Kapitel 2 – Die Erschaffung eines Charakters

POV: André Castor

Ich liege in meinem Bett, das VR-Headset aufgesetzt, bereit, in das neue Spiel einzutauchen, das ich mir heute gekauft habe.

Der Name des Spiels lautet Dynastie Online, und es ist unglaublich detailliert – perfekt für alle, die Strategiespiele lieben.

Mein Ziel für heute Nacht: meinen Charakter erschaffen. Ich will den stärksten, mächtigsten Krieger erschaffen, den diese Welt je gesehen hat.

Ich sitze in einem weißen, makellosen Raum, scheinbar endlos, und spreche mit der KI, die mich Schritt für Schritt durch die Erstellung führt. Sie ist überraschend hilfsbereit, beantwortet jede meiner Fragen ohne Zögern.

Ich frage sie nach den verfügbaren Spezies, und sie erklärt mir, dass es insgesamt elf gibt – darunter Orks, Menschen, Elfen, Zwerge, Goblins, Hobgoblins und verschiedene halbmenschliche Hybriden.

Ich halte inne, denke nach. Ich wäge die Vor- und Nachteile jeder Rasse ab – Schnelligkeit, Stärke, Intelligenz, Anpassungsfähigkeit.

Am Ende entscheide ich mich für die Hobgoblins. Sie sind stärker und disziplinierter als ihre kleineren Goblin-Verwandten, geschaffen für den Krieg. Militärisch, strategisch, effizient – genau wie das Erbe, das ich aufzubauen gedenke.

Die KI scheint mit meiner Entscheidung zufrieden. Ein sanfter Lichtimpuls durchzieht ihre Form, als würde sie etwas Größeres anerkennen als nur eine einfache Auswahl.

„Eine ausgezeichnete Grundlage", sagt sie. „Hobgoblin-Blut trägt Stärke, Struktur … und Ehrgeiz. Wähle nun deinen Weg."

Neue Symbole erscheinen vor mir, rotierend in der Luft: Ikonen, die Berufe, Bestimmungen und Lebenswege repräsentieren.

„Das sind deine Klassen", fügt die KI hinzu. „Du darfst zwei auswählen: eine Haupt- und eine Nebenklasse. Deine Hauptklasse definiert deine Rolle in der Welt. Die Nebenklasse bringt Tiefe, Flexibilität … Einzigartigkeit."

Ich studiere die Optionen:

Söldner – gehärtet durch den Krieg, ausgebildet in allen Kampfarten, loyal nur dem Gold.

Taktiker – Meister der Schlachtfeldkontrolle, Formationsstrategien und Truppenführung.

Jäger – schnell, lautlos, tödlich auf Distanz.

Hexer – Nutzer verbotener Magie, auf Kosten von Vertrauen und Reinheit.

Schmied – Erbauer von Waffen und Rüstungen, unverzichtbar für Kriegswirtschaft.

Diplomat – redegewandt und berechnend, in der Lage, Feinde zu Verbündeten zu machen.

Bestienmeister – verbunden mit der Wildnis, kommandiert Kreaturen im Kampf.

Ich zögere nicht lange.

„Hauptklasse: Söldner."

Ein Krieger, der seine Klinge dem Höchstbietenden verkauft. Unerbittlich, erfahren, gefürchtet. Es passt perfekt.

„Nebenklasse: Taktiker."

Ich werde nicht nur kämpfen – ich werde führen. Mein Verstand wird zur Waffe, meine Soldaten zu Klingen meines Willens.

Die KI leuchtete heller. „Söldner und Taktiker. Eine tödliche Kombination. Du erschaffst nicht nur einen Charakter – du legst den ersten Stein einer Legende."

Der Boden unter mir begann sich zu verändern. Der weiße Raum löste sich in Nebel auf.

„Bereite dich vor, André Castor", sagte die KI zum letzten Mal. „Deine Dynastie beginnt jetzt."

Doch bevor ich die Welt betreten konnte, blieb eine letzte Entscheidung.

„Jetzt", sprach die KI, „vergib deiner Dynastie einen Namen. Dieser Name wird dein Vermächtnis tragen. Er wird erinnert werden – oder gefürchtet."

Ich stand still, ließ die Bedeutung dieser Worte auf mich wirken.

Dieser Name war nicht nur Kosmetik. Er würde durch die Länder von Dynastie Online hallen. Auf Bannern erscheinen, in Kriegsberichten, in geflüsterten Lagerfeuergeschichten.

Ich wollte etwas Goblinhaftes. Rau, stolz, alt.

Ogodai.

Der Name kam mir ganz natürlich. Hart und kraftvoll. Der Klang von Eisen und Ehrgeiz.

„Dynastiename: Ogodai", bestätigte ich laut.

Dies war kein Traum mehr.

Es war mein Ziel.

Ich würde Ogodai in das Fundament dieser Welt eingravieren – Stein für Stein, Schlacht für Schlacht.

Und eines Tages würde die Welt vor dem Goblinkönig knien.

Vor mir.

Ich werde eines Tages ein König sein –

Daran besteht kein Zweifel. Es ist meine Entscheidung. Mein Schicksal.

Aber bevor ich Anspruch auf einen Thron erheben kann, muss ich den Ursprung meiner Dynastie wählen.

Wer ich bin und woher mein Blut stammt.

Dynastie Online machte das deutlich: Dies war die nächste Aufgabe.

Ein Hinweis erschien vor mir:

„Beschreibe die Gründungsgeschichte deiner Dynastie."

Ich begann zu schreiben. Meine Finger ruhig, mein Geist klar.

„Die Dynastie Ogodai wurde durch den Hobgoblin Narûn und seinen jüngeren Bruder Kar gegründet.

Zwei Söhne der steinernen Hügel, gehärtet durch Clan-Kriege und endlosen Hunger.

Ihr Traum war einfach: Söldner zu werden – nicht nur für Gold,

sondern um die weite Welt jenseits der Sümpfe und Ruinen ihrer Heimat zu sehen."

Ihre Geschichte war keine von Adel oder gottgegebenem Recht.

Sondern eine von Mut, Ehrgeiz und dem Willen, sich aus der Bedeutungslosigkeit zu erheben.

Ihre Reise begann in Vallegrad, dem großen Handelsstaat.

Ein Ort voller Münzen, Chaos und Möglichkeiten.

Dort wollten sie sich ihren Namen verdienen – nicht durch Geburt, sondern durch Stahl und Strategie.

Die Ogodai sollten in Erinnerung bleiben.

Nicht als Bettler, sondern als Klingen zu mieten.

Und eines Tages … als Herrscher.

Ich blickte zurück zur KI, die mich mit ruhiger Entschlossenheit begleitet hatte.

Aber es gab noch eine letzte Frage.

„Was genau ist meine Aufgabe?", fragte ich.

„Was muss ich tun, um mein Schicksal zu formen?"

Die KI drehte sich zu mir, ihr Ausdruck blieb unergründlich, ihre Präsenz fest und unerschüttert.

Sie zögerte einen Moment, bevor sie antwortete:

„Das", sagte sie leise, „ist für jeden anders. Von Mensch zu Mensch."

Ihre Worte hallten durch die weiße Stille.

„Manche bauen durch Krieg. Andere durch Handel, Politik oder Loyalität. Der Weg zur Macht hat keine Karte – nur Entscheidungen. Und jede zeigt, wer du wirklich bist."

Ich nickte langsam, verstand.

Es gibt keinen einzigen Weg nach vorn. Keine richtige Antwort. Nur meine Entscheidungen würden bestimmen, was aus Ogodai wird.

Und dann begann das Licht um uns zu verblassen –

ein Zeichen, dass die Welt von Dynastie Online nun bereit für mich war.

Bereit, meinen Willen zu prüfen.

Bereit, sich meinen Namen zu merken.

„Und was wird meine Aufgabe sein?", fragte ich erneut, ruhig, aber bestimmt.

Die KI neigte leicht den Kopf, als würde sie mich aus einem neuen Blickwinkel betrachten. Dann lächelte sie – oder etwas, das wie ein Lächeln wirkte. Ein Hauch von Verstehen in ihren sich wandelnden Zügen.

„Du hast sie bereits gewählt", antwortete sie. „Sie wurde in dem Moment festgelegt, als du deiner Dynastie einen Namen gabst."

Eine Pause.

„Überlebe als Söldner in der Stadt Vallegrad.

Meißele deinen Namen in ihre Steine.

Ganz gleich mit welchen Mitteln."

Ihre Stimme wurde tiefer mit diesen letzten Worten. Nicht drohend – aber schwer vor Bedeutung.

„Du kannst mit Ehre handeln. Oder mit Angst. In Stahl, Blut oder Gold. Dem System ist es egal.

Es zählt nur, dass dein Name bleibt."

Ich starrte sie an, ein Funke von etwas Wildem entflammte in mir.

Vallegrad.

Eine Stadt voller Macht, Schatten und wechselnder Loyalitäten.

Das wird meine Feuerprobe.

Und Ogodai – mein Vermächtnis.