der erste Kampf teil 4

POV Spartan

Als ich den Speer langsam aus der Wunde ziehe,

weiß ich nicht genau,

was ich gerade getan habe.

Ein Teil von mir zögert.

Fragt.

Fühlt.

Doch der andere Teil –

der Teil, der überleben will –

macht weiter.

Ich darf nicht stehen bleiben.

Ich darf nicht nachdenken.

Denn wenn ich es nicht tue,

werde ich sterben.

Also stoße ich zu.

Noch einmal.

Gezielter. Härter.

Ich finde die Lücke –

zwischen Rippe und Rüstung,

zwischen Bewegung und Zweifel.

Und ich schlage zu

wie eine Wespe, die weiß, dass es um alles geht.

Die Speerspitze durchbricht Haut,

Muskel,

und trifft tief.

Das Herz.

Ein ersticktes Keuchen.

Ein Ruck.

Ein Zucken.

Die Welt scheint sich kurz zu drehen,

als würde sie den Atem anhalten.

Ich ziehe den Speer wieder heraus –

mit einem Ruck,

der Blut und Schwere zugleich trägt.

Ein Spritzer trifft den Boden.

Warm. Rot. Schwer.

Verschwindet im bereits getränkten Sand.

Mein Gegner fällt.

Wie ein Stein.

Kein Schrei.

Nur ein dumpfer Aufprall.

Er liegt da.

Verblutet.

Bis selbst das Blut aufhört, zu fließen.

Der erste ist tot.

Ich stehe da,

spüre mein Herz rasen,

meine Hände zittern –

doch ich falle nicht.

Ich richte mich auf.

Hebe den Speer.

Und dann:

Ich schreie.

Laut.

Roh.

Wie ein Mensch,

der zum Symbol wird.

Nicht für den Sieg –

sondern für das,

was noch kommen muss.

Ich höre sie.

Das Volk.

Wie es schreit.

Jubelt.

Sich ergötzt am Leid, das gerade geschehen ist.

Nicht an meinem Sieg.

Nicht an meinem Überleben.

Sondern an seinem Tod.

An dem Blut, das fließt.

An dem Schmerz, den sie nie fühlen müssen.

Und doch…

das ist jetzt ein anderes Problem.

Für einen Moment bin ich einfach nur froh,

dass ich diesen Kampf überlebt habe.

Nicht stolz.

Nicht erleichtert.

Nur…

froh.

Denn in dieser Welt reicht das manchmal schon.

Ein Atemzug mehr.

Ein Schritt weiter.

Ich weiß, was noch kommt.

Ich weiß, dass das nur der Anfang ist.

Aber für diesen einen Moment

bin ich nicht tot.

POV Kerkermeister

Ich wusste es.

Ich wusste genau, dass er gewinnen würde.

Spartan.

Der neue Champion von Khar-Narûn.

Er wird jeden Kampf überleben.

Jeden Gegner bezwingen.

Und mir…

Ruhm und Reichtum bringen.

Mit ihm werde ich steinreich.

Mehr als jeder andere Kerkermeister vor mir.

Ein Gladiator wie er –

eine lebende Goldmine.

Ich blicke über das Publikum.

Sehe, wie sie toben, schreien, jubeln.

Wie sie sich glücklich schätzen,

ihren neuen Champion gesehen zu haben.

Ein Held.

Ein Monster.

Ein Name, der bald auf jedem Marktplatz geflüstert wird.

Dann sehe ich ihn.

Langsam, Schritt für Schritt,

kommt er auf den Tunnel zu.

Er blutet. Er schwitzt.

Aber er zeigt – nichts.

Keine Freude.

Kein Zorn.

Keine Erschöpfung.

Keine Mine.

Als wäre der Kampf nicht der Höhepunkt,

sondern nur ein weiterer Schritt auf einem viel längeren Weg.

Und plötzlich…

bin ich mir nicht mehr sicher,

ob ich ihn wirklich kontrolliere.

Oder ob ich nur ein Bauer bin

in einem Spiel,

das längst begonnen hat.

POV Spartan

Ich gehe langsam zurück.

Schritt für Schritt.

Mein Körper schmerzt,

mein Atem ist schwer,

aber ich halte den Speer noch immer fest in der Hand.

Der Sand klebt an meinen Beinen,

Blut an meinen Knien,

aber mein Blick bleibt ruhig.

Leer.

Ich gehe auf den halbrunden Tunnel zu –

den Eingang zur Dunkelheit,

aus der ich gekommen bin.

Die Menge tobt hinter mir.

Ich höre sie kaum noch.

Nur mein Herz.

Und meine Schritte.

Dann sehe ich sie.

Am Eingang warten sie schon.

Der Kerkermeister.

Zwei Soldaten an seiner Seite.

Schweigend.

Beobachtend.

Ich bleibe nicht stehen.

Ich verlangsame nicht.

Ich gehe direkt auf sie zu –

bereit für das Nächste.

Was auch immer es sein mag.

POV Spartan

Ich gehe langsam und beständig

durch die kalten, dunklen Gänge unseres Bereichs im Kolosseum.

Über mir tobt das Volk.

Das nächste Spektakel.

Ich höre das Echo ihrer Schreie,

vermischt mit dem dumpfen Krachen von Metall auf Metall.

Ein Kampf – vielleicht sogar zwischen zwei Champions.

Die Menge tobt.

Sie schreit einen Namen,

doch hier unten,

in diesem Schattenreich,

ist der Klang nur Lärm.

Ich bin nicht mehr Teil davon.

Noch nicht.

Meine Schritte hallen durch das steinerne Gewölbe,

ruhig, gleichmäßig.

Nicht aus Stolz,

sondern aus Kontrolle.

Dann bin ich da.

Meine Zelle.

Ein Raum aus Stein und Stille.

Und dort,

auf dem groben Steinbett –

ein Geschenk.

Eine Rüstung.

Schwarz.

Aus gehärtetem Leder,

ein Ganzkörper-Satz,

geschmeidig, aber robust.

Kein Prunk. Kein Glanz.

Ein Werkzeug.

Zum Überleben.

Ich trete näher.

Streife mit der Hand über das Material.

Es ist kühl.

Ruhig.

Wie ich.

Ich sage nichts.

Aber ich verstehe die Botschaft:

Du hast überlebt.

Also wirst du erneut kämpfen.

POV Spartan

Ich sitze auf dem Bett.

Still.

Bewegungslos.

Ich warte.

Warte, bis der Kerkermeister mit seinen Soldaten

hinter den letzten Abbiegungen der Gänge verschwunden ist.

Erst dann atme ich wirklich aus.

Keine Freude. Noch nicht.

Denn alles, was man zeigt,

kann benutzt werden.

Gegen dich.

Gegen deinen Willen.

Ich blicke zur Rüstung –

dunkles Leder, robust, fast wie ein zweites Ich.

Ein Geschenk, ja.

Aber auch ein Zeichen.

Ich werde gebraucht.

Ich werde weiter benutzt.

Doch bevor ich sie anlege,

bevor ich mich in diese neue Haut hülle,

muss ich mich erinnern, wer ich bin.

Ich stehe langsam auf.

Der Raum ist eng,

aber ich brauche nicht viel.

Nur meine Atmung.

Mein Gleichgewicht.

Und meinen Schatten.

Ich nehme den Speer –

noch vom Blut getrocknet –

und stelle mich in Position.

Keine Gegner.

Keine Zuschauer.

Nur ich.

Und mein Spiegel.

Denn wenn ich besser werden will,

muss ich zuerst

mich selbst besiegen.

POV Kerkermeister

Ich habe Nummer 47 –

Spartan –

eine Kleinigkeit geschenkt.

Eine neue Rüstung.

Ein Zeichen.

Eine Belohnung für seinen Sieg –

und gleichzeitig ein stiller Hinweis:

„Ich sehe dich. Ich nutze dich."

Er hat nicht nur einen Gegner getötet.

Er hat mir geholfen,

einen meiner rivalisierenden Kerkermeister zu demütigen.

Und das gefällt mir.

Jetzt denke ich darüber nach,

wie ich ihm noch besser schmeicheln kann.

Nicht aus Großzügigkeit.

Nicht aus Respekt.

Sondern um ihn besser zu kontrollieren.

Ich werde ihm etwas geben,

das ihn bindet.

Etwas, das ihn ablenkt, beruhigt –

eine Sklavin.

Eine, die ihn begleitet.

Vor dem Kampf.

Nach dem Kampf.

Im Schatten seiner Zelle.

Und in seinem Bett.

Nicht nur ein Geschenk –

eine Kette mit weichen Händen.

Sie soll jung sein.

Stark.

Schön genug, um seinen Blick zu halten.

Kämpferisch genug, um ihn zu beschäftigen.

Aber formbar.

Still.

Lenkbar.

Noch habe ich mich nicht entschieden,

welches Gesicht ich ihm geben werde.

Aber ich werde es bald tun.

Denn je näher ich ihn an mich binde,

desto mehr wird er glauben,

dass ich auf seiner Seite bin.

Und wenn er das glaubt,

habe ich gewonnen.

POV Spartan

Als es plötzlich an der Tür klopfte,

hielt ich sofort inne.

Kein Atemzug. Kein Laut.

Die Übungen – vergessen.

Meine Konzentration –

wie weggeblasen.

Ich spürte sofort:

Das ist nicht normal.

Also setzte ich mich.

Langsam.

Ganz lässig,

als wäre ich nur am Ausruhen.

Die Haltung eines Mannes,

der nichts zu verbergen hat.

Obwohl er alles im Blick behält.

Ein weiteres Klopfen.

Fester diesmal.

Eindeutiger.

„Herein", sagte ich ruhig.

Fast gleichgültig.

Die Tür öffnete sich.

Und sie trat ein.

Sie.

Eine Frau,

die mit einem einzigen Schritt

die Luft in der Zelle veränderte.

Schönheit –

nicht die gekünstelte Art,

sondern kraftvoll, aufrecht,

selbstbewusst.

Durchtrainiert,

als wäre sie selbst eine Kämpferin.

Kein Blick, der gefallen will –

sondern einer, der prüft.

„Mein Name ist Nadia", sagte sie ruhig.

Keine Spur von Angst.

Keine Spur von Unterwürfigkeit.

Nur Präsenz.

Sie wusste, wie sie aussah.

Und sie wusste, dass ich es bemerkt hatte.

Aber ich sagte nichts.

Noch nicht.

Denn so, wie sie mich musterte –

wusste ich:

Ich bin nicht der Einzige, der beobachtet.

Sie beobachtet mich.

Genau so wie ich sie.

Ihr Blick ist ruhig, geschärft –

und er bleibt an meinem Körper hängen.

Kein Wunder.

Der Schweiß klebt noch an meiner Haut.

Meine Atmung ist kontrolliert,

aber mein Körper verrät,

dass ich gerade noch trainiert habe.

Sie merkt es.

Natürlich merkt sie es.

Aber das ist jetzt egal.

Ich darf mich nicht aus dem Gleichgewicht bringen lassen.

Ich bleibe sitzen,

stütze den Arm locker auf dem Knie ab

und frage sie mit ruhiger Stimme:

„Was willst du hier?"

Keine Drohung.

Kein Misstrauen.

Nur ein klarer Schnitt.

Ihre Antwort kommt sofort.

Ein einziges Wort.

Ein Wort, das in mir kocht.

„Meister."

Ich zucke innerlich zusammen.

Kurz.

Unmerklich.

Aber ich schlucke es runter.

Ich darf nicht reagieren.

Nicht sichtbar.

Sie erklärt es mir sachlich.

Fast mechanisch.

Sie sei ein Geschenk des Kerkermeisters.

Ein Geschenk.

Ein hübsches, diszipliniertes, formbares „Geschenk",

das mich begleiten soll.

Vor Kämpfen.

Nach Kämpfen.

In der Nacht.

Ein Geschenk, das mehr bedeutet:

Eine Garantie.

Nicht für meine Sicherheit.

Nicht für meinen Erfolg.

Sondern dafür, dass ich mich entlade.

Dass ich nicht aufmucke.

Dass ich kontrollierbar bleibe.

Eine Kette mit einem Lächeln.

Ein Lockmittel, verpackt in menschlicher Haut.

Ich sehe sie an.

Lang.

Ohne ein Wort zu sagen.

Und ich frage mich:

Ist sie freiwillig hier?

Oder ist sie genauso gefangen wie ich?