Kapitel 6 Die Schwelle zur Wahrheit

1 – Die versiegelte Tür

Der Nebel von Shinkai lag schwer in der Luft, als die Gruppe durch die Ruinen schritt. Jeder Schritt hallte in der Stille wider. Sayaka führte sie zu einer massiven Steintür, deren Oberfläche mit alten Symbolen bedeckt war.

„Das ist die Schwelle", sagte sie leise. „Nur wer bereit ist, sich selbst zu stellen, kann hindurchgehen."

Raito musterte die Tür. „Was bedeutet das?"

„Diese Tür prüft dich", antwortete Sayaka. „Sie zwingt dich, dich mit deiner Vergangenheit auseinanderzusetzen. Wer sich dem nicht stellt… wird hierbleiben."

Ein mulmiges Gefühl breitete sich in der Gruppe aus. Kaito verzog das Gesicht. „Toll, ein weiterer Test. Und was passiert, wenn wir durchfallen?"

Sayaka sah ihn nur an. Ihre ernste Miene verriet, dass die Antwort nichts Gutes bedeutete.

„Dann bleiben wir hier stecken…" murmelte Haru.

Takeshi ballte die Fäuste. „Wir haben keine andere Wahl, oder?"

Ohne eine Antwort abzuwarten, trat Raito als Erster vor. Kaum hatte er die Tür berührt, flackerte ein blaues Licht auf, und plötzlich wurde alles um ihn schwarz.

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2 – Raitos Prüfung

Als er die Augen öffnete, stand er nicht mehr vor der Tür. Er war in einer vertrauten Umgebung – seinem alten Zuhause. Das Haus, das er als Kind verlassen hatte.

„Das… ist nicht real", sagte er sich, aber sein Herz schlug schneller.

Eine Tür knarrte, und ein Junge trat hervor. Ein jüngerer Raito – verletzlich, ängstlich. Sein kindliches Gesicht war von Sorgen gezeichnet.

„Du bist nicht gut genug", sagte die jüngere Version von ihm. „Du warst es nie."

Raito erstarrte. Diese Worte hatte er sich selbst oft gesagt. Sie kamen aus einer Zeit, in der er an sich gezweifelt hatte.

„Das ist vorbei", knurrte er.

„Ist es das?" fragte sein jüngeres Ich. „Warum rennst du dann immer noch vor deiner Vergangenheit weg?"

Raito spürte, wie ihn die alten Zweifel einholten. Die Angst, nicht stark genug zu sein. Die Angst, seine Freunde zu enttäuschen. Doch dann erinnerte er sich an die Kämpfe, die er bereits überstanden hatte.

„Ich bin nicht mehr der, der ich mal war."

Ein letzter Blick in die Augen seines jüngeren Ichs – und dann verblasste die Illusion.

Raito kehrte zurück ins Nichts.

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3 – Harus Prüfung

Haru fand sich in einer dunklen Straße wieder. Der Boden war nass, Regen prasselte herab.

„Was ist das für ein Ort?" murmelte er.

Dann hörte er Stimmen. Bekannte Stimmen.

Er drehte sich um – und erstarrte. Vor ihm lagen seine Freunde… regungslos. Blutige Wunden auf ihren Körpern.

„Nein… nein, das kann nicht sein!"

Er rannte zu ihnen, schüttelte sie. Keine Reaktion.

„Du konntest sie nicht retten", sagte eine Stimme hinter ihm.

Haru drehte sich um und sah sich selbst. Älter, gebrochener.

„Du warst zu schwach. Du hast versagt."

Haru schnappte nach Luft.

Seine größte Angst war es, seine Freunde zu verlieren.

„Das ist nicht real", flüsterte er.

„Bist du sicher?" fragte sein älteres Ich. „Schau sie an. Fühlst du nicht die Schuld?"

Haru wollte schreien. Doch dann atmete er tief durch.

„Ich werde immer kämpfen… damit das niemals passiert."

Die Leichen verschwanden. Die Illusion brach zusammen.

Und Haru kehrte zurück ins Nichts.

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4 – Kaito gegen sich selbst

Kaito stand in einer Kampfarena. Jubelrufe umgaben ihn, doch als er aufsah, sah er sich selbst. Eine Version von sich, die viel stärker wirkte – mit kalten, berechnenden Augen.

„Du bist schwach", sagte die andere Version von ihm.

„Ach ja?" Kaito grinste und zog seine Waffe. „Dann beweis mir das doch."

Ohne zu zögern stürmte sein Ebenbild auf ihn zu.

Ein heftiger Kampf entbrannte.

Doch egal, was Kaito tat – sein Gegner war ihm immer einen Schritt voraus.

Nach einer harten Attacke landete Kaito auf dem Boden, keuchend.

„Siehst du?" Die dunkle Version von ihm ging langsam auf ihn zu. „So enden Schwache. Du kannst kämpfen, so viel du willst – du wirst immer verlieren."

Kaito spuckte Blut aus. Dann grinste er.

„Vielleicht verliere ich mal. Aber ich stehe immer wieder auf."

Mit letzter Kraft sprang er auf – und schlug zu.

Sein Ebenbild zerbrach wie Glas.

Kaito kehrte zurück ins Nichts.

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5 – Der Weg öffnet sich

Einer nach dem anderen tauchte die Gruppe wieder auf. Sie standen erneut vor der Steintür – doch diesmal war sie offen.

Raito atmete tief durch. „Das war… heftig."

Haru wischte sich über die Stirn. „Was auch immer das war… ich hoffe, wir müssen das nicht nochmal durchmachen."

Kaito lachte trocken. „Das war ja fast schlimmer als unsere echten Kämpfe."

Sayaka beobachtete sie mit einem ernsten Blick. „Ihr habt die Prüfungen bestanden. Ihr seid bereit für das, was als Nächstes kommt."

Takeshi trat vor. „Und was ist das?"

Sayaka blickte in die Dunkelheit hinter der Tür.

„Die Wahrheit von Shinkai."

Die Gruppe trat durch die Tür – und das Abenteuer ging weiter.

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Fortsetzung folgt…