Nein, ich werde nicht zulassen, dass sie mich dorthin schicken. Ich kann nicht. Ich muss beweisen, dass ich mehr bin, als sie von mir denken.
Entschlossen beschloss sie, das eine zu tun, von dem man ihr gesagt hatte, sie könne es nicht: ihre Magie einsetzen. Es war eine Fähigkeit, mit der sie ihr ganzes Leben lang gekämpft hatte, ihre Versuche waren entweder schwach oder katastrophal unkontrolliert. Aber heute Abend war Versagen keine Option.
Sie kniete sich auf den Boden, schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Energie, von der sie wusste, dass sie tief in ihr vergraben war. Sie konnte sie spüren, eine rastlose, pulsierende Kraft, wie ein wildes Tier, das in ihrer Brust eingesperrt war. "Diesmal werde ich sie kontrollieren", flüsterte sie zu sich selbst, ihre Stimme zitterte, war aber entschlossen.
Langsam streckte sie ihre Hände aus, ihre Finger zitterten, als sie versuchte, die Magie heraufzubeschwören. Ein schwaches Leuchten begann sich in ihren Handflächen zu bilden, flackernd wie eine sterbende Kerze. Ermutigt drückte sie härter, ihre Stirn runzelte sich vor Konzentration. Das Leuchten verstärkte sich und verwandelte sich in eine wirbelnde Kugel aus Licht.
Aber etwas stimmte nicht. Die Energie fühlte sich zu heiß an, zu wild, als würde sie sich ihrer Kontrolle widersetzen. Panik setzte ein, als die Kugel sich zu vergrößern begann, ihr Licht blendend und instabil. "Nein, nein, bleib ruhig!" flehte sie, aber die Magie hatte einen eigenen Willen.
Bevor sie reagieren konnte, explodierte die Kugel in einem Ausbruch roher Energie und schleuderte sie nach hinten. Schmerz durchzuckte ihren Körper, als die Kraft sie zu Boden warf. Ihre Sicht verschwamm, und ein scharfes Klingeln erfüllte ihre Ohren. Das Letzte, was sie sah, bevor die Dunkelheit sie einholte, waren die zersplitterten Überreste ihres gescheiterten Versuchs, die sich in der Luft auflösten.
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Als Aria die Augen öffnete, fühlte sich die Welt fern und surreal an. Ihr Körper schmerzte, und ihr Geist war benebelt, als wäre sie tagelang in einem Traum gefangen gewesen. Langsam nahm ihre Umgebung Gestalt an: die vertrauten Wände ihres Zimmers, der schwache Duft von Lavendel, der in der Luft hing.
Was ist passiert? dachte sie, ihre Erinnerungen waren bruchstückhaft und verschwommen. Sie versuchte sich aufzusetzen, zuckte aber zusammen, als ein stechender Schmerz durch ihren Kopf fuhr. Ihr Körper fühlte sich schwer an, wie gelähmt, als hätte sie viel zu lange geschlafen.
Sie wandte ihren Blick zum Fenster und erschrak, als sie die warmen Farbtöne der Nachmittagssonne sah, die hereinströmten. Panik durchfuhr sie. Nachmittag? Wie lange war ich bewusstlos?
Hastig kletterte sie aus dem Bett und ignorierte die Proteste ihrer schmerzenden Glieder. Ihr Herz raste, als ihr klar wurde, dass sie verschlafen hatte, zweifellos eine Folge des magischen Rückschlags. Aber es war keine Zeit, darüber nachzudenken – sie hatte Pflichten zu erfüllen, und Unpünktlichkeit war ein strafbares Vergehen.
Ihre Hände zitterten, als sie ihr Kleid richtete und eine Bürste durch ihr Haar zog. In ihrem Kopf überschlugen sich die schlimmsten Szenarien. Was, wenn sie mich schon gemeldet haben? Was, wenn Mutter es erfährt? Nein, ich kann mir keine weiteren Probleme leisten.
Sie eilte aus ihrem Zimmer, ihre Schritte hallten durch die leeren Gänge. Als sie die Dienerunterkünfte erreichte, ging ihr Atem schwer, und ihr Herz hämmerte in ihrer Brust.
Die Oberzofe, eine strenge Frau mit einem ständig säuerlichen Gesichtsausdruck, begrüßte sie mit einem Blick, der Milch gerinnen lassen könnte. "So, du hast dich also endlich entschieden, uns mit deiner Anwesenheit zu beehren", höhnte die Zofe. "Hast du eine Ahnung, wie spät es ist, Aria? Oder denkst du, deine Position gewährt dir besondere Privilegien?"
Aria senkte den Kopf, ihre Wangen glühten vor Verlegenheit. "Es tut mir leid", murmelte sie. "Es wird nicht wieder vorkommen."
Die Zofe schnaubte verächtlich, ihre Lippen kräuselten sich vor Abscheu. "Tut mir leid ändert nichts. Du warst nichts als eine Last, seit du hier angekommen bist. Wenn du es nicht einmal schaffst, pünktlich aufzustehen, wozu bist du dann gut?"
Aria biss sich auf die Lippe und schluckte die Erwiderung hinunter, die ihr auf der Zunge lag. Sie konnte es sich nicht leisten zu streiten, nicht jetzt.
"Da du so eifrig bist, deine Inkompetenz wiedergutzumachen", fuhr die Zofe fort, "kannst du die Gemächer des zweiten Prinzen reinigen. Das ist die einzige Aufgabe, die für heute noch übrig ist."
Arias Magen verkrampfte sich. Lucien. Ihr mittlerer Bruder. Der Gedanke, sein Zimmer zu betreten, geschweige denn es zu reinigen, erfüllte sie mit Schrecken. Warum er? Von allen Menschen, warum ausgerechnet er?
Die Zofe grinste hämisch, offensichtlich genoss sie Arias Unbehagen. "Worauf wartest du? Mach dich an die Arbeit. Oder möchtest du lieber, dass ich deine Faulheit der Königin melde?"
Aria zwang sich zu nicken. "Nein, ich werde mich darum kümmern."
Als sie sich zum Gehen wandte, wirbelten ängstliche Gedanken durch ihren Kopf. Sie hatte ihr Bestes getan, Lucien so lange wie möglich zu meiden, aber jetzt gab es kein Entkommen. Wie soll ich ihm gegenübertreten? Was, wenn er da ist? Was, wenn...
Sie schüttelte den Kopf und versuchte, die Angst zu vertreiben, die sie zu überwältigen drohte. Bring es einfach hinter dich, Aria. Je schneller du fertig bist, desto schneller kannst du gehen.
Mit ihren Putzutensilien in der Hand machte sie sich auf den Weg zu Luciens Gemächern, ihr Herz schwer vor Beklemmung.