Wer ist es?

Was wird er sagen?

Die Luft fühlte sich immer schwerer an, je näher ich der Tür kam. Die Vorstellung, was er sagen würde, wurde mit jedem Schritt schlimmer. Ich nahm die kühle, vergoldete Türklinke fest in meine Hand, als hinge mein Leben an ihr, und drückte sie runter. Die Tür ging mit einem scharfen Klack auf. Das Licht vom Flur schwamm durch den kleinen Spalt in meinen Raum hinein. Das Licht wurde immer stärker, bis die Tür ganz auf war. Der Flur war in ein oranges Licht eingeschlossen, das mich so blendete, dass ich fast nichts sehen konnte. Doch in nur einem kleinen Moment gewöhnten sich meine Augen an die helle Abendsonne. Die Silhouette meines Vaters stand da , mit einem großen Grinsen im Gesicht.

„Was ist meine Strafe?“, murmelte ich so leise, dass ich selbst es nur gerade so hören konnte.

Der Ausdruck in seinem Gesicht änderte sich zu einem nachdenklichen.

Nach einer unangenehm langen Stille sagte er:

„Welche Strafe nehme ich?“

Ich schaute ihn genau an.

„Was für eine Strafe! Du bist zehnmal so gut gewesen, wie ich erwartet habe!“

„Wie wenig hast du denn bitte von mir erwartet, dass es zehnmal so gut war?“, antwortete ich.

Mein Körper entspannte sich, als ich realisierte, dass ich keine Strafe bekommen würde.

„Hast du dich gut ausgeruht? Denn wir verabschieden jetzt unsere Gäste.“ Die letzten paar Worte spuckte er mit so einem Ekel aus, als wäre es das Schlimmste auf der Welt. Ich trat aus dem Türrahmen heraus und folgte meinem Vater durch den Flur, der mit meinem Zimmer verbunden war und einen knallroten Teppich hatte, der den Weg zeigte , und immer breiter wurde, je weiter er von meinem Zimmer weglief, wo er spitz zulief.

Die Treppe nach unten war beim Runtergehen etwas steil, aber sonst war alles, wie man es sich wünschen konnte.

Die kühle Luft im unteren Stockwerk zog mir regelrecht die Wärme aus dem Körper. Als ich die Treppe herunter war, gingen wir direkt zur Tür. Die sandsteinfarbenen Steine ergänzten perfekt die dunkelblaue Tür, die uns von der Außenwelt isolierte.

Er hob nur seine Hand, und die Tür ging auf wie von Magie.

War ja auch welche.

Eine angenehme Brise glitt hinein und wir gingen nach draußen.

Kurz nachdem das Treffen zwischen seinem Vater und Maystella, der Blitzbeherrscherin, vorbei war:

„Meister, warum haben Sie mich gegen ihn kämpfen lassen? Meister weiß doch, dass ich gewinnen würde!?“, fragte Zumi.

„Ich habe dich genommen, weil du gewinnen würdest ,ohne ihn komplett zu zerstören“, sagte Maystella und schaute dann mit einem beschuldigenden Blick zu Drasil, der daneben stand und beleidigt wegschaute.

„Ich würde ihn nicht komplett zerstören. Solange ich meine Blitzmagie nicht anwende, habe ich diese Kraft noch nicht. Du hast doch gesehen, wie er gekämpft hat, obwohl du…“, er blickte in Richtung Zumi, „…Magie benutzt hattest.“

„Aber du hast doch selber gegen ihn gekämpft und gewonnen ,ohne Magie zu benutzen!?“, sagte deren Meister fragwürdig.

„Ja, aber da war er irgendwie anders. Er war mehr defensiv, schlampiger in seinen Schwüngen, und er hatte eine ganz andere Aura um sich , als wüsste er nicht, was er machen soll. Deshalb denke ich, dass ich ihn in seiner vollen Kraft, ohne Magie, nicht einfach so hätte besiegen können.“

„Wir werden auf jeden Fall gleich abfahren. Denn wie der Mann gesagt hat, haben wir Probleme mit den Orks, und wir brauchen bestimmt ein paar Tage, bis wir wieder da sind und uns auf einen Großangriff vorbereiten können.“

„Und wie sein Vater auch gesagt hat, brauchen wir dabei außenstehende Hilfe.“sagte Drasil .

„Genau deshalb brauchen wir noch mehr Zeit, um außenstehende Hilfe zu bekommen.“

„Aber die brauchen wir doch gar nicht mehr zu suchen. Wir brauchen ja nur jemanden, der Mana kontrollieren kann.“

Alle schauten ihn mit einem riesigen Fragezeichen an.

„Ach, und wer soll das denn sein? In dieser Stadt gibt es doch gefühlt nur einen, der das kann – und der muss auf seine Villa und seinen Sohn, der nichts kann, aufpassen“, sagten die beiden fast im Chor.

„Hast du etwa jemanden mit deinem Blessing gefunden, der Mana manipulieren kann? Wer ist es?“, fragte Maystella hektisch.

„Du kennst ihn schon. Er hat es gerade erst erlernt , also erwarte nicht viel…“

„Wer ist es!?“, fragte sie.

„Du wirst es schon sehen.“

Ein paar Minuten später, vor der Villa:

„Wann können wir endlich gehen, Meister?“, fragte Zumi.

„Wenn ich weiß, wer diese Person ist“, sagte sie und sah genervt zu Drasil hinüber, der mit einem gerade so zusammengekniffenen Lachen dasaß.

Die orangene Sonne, die sein grünes Haar mit einem warmen Schein überzog, tauchte langsam am Rand der Welt unter. Die Welt lag friedlich da. Das Kreischen der Möwen, das zwischendurch zu hören war, war das Einzige, das diesen Frieden durchbrach.Es war angenehm.Bis plötzlich das Quietschen des dunkelblauen Haupttores diesen endgültig zerbrechen ließ , und ihn zusätzlich noch zerschmierte , als Drasil sagte:

„Da ist unser frischer Mana Maniepulierer .“

„Was? Wer ist es?“, fragten Zumi und Maystella.

Sie schauten sich um, doch sahen niemanden außer einen Butler neben dem Vater, den Vater , und Fremocy.

„Perfekt, den Butler müssen wir einfach nur mehr bezahlen als die da“, sagte Maystella.

„Nein, doch nicht der!“, sagte Drasil, als hätte sie etwas komplett Falsches gesagt.

„Wer denn sonst?“, fragte Zumi.

Drasil schaute sie mit einem enttäuschten Gesicht an.

„Ist es nicht klar, wen ich meine ?“