Sumayas Herz hämmerte gegen ihre Rippen, als die zwei massiven Wölfe ihre Blicke auf sie richteten. Sie erstarrte, jeder Muskel in ihrem Körper steif vor Angst. Was nun? Würde sie ihr nächstes Ziel sein? War dies der Moment, in dem sie zu ihrer nächsten Mahlzeit wurde? Jetzt verstehe ich, warum dieser Wald gesperrt war.
Der befreite Wolf machte einen langsamen, bedächtigen Schritt auf sie zu. Sumaya kniff die Augen zusammen und machte sich bereit. Das war's. Ich werde gleich zur Delikatesse eines Wolfes.
Aber anstatt scharfer Zähne, die in ihre Haut drangen, strich etwas Feuchtes und Warmes über ihre Wange. Ihre Augen öffneten sich schlagartig. Der braune Wolf leckte sie ab.
Okay... was passiert hier gerade? Ein nervöses, unbeholfenes Kichern entwich ihren Lippen, bevor sie es aufhalten konnte. Sie wusste nicht, ob sie erleichtert oder noch verängstigter sein sollte.
Kostet er mich, bevor er zubeißt? Testet er erst den Geschmack?
Sumaya saß steif auf dem Boden und wagte es nicht, einen Muskel zu bewegen. Bleib einfach still. Vielleicht denken sie, du bist schon tot und verlieren das Interesse. Wölfe fressen kein lebloses Fleisch, oder? Oh, wen will ich hier anlügen? dachte sie und spürte den Stich aufkommender Tränen.
Der braune Wolf schnüffelte an ihr, seine feuchte Nase streifte ihren Arm. Großartig, jetzt prüft er, ob ich gut genug zum Fressen rieche. Worauf habe ich mich da nur eingelassen?
Bevor sie weiter in Panik geraten konnte, durchschnitt ein scharfes Bellen den Moment.
Ihr stockte der Atem, als der schwarze Wolf – derjenige, der die Jäger in die Flucht geschlagen hatte – ein tiefes, grollendes Knurren ausstieß. Seine durchdringenden goldenen Augen fixierten den anderen Wolf, brennend mit etwas Unlesbarem. Der braune Wolf wich sofort von Sumaya zurück, fast so, als wäre er zurechtgewiesen worden.
Sumaya hatte kaum Zeit, dies zu verarbeiten, bevor der goldene Blick des schwarzen Wolfes zu ihr wanderte. Sie spürte, wie ihr der Atem stockte.
Es lag etwas Faszinierendes in seinen Augen – tief, intensiv und voller Geheimnisse, die sie gerne entschlüsseln würde. Sie waren nicht nur golden; sie schimmerten, fingen das Licht auf eine Weise ein, die sie das Gefühl gab, hineingezogen zu werden, hilflos in ihre Tiefen zu sinken, als könnten sie sie ganz verschlingen.
Und aus irgendeinem Grund... hätte sie nichts dagegen, für immer in sie zu starren.
Für einen Moment vergaß sie, Angst zu haben. Der schwarze Wolf machte langsame, bedächtige Schritte auf sie zu. Sie überlegte, den Atem anzuhalten. Vielleicht würde sie noch lebloser wirken, wenn sie nicht atmete. Aber dieser Wolf... er schien nicht darauf hereinzufallen.
Er blieb nur wenige Zentimeter vor ihr stehen und neigte seinen massiven Kopf leicht, als würde er sie studieren. Dann, zu ihrem absoluten Entsetzen, lehnte er sich noch näher heran.
Sumaya spürte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich. Das war's. Der Große will den ersten Bissen. Aber stattdessen – seine heiße Zunge strich über ihr Gesicht. Wieder. Und wieder. Er leckte sie ab.
Was zum gigantischen Wolf passiert jetzt?
Sie saß erstarrt, steif wie ein Brett, während der riesige schwarze Wolf seinen unerwarteten Angriff mit seiner Zunge fortsetzte und ihr Gesicht mit Sabber bedeckte. Planen sie, mich zu Tode zu lecken oder was?!
Als sie nicht reagierte, stieß der schwarze Wolf ein tiefes, trauriges Wimmern aus.
Der Klang erschreckte sie. Er trug eine unerwartete Traurigkeit – fast flehend – und rührte etwas tief in ihrer Brust. Dann, zu ihrem völligen Unglauben, legte der schwarze Wolf seinen massiven Kopf auf ihren Schoß.
Sie versteifte sich noch mehr. Er stupste ihre Hand mit seiner kalten Nase an und ließ ein weiteres kleines Winseln hören. Sumaya schluckte schwer. Bittet er mich... ihn zu streicheln?
Sumaya zögerte, ihre Finger zuckten. Langsam, vorsichtig streckte sie die Hand aus und berührte den Kopf des Wolfes, streifte kaum das weiche Fell.
In dem Moment, als ihre Finger in sein dichtes Fell eintauchten, lief ein Schauer über ihren Rücken. Das Fell war unglaublich weich, wie die glatteste Seide über dicker, plüschiger Wärme. Es war dicht und doch wolkenartig, ihre Fingerspitzen sanken so mühelos ein, dass es fast unwirklich wirkte. Wärme strahlte vom Körper des Wolfes aus, und aus irgendeinem Grund tröstete sie diese Wärme.
Der Wolf wurde sofort munter, sein Schwanz wedelte ganz leicht. Er stieß ein zufriedenes Schnauben aus und stupste sie erneut an, als wolle er sie ermutigen, weiterzumachen. Sumaya zuckte bei der plötzlichen Bewegung zusammen, aber der Wolf ließ nur ein weiteres trauriges Wimmern hören.
Nach einem Moment schluckte sie ihre Angst hinunter und tätschelte erneut seinen Kopf. Diesmal blieb der Wolf still, schloss seine goldenen Augen, während sie mit den Fingern durch sein dichtes Fell fuhr.
Ein tiefes, zufriedenes Grollen vibrierte in der Brust des Wolfes. Sie streichelte seinen Kopf fester und glättete das Fell zwischen seinen Ohren. Dort war es noch weicher, wie Samtfäden, die zwischen ihren Fingern glitten. Das Gefühl war beruhigend, seltsam angenehm, und sie ertappte sich dabei, wie sie gedankenverloren Muster in sein Fell zeichnete.
Der Wolf schmolz förmlich unter ihrer Berührung dahin, drückte seinen riesigen Kopf gegen ihre Hand wie ein übergroßer Welpe. Sumaya konnte nicht anders – sie lachte.
"Bist du nicht ein braver Junge?" murmelte sie, ihre Stimme noch immer zittrig, als würde sie einen normalen Hund streicheln und nicht einen Wolf von der Größe eines kleinen Pferdes.
Der Wolf antwortete, indem er ihr Gesicht erneut ableckte. Sie kicherte, die Anspannung in ihrer Brust löste sich. "Ja, ja, ich habe deinen Freund gerettet," sagte sie amüsiert. Der Wolf neigte den Kopf und bellte verspielt.
"Okay, gut, wir haben ihn gemeinsam gerettet," sagte Sumaya, als würde sie verstehen, was der Wolf sagte.
Der Wolf leckte erneut ihr Gesicht ab und entlockte ihr weiteres Kichern. Wärme breitete sich in ihrer Brust aus, ein seltsamer, aber willkommener Kontrast zu der Angst, die sie noch vor Momenten verspürt hatte. Die Art, wie der Wolf sich an sie schmiegte, Trost suchte, sie suchte – es war anders als alles, was sie je erlebt hatte. Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sie sich... gewollt.
Ein scharfes Bellen des braunen Wolfes unterbrach den Moment. Der schwarze Wolf zog sich sofort zurück, seine Ohren zuckten. Sumaya runzelte die Stirn, als die beiden Wölfe Blicke austauschten. Der braune Wolf neigte leicht den Kopf, als würde er warten.
Der schwarze Wolf ließ ein kleines Winseln hören, bevor er zurücktrat. Ohne einen weiteren Laut drehten sich die beiden Wölfe um und sprangen in den Wald, verschwanden zwischen den dichten Bäumen.
Sumaya saß da, benommen. Was... ist gerade passiert? Ihr Verstand kämpfte damit, alles zu verarbeiten, was gerade geschehen war.
Dann – die Realität traf sie mit voller Wucht. Es war bereits spät in der Nacht. "Oh, Scheiße!" keuchte sie und sprang auf die Füße.
Sie griff nach ihrem heruntergefallenen Rucksack und schüttelte den Schmutz ab. Mit einem letzten Blick in die Richtung, in die die Wölfe verschwunden waren, drehte sie sich um und rannte los.
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Die beiden Wölfe jagten durch den dichten Wald, ihre kräftigen Glieder trieben sie mit müheloser Geschwindigkeit voran.
Blätter raschelten und Zweige knackten unter ihren Pfoten, während sie sich durch das Gelände bewegten, ihre Muskeln spannten und entspannten sich wie straff gespannte Federn.
Nach mehreren Minuten des Laufens erreichten sie eine abgelegene Lichtung, wo eine große Sporttasche zwischen den knorrigen Wurzeln einer uralten Eiche ruhte. Mondlicht filterte durch das Blätterdach und warf gesprenkelte Schatten auf den Boden.
Ohne zu zögern trat der braune Wolf zuerst vor, seine Brust hob und senkte sich von der Anstrengung. Sein Körper begann zu zittern, Muskeln kräuselten sich unter seinem dichten Fell, als die Verwandlung ihn überkam.
Ein tiefes, knochenerschütterndes Knacken hallte durch die stille Nacht, als sein Rückgrat sich streckte, Gliedmaßen verlängerten sich mit grotesker Flüssigkeit. Fell zog sich in seine Haut zurück wie Wasser, das sich vom Ufer zurückzieht, Krallen zogen sich in schlanke, menschliche Finger zurück. Seine Schnauze verkürzte sich, formte sich zu einem jugendlichen Gesicht, scharf und auffällig, mit einem Mund, der nun frei von tödlichen Reißzähnen war.
In wenigen Augenblicken stand dort, wo einst der Wolf gestanden hatte, nun ein Junge – gutaussehend und schlank, etwa sechzehn oder siebzehn Jahre alt. Sein zerzaustes braunes Haar fiel leicht über seine Stirn und umrahmte scharfe, wachsame Augen von tiefem Braun. Sein Atem kam in abgehackten Zügen von der Verwandlung, aber seine Haltung blieb fest, unerschütterlich.
Neben ihm folgte der schwarze Wolf seinem Beispiel. Seine Verwandlung war ebenso fließend – nur intensiver. Schatten schienen fast an ihm zu haften, als sein kräftiger Körper sich verzerrte, das dichte, pechschwarze Fell löste sich in glatte, gebräunte Haut auf. Seine Ohren rundeten sich zu menschlicher Form, seine goldenen Augen – jetzt in menschlicher Form noch faszinierender – blieben in einem durchdringenden Blick fixiert.
Hochaufgerichtet strahlte der frisch verwandelte schwarzhaarige Junge eine einschüchternde Präsenz aus. Er war mehr als gutaussehend, mit gemeißelten Zügen und einem markanten Kiefer, seine goldenen Augen brannten vor Intensität. Obwohl er und sein Begleiter wie Altersgenossen aussahen, forderte seine bloße Aura Autorität.
Ohne ein Wort schritt der schwarzhaarige Junge auf die Sporttasche zu und riss sie mit einer Kraft auf, die an Gewalt grenzte. Das Geräusch des Reißverschlusses, der durch die Stille schnitt, war so scharf wie sein Blick. Er wühlte aggressiv darin herum, griff nach Kleidung und warf sie dem braunhaarigen Jungen zu, der sie mühelos und ohne Beschwerde auffing.
Beide begannen sich schnell anzuziehen, die Lichtung war nur mit dem Rascheln von Stoff erfüllt. Der braunhaarige Junge bewegte sich mit geübter Leichtigkeit, schlüpfte mit ruhiger Effizienz in seine Kleidung. Im Gegensatz dazu waren die Bewegungen des schwarzhaarigen Jungen starr, voller kaum gezügeltem Zorn. Seine Finger zogen sein Hemd über den Kopf, Muskeln spannten sich unter dem Stoff. Er zwängte seine Beine mit aggressiver Kraft in seine Hose, sein Kiefer war angespannt, als wäre das Anziehen selbst ein Kampf.
Die Stille zwischen ihnen war dick, beladen mit unausgesprochener Spannung. Sie dehnte sich straff, bis schließlich der braunhaarige Junge – jetzt vollständig angekleidet – näher trat. Sein Begleiter kniete und schnürte seine Stiefel mit einer Heftigkeit, die von tieferen Frustrationen sprach.
Nach kurzem Zögern sprach der braunhaarige Junge endlich, seine Stimme sanft, aber klar in der Stille.
"Was sollte das alles, Eure Hoheit?"