POV Spartan
Nachdem ich sie noch einen Moment im Arm gehalten hatte,
beugte ich mich leicht vor
und küsste sie sanft auf die Stirn.
Nicht aus Leidenschaft.
Nicht aus Schwäche.
Sondern um ihr zu zeigen,
dass sie in Sicherheit ist.
Ein Zeichen.
Ein stilles Versprechen.
Doch es war mehr als nur Trost.
Es war auch ein erster Schritt –
ein gezielter.
Denn mit diesem Moment wollte ich ihre Aufmerksamkeit gewinnen.
Nicht aus Manipulation.
Sondern, um die ersten Ketten zu lösen,
die sie nie hatte ablegen dürfen.
Und es funktionierte.
Sie atmete ruhiger.
Ihre Schultern sanken ein wenig.
Ein erster Hauch von Vertrauen.
Dann – das Klopfen.
Hart.
Bestimmend.
Ein Soldat trat langsam ein.
Sein Blick war starr,
seine Stimme emotionslos.
> „Mach dich bereit.
Dein zweiter Kampf wartet."
Ich sah ihn nur kurz an.
Dann wandte ich mich zurück zu Nadia.
Sie sah mich an.
Mit Augen,
in denen sich noch Tränen spiegelten –
aber auch etwas anderes.
Sorge. Hoffnung.
> „Viel Glück", sagte sie leise.
Ihre Stimme kaum mehr als ein Hauch.
Ich nickte.
Kurz.
Fest.
Denn ich würde nicht nur für mich kämpfen.
Nicht mehr.
Endlich…
nach all der Zeit in den Minen,
nach den Nächten in der Zelle,
nach Blut, Dreck und Einsamkeit –
muss ich nicht mehr allein sein.
Ich kämpfe nicht mehr nur für mich.
Sondern für jemand anderes.
Langsam beginne ich,
die neue Rüstung anzulegen.
Jedes Teil ist mir fremd –
hart, schwer, ungewohnt.
Ich lasse mir Zeit.
Zu viel vielleicht.
Denn ich habe das noch nie gemacht.
Früher…
da war ich nur Haut und Kette.
Jetzt trage ich etwas,
das schützen soll.
Etwas, das mich trägt.
Ich blicke zu ihr.
> „Nadia", sage ich leise.
> „Ich hoffe… du weißt, wie man das hier anlegt.
Sonst verliere ich den Kampf,
bevor er überhaupt beginnt."
Sie antwortet kaum hörbar:
> „Ja, mein Meister."
Und dann beginnt sie.
Still.
Sicher.
Schicht für Schicht.
Sie legt die Rüstung an wie jemand,
der es unzählige Male getan hat –
nicht aus Ehre,
sondern aus Zwang.
Doch in diesem Moment
wirkt es fast wie Fürsorge.
Nach dieser kleinen Tortur des Geduldspielens
sitzt sie endlich.
Die Rüstung.
Fester als alles,
was ich bisher getragen habe.
Und doch –
leichter.
Ich nicke ihr zu.
Kurz.
Mit einem Blick,
der sagt: Danke.
Ohne Worte.
Dann gehe ich.
Der Soldat wartet.
Ich trete neben ihn.
Und wir setzen uns in Bewegung.
Durch die dunklen, kalten Gänge des Kolosseums.
Wieder.
Aber diesmal anders.
Diesmal gehe ich nicht in den Kampf als ein Werkzeug.
Sondern als jemand, der einen Grund hat.
Jemand,
der beginnt, für mehr zu leben.
Nicht nur für mich.
Nicht mehr.
So denkt ein wahrer Anführer.
Und genau das will ich werden.
Nicht nur kämpfen –
führen.
Verändern.
Ich werde herrschen,
um das zu tun,
was keiner vor mir getan hat:
die Sklaverei verbieten.
Ich schreite langsam weiter.
Die Gänge sind kalt,
schwer aus Stein gebaut,
von flackernden Fackeln beleuchtet.
Das Feuer wirft flüchtige Schatten an die Wände –
wie Geister derer,
die vor mir gefallen sind.
Und dann –
bin ich da.
Wieder.
Am Tor zur Arena.
Der Ort aus Blut und Sand.
Der Ort, der mich töten sollte.
Doch stattdessen hat er mich geboren.
Ich höre sie schon.
Die Menge.
Wie sie tobt.
Wie sie schreit.
Wie mein Name durch den Staub getragen wird.
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POV Arenasprecher
> „Und hier kommt er!
Der Schlächter von Tarsan'ul!
Der Freund jedes Sklaven!
Der Beschützer der Schwachen!
Der Speermeister selbst:
Spartan!"
Die Menge explodiert.
Rufe, Schreie, Stampfen.
Der Sand bebt.
---
POV Spartan
Ich wusste genau,
wann mein Moment kam.
Ich atme tief ein.
Einmal.
Jetzt.
Und dann gehe ich.
Langsam.
Kraftvoll.
Jeder Schritt hallt in der Stille,
die nur für mich existiert.
Ich trete durch das Tor.
In den Sand.
In den Blick der Tausenden.
Nicht als Sklave.
Nicht als Tier.
Sondern als Symbol.
POV Arenasprecher
> „Und nun,
auf der gegenüberliegenden Seite…
ein Wesen, das keine Gnade kennt.
Kein Herz.
Kein Verstand.
Nur Zähne, Klauen – und Tod!"
Die Menge hält den Atem an.
> „Ich präsentiere euch…
den Meister aller Schrecken,
das dreiaugige Ungeheuer,
geboren in den Tiefen der Wüste von Jagandun –
die Löwenbestie!"
Ein donnerndes Grollen erschüttert die Arena,
als das zweite Tor sich öffnet.
Langsam.
Mit schwerem Knarren.
Ein Schatten fällt auf den Sand.
> „Ein Monster,
gezüchtet für den Krieg…
verehrt vom Adel…
geritten von Kaisern…
und nun losgelassen…
gegen Spartan!"
POV Spartan
Das Tor gegenüber öffnete sich langsam,
mit einem Knarren, das wie ein ferner Donner grollte.
Sand tanzte im Licht der Fackeln,
als ein Schatten aus der Dunkelheit trat.
Die Menge verstummte für einen Herzschlag –
und dann begann das Raunen.
Ein Flüstern aus tausend Kehlen.
Furcht.
Erwartung.
Ehrfurcht.
Dann sah ich es.
Die Löwenbestie.
Ein gewaltiges Wesen,
doppelt so groß wie ein gewöhnlicher Löwe.
Breite Schultern,
ein muskulöser Körper,
so mächtig gebaut,
dass selbst die Fesseln des Kaisers schwach wirken würden.
Ihr Fell war von klassischer, goldener Farbe –
glänzend, trotz der Dunkelheit.
Doch ihre Mähne…
dunkel wie verbrannte Erde,
wild und wirbelnd,
als würde der Schatten selbst darin leben.
Drei Augen.
Zwei, wo sie hingehörten –
und eines,
groß und glühend,
in der Mitte ihrer Stirn.
Das dritte Auge starrte direkt in meine Seele.
Es war kein wütender Blick.
Kein Tier, das blindlings töten wollte.
Es war ein Blick,
der verstand.
Majestätisch.
Ruhig.
Intelligent.
Ein Raubtier,
nicht geboren, sondern geschaffen.
Ein Geschöpf der Arena.
Gezüchtet zum Töten.
Und doch –
mehr als nur ein Tier.
Die Menge tobte nun wieder.
Sie wollten Blut.
Schreie.
Spektakel.
Aber ich…
ich sah einen Gegner,
der mehr war als Muskeln und Zähne.
Ich spürte,
dass dies kein Kampf werden würde.
Sondern eine Prüfung.
Und ich war bereit.
Dies war keine Schlacht.
Es war eine Prüfung.
Ein Test, ob ich es würdig war,
ein Monster zu bezwingen,
das selbst von Königen gefürchtet
und von Adeligen geritten wird.
Die dreiäugige Löwenbestie
war nicht einfach ein Tier.
Sie war ein uraltes Symbol des Phönix-Imperiums –
ein Wesen, das man nicht mit Klingen,
sondern mit Willen unterwarf.
Nur wer inneren Ehrgeiz besaß,
eine unerschütterliche Entschlossenheit –
durfte leben.
Alle anderen wurden zerfetzt.
Gefressen.
Vergessen.
Ich wusste,
dieses Wesen würde mich nicht einfach angreifen.
Es würde mich beobachten.
Messen.
Wägen.
Und ich?
Ich würde ihm zeigen,
dass ich mehr war
als nur ein weiterer Krieger im Sand.
Langsam setzte ich einen Fuß vor den anderen.
Nicht hastig.
Nicht ängstlich.
Schritt um Schritt
näherte ich mich der Bestie.
Der Sand unter meinen Füßen knirschte.
Mein Speer ruhte noch,
leicht zur Seite geneigt,
nicht erhoben.
Ich begegnete dem Blick des dritten Auges
mit meinem eigenen.
Ich wich nicht zurück.
Ich atmete nicht schneller.
Ich war da.
Echt.
Unverrückbar.
> „Wenn du mich töten willst,"
flüsterte ich innerlich,
„dann soll es so sein.
Aber ich bin kein Vieh.
Ich bin nicht hier, um zu sterben.
Ich bin hier,
um frei zu sein."
Und ich wusste:
Nur wenn ich es schaffe, dieses Wesen zu beeindrucken –
kann ich überleben.
Oder es beherrschen.
Als die Bestie ihr Maul öffnete,
war die Welt für einen Moment still.
Kein Jubel.
Kein Herzschlag.
Nur das dumpfe Dröhnen meines Schicksals,
das sich schloss wie Kiefer aus Eisen.
Ich wusste: Das war es.
Ein einziger Biss.
Ein Schnappen –
und alles wäre vorbei.
Ich sah die riesigen Fänge,
gelblich, alt,
mit Blut vergangener Krieger getränkt.
Und doch...
ich war nicht traurig.
Nicht wütend.
Nicht einmal enttäuscht.
Nur still.
> Ich habe versagt,
dachte ich.
Ich war wohl nicht der Auserwählte.
Nicht stark genug.
Nicht würdig.
Ich schloss nicht die Augen.
Ich wich nicht zurück.
Ich ließ es zu.
Dann –
kam nichts.
Kein Schmerz.
Kein Riss.
Kein Blut.
Nur... Wärme.
Ein raues, feuchtes Streifen
über mein Gesicht,
mein Hals,
meine Brust.
Die Zunge der Bestie.
Sie hatte nicht zugebissen.
Nicht getötet.
Sondern geleckt.
Wie ein Rudelführer,
der einen neuen Bruder anerkennt.
Langsam schloss sie ihr Maul.
Das dritte Auge blickte mich an.
Nicht wie ein Raubtier.
Nicht wie ein Feind.
Sondern wie ein Spiegel.
Und ich stand noch immer.
Zitternd vielleicht.
Schweiß auf der Stirn.
Aber lebendig.
Die Menge tobte nicht.
Sie war verstummt.
Verwirrt.
Sprachlos.
Denn sie hatten einen Tod erwartet.
Aber was sie sahen...
war eine Wahl.
Ich wurde nicht verschont.
Ich wurde anerkannt.
Als die Menge sah,
was geschehen war –
dieser eine Moment,
dieser Akt des Respekts durch eine Bestie –
wussten sie es.
Ein neues Kapitel war geschrieben worden.
Nicht mit Blut,
nicht mit Triumph,
sondern mit einem Blick.
Einem stillen Pakt zwischen Mensch und Monster.
Ein neuer Champion war geboren.
Nicht erschaffen –
sondern erwählt.
Ich wandte mich ab.
Nicht in Eile.
Nicht im Stolz.
Sondern in Frieden.
Die dreiäugige Löwenbestie setzte sich,
beobachtete mich,
regungslos.
Wie ein Wächter.
Wie ein Verbündeter.
Ich ging durch den Sand,
vorbei an dem Ort,
an dem so viele gefallen waren.
Wo Ruhm und Tod einander begegnen.
Wo der Boden nie trocken ist.
Und ich ging auf das Tor zu.
Das Ende der Arena.
Dort, wo das Blut aufhört.
Wo der Sand kein Gericht mehr ist.
Sondern wieder nur Erde.
Und mit jedem Schritt,
wusste ich mehr:
Dies ist nicht das Ende.
Dies ist der Anfang.