POV Erzähler
> „Dies ist nicht mehr ihr Reich.
Dies ist der Beginn unseres Zeitalters."
Die Worte hallten wie Donner über die Arena von Khar-Narûn.
Sie kamen nicht aus dem Maul eines Kaisers,
nicht aus dem Mund eines Gottes –
sondern von einem Sklaven,
der sich erhoben hatte.
Spartan.
Er saß auf dem Obsidian-Thron –
innerhalb der Mauern,
die einst dazu dienten, ihn zu brechen.
Jetzt waren sie sein Bollwerk.
Sein Symbol.
Neben ihm:
Die Löwenbestie,
seine gezähmte Flamme aus Sand und Sturm,
ruhte still,
wie ein Wächter,
der nur einem Herrscher gehorcht.
Unten in der Arena tobte der Jubel.
Gladiatoren –
einst gebrochen,
jetzt frei –
brüllten seinen Namen.
Nicht als Anführer.
Nicht als Meister.
> Als einer der ihren.
Und dann trat sie hervor.
Nadia.
Langsam,
schritt für Schritt,
näherte sie sich dem Thron.
Ihre Augen glänzten,
nicht vor Tränen,
sondern vor Licht.
Ein neues Licht.
Sie sah ihn an –
diesen Mann,
der einst nichts hatte,
und nun Hoffnung war.
Spartan sah sie ebenfalls.
Still.
Ehrlich.
> Und in diesem Moment wusste sie:
Sie war frei.
Nicht durch einen Erlass.
Nicht durch einen Sieg.
Sondern,
weil er es möglich gemacht hatte.
Nadia trat die letzten Schritte näher,
bis sie vor dem Obsidian-Thron stand.
Vor ihm.
Dem Mann,
der einst nur ein Schatten im Staub war
und nun das Licht einer neuen Zeit bedeutete.
Spartan sah sie an –
mit Ruhe in den Augen
und Feuer im Herzen.
Ohne ein Wort
stieg sie auf den Thron,
setzte sich auf seinen Schoß –
nicht als Dienerin,
nicht als Sklavin –
sondern als freie Frau.
Dann beugte sie sich vor,
legte ihre Hände an seine Wangen
und küsste ihn.
Nicht schüchtern.
Nicht vorsichtig.
Sondern leidenschaftlich.
Mit all der Freiheit,
die sie nie hatte.
Mit all dem Gefühl,
das sie nie zeigen durfte.
Ein Kuss,
der mehr sagte als jede Rede.
Mehr versprach als jedes Schwert.
Unten jubelten die Gladiatoren.
Oben thronte der Sturm.
Und mitten darin:
Zwei Herzen,
die endlich frei schlugen.
POV Ameo
Ich bin frei.
Die Wunde auf meiner Brust pocht,
mit jedem Schritt spüre ich das Brennen.
Aber es stört mich nicht.
Nicht wirklich.
Denn zum ersten Mal in meinem Leben
tut Schmerz nicht weh –
er erinnert.
Er erinnert mich daran,
dass ich noch lebe.
Dass ich selbst lebe.
Ich gehe durch die Gänge von Khar-Narûn,
vorbei an zerbrochenen Türen,
entwaffneten Wachen
und jubelnden Gladiatoren.
Die Arena atmet anders jetzt.
Frei.
Weit.
Mein Ziel ist klar.
Ich brauche jemanden,
der mich zusammenflickt,
bevor ich wieder falle.
> Timotheus.
Der ehemalige Sklavenarzt.
Ein Mann mit goldenen Händen
und einem Blick,
der mehr Narben gesehen hat
als jeder General.
Sie nannten ihn einst
„den Nähmeister von Narûn" –
nicht weil er Worte schön verband,
sondern weil er Haut, Muskeln und Hoffnung
zusammenhalten konnte.
Ich erreiche seine Kammer.
Die Tür steht offen.
Dunkel.
Kühl.
Nach Heilkräutern duftend.
Und Eisen.
> „Timotheus…"
„Ich hoffe, du bist noch da."
„Timotheus..."
Ich sagte es erneut –
diesmal fester,
mit mehr Kraft in der Stimme,
als mein verletzter Körper eigentlich zuließ.
Der Raum blieb still.
Nur das Knistern eines alten Räucherbündels
war zu hören.
Ein Hauch von Lavendel, Eisenkraut…
und getrocknetem Blut.
Dann –
bewegte sich etwas in der Ecke.
Ein Schatten löste sich vom Dämmerlicht.
Langsam,
aber mit einer Eleganz,
die nur die Jahre formen konnten.
Ein alter Mann trat hervor.
Sein Haar war grau,
sein Bart ungepflegt,
aber seine Augen –
die waren scharf.
Messerscharf.
Er trug eine lederne Schürze,
an der unzählige Nadeln, Klammern und kleine Klingen hingen.
Seine Hände waren ruhig,
verfärbt von Heilmitteln und Zeit.
> „Du rufst,
und ich höre."
sagte er ruhig.
> „Was bringt dich zu mir, Ameo –
Pfeil der Dunkelheit?"
Ein schmaler Zug legte sich auf seine Lippen.
Kein Lächeln.
Nur eine Erkenntnis,
als hätte er schon gewusst,
dass ich kommen würde.
„Die Verletzung,
die ich im Kampf gegen Spartan erhalten habe...
die bringt mich zu dir."
sagte ich mit einem leichten Knurren in der Stimme.
Nicht vor Schmerz.
Vor Genervtheit.
Ich war verletzt –
und ich hasste es.
Aber mehr noch hasste ich,
dass er nicht dabei war.
Ich sah ihn direkt an,
wie er da stand,
ruhig, still, fast schon ehrfürchtig
in seinem kleinen Tempel aus Kräutern und Stahl.
> „Diesen Kampf hättest du nicht verpassen dürfen."
„Du hast doch nie einen ausgelassen, Timotheus."
„Nicht einen einzigen."
Ich ließ meine Stimme weicher werden.
Ein Hauch von Wärme.
Denn auch wenn ich zornig war –
ich kannte ihn.
Wir alle kannten ihn.
Und dann –
sagte er nichts.
Aber ich sah es.
Ein kaum sichtbares Zucken an den Mundwinkeln.
Ein Schatten von Lächeln
in seinen alten, müden Augen.
> Jeder Gladiator wusste es:
Timotheus ließ nie einen Kampf aus.
Nie.
Denn das war sein Werk.
Sein Leben.
Seine Mission:
Für uns da zu sein.
POV Timotheus
Ich trat näher an Ameo heran,
während mein Blick die Wunde auf seiner Brust musterte.
Nicht tödlich.
Aber tief.
Eine Narbe, die mehr trug als nur Blut.
> „Ich werde deine Wunde versorgen…
und sie heilen –
wenn du es von mir erwartest."
Meine Stimme war ruhig,
wie ein ruhiger Bach inmitten eines Sturms.
Kein Pathos.
Nur Erfahrung.
Ich sah, wie er leicht den Atem anhielt,
als ich meine Hände hob.
Zitternd.
Alt.
Aber stark genug.
> „Du brauchst keine Angst zu haben."
„Ich habe Dinge zusammengeflickt,
die weitaus schlimmer waren als das."
Ich legte die Finger knapp über die Wunde.
Sie berührten die Haut nicht –
aber ein schwacher Schimmer
von goldener Energie
begann sich an meinen Handflächen zu sammeln.
Heilmagie.
Keine große Gabe.
Keine göttliche Macht.
Aber genug,
um Fleisch zu beruhigen,
Gewebe zu schließen,
und Schmerz…
zum Schweigen zu bringen.
> „Ich habe nie gekämpft,
aber ich war in jedem Krieg."
flüsterte ich leise,
während das Licht in seine Haut sickerte.
> „Und ich habe immer dafür gesorgt,
dass mindestens einer überlebt,
um davon zu erzählen."
POV Spartan
Ich stand langsam auf
vom Obsidian-Thron –
schwarz wie Schatten,
fest wie mein Entschluss.
Neben mir: Nadia.
Meine Begleiterin.
Mein Anker.
Meine Erinnerung daran,
wofür ich all das tat.
Gemeinsam gingen wir durch die Gänge
des ehemaligen Kolosseums Khar-Narûn –
jetzt frei,
aber noch immer kalt,
noch immer von den Schatten alter Schreie durchdrungen.
Ich suchte jemanden.
Einen Mann, der für viele
mehr getan hatte als ein Schwert es je könnte.
Timotheus.
Der Heiler der Arena.
Der stille Retter.
Nicht für meine Wunden.
Sondern für unsere Zukunft.
> Ich wollte ihm ein Angebot machen.
Eines, das er nicht ablehnen konnte.
Eines, das das Rückgrat der Rebellion stärken würde.
Er sollte die nächste Generation ausbilden –
eine neue Linie von Heilern,
die nicht nur Blut stillen konnten,
sondern Hoffnung bewahrten.
Und Magie.
Als wir die Tür zu seinem Raum erreichten,
hörten wir Stimmen.
Zwei Männer.
Einer ruhig.
Der andere… bekannt.
Ameo.
Ich trat näher.
Und sah ihn,
wie er still auf dem Stuhl saß,
den Oberkörper verbunden,
die Stirn konzentriert.
Timotheus beugte sich über ihn,
mit goldschimmernden Händen,
Heilmagie flackerte still zwischen ihnen.
Ich sagte nichts.
Noch nicht.
Denn in diesem Moment
wusste ich,
wir kamen alle aus dem gleichen Grund.
Er, um seine Wunden schließen zu lassen.
Ich, um zu verhindern,
dass neue unversorgt bleiben.
POV Spartan
Ich trat leise ein,
als Timotheus gerade damit beschäftigt war,
Ameos Wunden zu schließen.
Ich sagte nichts.
Beobachtete.
Respektierte die Stille.
Die goldene Heilmagie an seinen Händen
war schwach, aber präzise.
Wie seine Bewegungen.
Jeder Handgriff ein Stück Erfahrung.
Ameo zuckte leicht,
aber man sah ihm an,
dass der Schmerz langsam wich.
Ich blieb im Schatten des Türrahmens,
Nadia einen Schritt hinter mir,
und wartete,
bis Timotheus kurz innehielt
und zu mir aufsah.
Sein Blick war ruhig.
Lesend.
Er wusste,
dass ich gekommen war,
um etwas zu verlangen.
Er nickte leicht,
legte die Hand sanft von Ameos Brust zurück,
und sagte dann in ruhigem Ton:
> „Ich nehme an, du bist nicht hier,
um dich behandeln zu lassen."
Ich antwortete nicht sofort.
Nur ein stummes Nicken.
> „Dann solltest du später wiederkommen…
oder mir fünf Minuten mit ihm geben."
sagte er,
und seine Stimme wurde fester.
> „Denn was auch immer du willst –
es klingt nach etwas,
das man besser unter vier Augen bespricht."