POV Spartan
Ich wachte auf.
Im Dämmerlicht des Kerkers, in dem ich hauste – kalt, feucht, steinern. Der Gestank nach Schweiß und rostendem Eisen hing schwer in der Luft, aber das war nicht das, was mich aufweckte.
Es war etwas anderes. Etwas in mir.
Erinnerungen.
Bruchstücke.
Bilder.
Eine Rebellion, die sich erhoben hatte – nach wochenlanger Vorbereitung, aus dem Nichts, aus Feuer und Überzeugung... und dann im Keim erstickt wurde.
Die Gesichter derer, die an mich geglaubt hatten.
Die Schreie. Das Brennen.
Der Klang von Bannern, die zerrissen wurden, noch bevor sie ganz entrollt waren.
War es passiert?
Oder... stand es bevor?
Ich wusste nicht mehr, ob es eine Erinnerung war – oder eine Vision.
Vielleicht beides. Vielleicht das Echo eines Schicksals, das mich längst auserwählt hatte.
Ich starrte an die Decke der Zelle, während meine Gedanken kreisten.
Sollte ich das, was ich gesehen hatte, annehmen?
Sollte ich es geschehen lassen – das gleiche Blut, der gleiche Untergang?
Oder sollte ich es genau anders machen?
Widerstehen.
Den Fehlern der Vergangenheit trotzen.
Ein anderes Feuer entfachen.
Ein leiser Gedanke durchbrach das Schweigen in mir:
Vielleicht war ich nicht hier, um zu siegen.
Vielleicht war ich hier, um es besser zu machen.
Ich hörte die Schritte die auf mich zu kommen und wurde dann dann trotzdem erschreckt vom Wärter.
POV: Der Wärter
Ich gehe langsam, aber beständig durch den Kerker.
Der Gang ist schmal, feucht, die Wände schwitzen.
Jeder Schritt hallt doppelt in der Stille wider – begleitet vom gelegentlichen Keuchen, dem rasselnden Atem der Männer hinter den Türen.
Ich mustere die Zellen, eine nach der anderen.
Jede ein Käfig aus Stahl und Stein.
Jede gebaut, um selbst Götter in Ketten zu halten.
Drinnen: Gladiatoren.
Männer, die einst auf dem Sand tanzten, mit Blut an den Händen und Feuer in den Augen.
Jetzt sind sie nur noch Schatten.
Hunger. Narben.
Und manchmal… dieses Flackern.
Diese Blicke, die einem sagen, dass sie noch nicht gebrochen sind.
Ich bleibe kurz vor einer Zelle stehen.
Nummer 47.
Er sitzt einfach da.
Bewegt sich kaum. Atmet langsam.
Spartan.
Ich hasse diesen Job.
Nicht wegen der Männer hinter den Gittern.
Nicht wegen des Geruchs oder der Hitze oder der Nächte ohne Schlaf.
Ich hasse ihn, weil er mich erinnert, dass ich es nicht geschafft habe.
Dass ich etwas Anständiges hätte tun sollen.
Etwas mit Sinn.
Aber ich wusste nie was.
Nie, wofür ich gemacht bin.
Vielleicht habe ich versagt.
Vielleicht ist das hier mein Urteil.
Nicht ihrs.
Ich gehe weiter.
Ein Schlüssel klimpert leise an meinem Gürtel.
Und ich frage mich, wie es wäre, ihn fallen zu lassen.
Nur aus Versehen.
Ich würde dafür hingerichtet werden.
Ohne Frage.
Kein Prozess, kein Aufschub – nur ein Strick, ein Fall und Stille.
Aber…
Was ist, wenn es nur aus Versehen passiert?
Was, wenn ich den Schlüssel einfach... vergesse?
Was, wenn ich den Blick abwende, nur für einen Moment?
Wenn niemand etwas merkt?
Wenn es einfach geschieht – ohne dass ich es gesteuert habe?
Dann wäre es doch kein Verrat. Oder?
Dann könnte ich gehen.
Einfach gehen.
Ich will nicht viel.
Kein Gold. Kein Ruhm. Keine Heldengeschichte.
Nur ein Pferd.
Ein guter Sattel.
Und ein Weg, der mich fortführt.
Wohin? Keine Ahnung.
Egal.
Hauptsache weg.
Raus aus diesen Mauern.
Raus aus der Fäulnis.
Raus aus mir selbst.
POV Spartan
Ich hörte Schritte.
Langsam. Gleichmäßig.
Nicht wie die stählernen Tritte der Aufseher, die sich wichtig machten.
Nein – das war einer von den Stillen. Einer, der lieber unsichtbar wäre.
Der Wärter.
Er hielt bei meiner Zelle an.
Ich hörte ihn atmen. Und dann... etwas murmeln. Ein Flüstern, zu leise, um es zu verstehen.
Aber ich hörte es nicht zum ersten Mal.
Er redete oft mit sich selbst, wenn er dachte, niemand hörte zu.
Ich hörte den Frust in seiner Stimme. Die Müdigkeit.
Und diese leise Sehnsucht – nach irgendwas anderem.
Vielleicht... könnte ich ihn überzeugen.
Ihn zum Kommen bringen. Zum Mitgehen.
Vielleicht.
Aber nein.
Er war zu... ordentlich.
Pflichtbewusst.
Viel zu sehr damit beschäftigt, nicht zu sterben.
Und das bedeutet hier: gehorchen.
Niemand riskiert den Strick für einen Mann wie mich.
Ein Sklave. Ein Gladiator. Eine Legende, die nicht mehr kämpft.
Ich lehnte den Kopf zurück gegen die kalte Steinwand.
Spürte das Eisen in meinem Rücken.
Und stellte mir vor, wie es wäre, wenn einfach nur die Tür... aufging.
Einmal. Aus Versehen.
Ein Schritt. Ein Schlag. Ein neuer Anfang.
Aber bis dahin...
musste ich durchhalten.
Sonst würde ich hier sterben.
Vergessen.
Und ich war nicht geboren worden, um zu verrotten.
Ich war geboren worden, um zu brennen.
---
POV Spartan
Vielleicht aber auch nicht.
Vielleicht bin ich wirklich nur ein einfacher Sklave.
Ein Mann ohne Namen.
Ohne Rechte.
Ohne Sinn.
Aber das darf nicht sein.
Nicht in meiner Welt.
Denn in meiner Welt – in der, aus der ich kam,
gab es keine Sklaven mehr.
Seit langer Zeit war es verboten.
Ein Relikt dunkler Zeitalter, begraben unter Scham und Geschichte.
Und jetzt?
Jetzt wache ich auf in Ketten.
Umgeben von Mauern.
Bewacht von Männern, die mir jeden Tag sagen, dass ich nichts bin.
Aber ich weiß, dass sie lügen.
Und ich darf nicht aufgeben.
Nicht jetzt.
Ich muss es schaffen.
Ich muss meine Freiheit finden –
selbst wenn ich töten muss, um sie mir zu nehmen.
Nicht aus Hass.
Nicht aus Blutdurst.
Sondern weil es kein anderer tun wird.
Das ist meine Entscheidung.
Die, die ich getroffen habe –
und die ich niemals ändern werde.
Mit allen Mitteln
werde ich die Sklaverei in diesem Land beenden.
Und die Menschheit –
in die Freiheit führen.
---
POV: Der Kerkermeister
Ich sitze in meinem dunklen, kalten Büro.
Tief unter der Arena von Khar-Narûn – der größten Kampfstätte des Imperiums, vielleicht sogar der ganzen Welt.
Ein Tempel aus Blut und Sand.
Die Mauern schwitzen. Die Fackeln brennen träge.
Mein Büro ist klein, aber fest – wie ein Sarg.
Überall hängen Karten, Tafeln, Listen und alte Plakate: Namen und Gesichter von Gladiatoren, die zu Legenden wurden... und längst wieder vergessen sind.
Ich sitze auf einem Stuhl aus dunklem Eisenholz.
Der Tisch vor mir ist aus derselben Art gefertigt – schwer, unnachgiebig.
So wie alles hier.
Vor mir liegen Blätter aus Papyrus, frisch geliefert aus dem inneren Archiv.
Neuzugänge für die Arena.
Die Liste ist lang, aber mein Blick bleibt an einer Stelle hängen.
Nummer 47.
Auch bekannt als Spartan.
Ich runzle die Stirn.
Bei jedem Kämpfer steht der Herkunftsort. Immer.
Ein Muss. Eine Pflicht, die jedem Bürger und jeder Familie im Imperium auferlegt wird.
Aber bei ihm?
Leer.
Kein Geburtsort. Kein Haus. Keine Herkunft.
Nur eine kurze Notiz:
„Ursprünglich als Sklave in den Minen von Tarsan'ul aufgefunden – verlegt nach Arenaeinschätzung, nachdem er einen Mithäftling vor dem Tod bewahrte."
Vor dem Tod bewahrt...
aber dabei zwei Aufseher kampfunfähig gemacht.
Mit bloßen Händen.
Ich lehne mich zurück.
Der Stuhl knarrt.
Wer bist du, Nummer 47?
Ein Irrtum im System?
Oder etwas, das sich nicht einordnen lässt?
Gladiatoren sind leicht zu lesen.
Hass, Wut, Stolz – all das kann man lenken.
Aber bei dir...
Ich kann deinen Blick nicht vergessen.
Nicht wild. Nicht unterwürfig.
Nur... klar.
Zu klar.
Er wird sich nicht ergeben.
Egal was passiert.
Spartan wird sich nicht beugen.
Nicht für Gold. Nicht für Schmerz. Nicht für Leben.
Du kannst ihn nicht brechen.
Und genau das macht ihn so gefährlich.
Ein Mann, den man nicht brechen kann,
ist wie ein Tier,
eingesperrt in einer Ecke.
Still.
Wartend.
Aber in Wahrheit: bereit, alles zu zerreißen.
Ich saß da, in meinem dunklen Büro,
und dieser Gedanke ließ mich nicht los.
Ich lachte leise.
Ein trockener Laut, ohne Freude.
Fast wie Husten.
Ich mache mir zu viele Sorgen.
Und je mehr ich mir Sorgen mache,
desto schlechter werde ich in dem, was ich eigentlich tun soll:
Kontrolle.
Ich habe schon viele Kämpfer gesehen.
Starke. Schnelle. Wilde.
Aber Spartan ist anders.
Er trägt keine Ketten.
Nicht wirklich.
Er trägt eine Entscheidung.
Und so jemand –
ist brandgefährlich.