächsten Stunden damit, zu üben. Raito warf das Messer immer wieder, korrigierte seine Haltung, seine Bewegung, seine Kontrolle. Anfangs war es frustrierend – das Messer flog oft zu hoch, zu tief, oder drehte sich unkontrolliert in der Luft.

Doch mit jeder Wiederholung wurde er besser.

Bis es schließlich geschah.

Das Messer flog.

Gerade.

Und mit einem dumpfen Laut bohrte es sich in den Baumstamm.

Raito riss die Augen auf.

„Ich hab's geschafft…"

Takeshi nickte anerkennend. „Nicht schlecht."

Raito drehte sich zu ihm um. „Was jetzt?"

Takeshi zog eine Augenbraue hoch. „Jetzt? Jetzt machen wir weiter."

Zwei Tage später

Raito spürte die Veränderung in seinem Körper. Seine Bewegungen wurden flüssiger. Seine Haltung war stabiler.

Und doch wusste er, dass das nicht genug war.

„Takeshi", sagte er eines Abends, während sie am Lagerfeuer saßen. „Ich will mehr lernen. Nicht nur, wie man ein Messer wirft."

Takeshi musterte ihn. „Du meinst Chakrai-Techniken?"

Raito nickte.

Takeshi lehnte sich zurück. „Das ist kein Kinderspiel, Raito. Chakrai ist gefährlich, wenn du nicht weißt, was du tust."

„Ich bin bereit."

Takeshi schwieg einen Moment, dann nickte er langsam.

„Dann pass auf."

Er hob eine Hand – und vor Raitos Augen begann eine dunkle, fast unsichtbare Aura über seinen Fingern zu tanzen.

„Chakrai ist unsere innere Energie", erklärte Takeshi. „Sie ist in jedem von uns, aber die meisten Menschen wissen nicht, wie man sie nutzt."

Raito beobachtete fasziniert, wie sich die Aura um Takeshis Hand bewegte.

„Es gibt drei Basisfähigkeiten, die jeder Kämpfer beherrschen sollte."

Er hob drei Finger.

„Seishin Kizu (Geisterschnitt), Kurai Sōchi (Dunkelverlagerung) und Kōsen Ten (Lichtstrom)."

Raito merkte sich die Namen.

„Du kannst dir eine aussuchen, mit der du anfangen willst."

Raito dachte nach. Der Geisterschnitt klang nützlich, aber auch schwer zu kontrollieren. Dunkelverlagerung würde ihm helfen, schneller zu werden. Doch der Lichtstrom…

„Ich will Kōsen Ten lernen."

Takeshi nickte anerkennend. „Nicht schlecht. Kōsen Ten ist keine direkte Angriffstechnik, aber sie kann dir helfen, Gegner auf Abstand zu halten."

Er machte eine Bewegung mit der Hand. „Pass auf. Die Technik funktioniert, indem du deine Chakrai in einem Punkt konzentrierst und sie dann freisetzt. So."

Er hielt eine Hand vor sich, konzentrierte sich – und plötzlich schoss ein schwacher Energiestoß aus seiner Handfläche. Ein leises Surren lag in der Luft, bevor der Lichtstrahl gegen einen Baum traf und einen kleinen Abdruck hinterließ.

„Versuch's."

Raito schluckte und hob die Hand.

Chakrai in einem Punkt konzentrieren… dann freisetzen.

Er schloss die Augen und versuchte, sich auf seine innere Energie zu fokussieren. Doch nichts geschah.

„Du verkrampfst dich zu sehr", bemerkte Takeshi. „Atme tief ein und fühl die Chakrai in dir. Stell sie dir wie eine Welle vor, die sich in deiner Handfläche sammelt."

Raito versuchte es erneut. Diesmal spürte er etwas – ein leichtes Kribbeln in seiner Hand.

Dann – ein schwaches Flackern.

Doch kaum hatte er die Energie freigesetzt, verpuffte sie wieder.

„Tch…"

Takeshi lachte. „Nicht schlecht für den Anfang. Aber du brauchst Übung."

Bevor Raito etwas sagen konnte, geschah es.

Ein Geräusch aus den Bäumen.

Ein Knacken.

Dann eine Stimme.

„Nicht schlecht. Aber du machst es falsch."

Raito zuckte zusammen und fuhr herum.

Auf einem Ast saß ein Junge, etwa in ihrem Alter. Er hatte wildes, silbernes Haar und einen schelmischen Ausdruck im Gesicht. Seine Kleidung war locker, fast nachlässig, doch in seinen Augen lag eine scharfe Intelligenz.

Takeshi runzelte die Stirn. „Wer zum Teufel bist du?"

Der Junge sprang elegant vom Baum und landete leichtfüßig auf dem Boden.

„Renji."

Ende von Kapitel 7.