Die echte Cassandra

Sebastian~

Sechs Stunden früher

Ich saß allein da, meine Finger trommelten gegen mein Knie, gekleidet in meinen liebsten schwarzen dreiteiligen Anzug – mit Seidenrevers, goldenen Manschettenknöpfen, ohne eine einzige Falte. Dennoch fühlte ich mich innerlich wie ein Wrack.

Ich hatte das Blut im Kristallglas neben mir kaum angerührt. Vintage AB-negativ, direkt aus unseren Laboren in den Alpen importiert. Geschmeidig, süß, mit einer Spur von Würze. Es schmeckte wie Asche auf meiner Zunge.

Luca und Amelia waren noch immer auf der Suche. Jede Sekunde, die ohne Neuigkeiten verstrich, zog die Schraubzwinge in meiner Brust fester zu. Cassandra – nein, Brielle – war noch da draußen. Und wenn sie wirklich sie war, dann würde alles, was ich zu wissen glaubte, wie ein misslungenes Soufflé in sich zusammenfallen.

Die Lounge war totenstill – bis ein leises, fast entschuldigendes Klopfen die Stille durchbrach.