KAPITEL 2

"Natürlich werden wir das tun," sagte Raymonds Vater mit einem entschlossenen Nicken, sein Ton war bestimmt.

In diesem Moment wurde Maria Callums Lächeln breiter, obwohl es an Wärme mangelte. "Wann immer Sie bereit sind, lassen Sie es uns einfach wissen," antwortete sie und winkte abweisend mit der Hand, als ob es eine Angelegenheit von geringer Bedeutung wäre.

Mr. Callum, still und distanziert, drehte sich um und ging ohne ein Wort weg, seine schweren Schritte hallten durch den Raum.

Seine Gleichgültigkeit überraschte Valentina nicht. Wenn überhaupt, verstärkte es die Wahrheit, die sie akzeptiert hatte – sie war für sie jetzt nichts mehr als eine Transaktion.

Als sich der Raum in eine unangenehme Stille hüllte, brach in der Nähe der Treppe ein Tumult aus.

Valentina drehte sich gerade rechtzeitig um, um zu sehen, wie die Dienstmädchen mit ihren Habseligkeiten im Schlepptau herabstiegen.

Der Anblick verursachte einen Stich in ihrer Brust, obwohl sie diesen Moment erwartet hatte.

"Val!" Lucas Stimme durchbrach die Spannung, seine kleine Gestalt stürmte wie ein Wirbelwind der Emotionen auf sie zu.

Seine weiten, tränengefüllten Augen schauten zu ihr auf, seine Hände klammerten sich an ihr Kleid.

"Du hast gesagt, du würdest morgen gehen! Warum gehst du so früh?"

Valentina kniete nieder, um seinem Blick zu begegnen, ihre behandschuhten Hände strichen sanft durch sein Haar.

Sie hatte auch gedacht, sie würde morgen gehen, aber Maria hatte offensichtlich andere Pläne gemacht. Je früher sie aus dem Haus war, desto besser für alle.

"Es tut mir leid, Luca," sagte sie leise, ihre Stimme schwer vor Schuld. Sie blickte kurz auf und fing Marias scharfen, wachsamen Blick auf. 'Sie will, dass ich heute gehe,' dachte Valentina. 'Und ich will auch gehen. Dies ist nicht mehr mein Zuhause.'

Maria trat vor, ihre Hand ruhte fest auf Lucas Schulter. "Sie geht nicht für immer," sagte Maria, ihr Ton beruhigend, aber bestimmend.

"Valentina geht heute nur mit ihrem Ehemann. Sie ist jetzt offiziell verheiratet. Sie kann uns besuchen, wann immer sie möchte."

Aber die Worte beruhigten Luca kaum. Tränen strömten über seine Wangen, während er sich an Valentina klammerte, seine kleinen Hände hielten sie fest. "Versprich mir, dass du morgen kommst! Bitte, Val!"

Valentinas Kehle verengte sich, als sie sich zwang zu lächeln.

"Wenn ich die Möglichkeit habe, werde ich kommen," sagte sie, ihre Stimme war trotz des Schmerzes in ihrer Brust ruhig.

In diesem Moment schniefte Luca, sein Griff lockerte sich, als die Dienstmädchen näher kamen.

"Versprichst du es?"

"Ich verspreche es," sagte sie leise, obwohl sie nicht sicher war, ob sie es halten konnte.

Auf Marias Signal hin lösten die Dienstmädchen Luca sanft von ihr.

Sofort arbeiteten die anderen Dienstmädchen schnell und trugen Valentinas Besitztümer hinaus, wo Raymond und seine Familie warteten.

Jeder Gegenstand, der beim Auto abgestellt wurde, fühlte sich an, als würde ein weiteres Stück ihres Lebens weggerissen, aber Valentina blieb still, ihre behandschuhten Hände ruhten leicht vor ihr, während sie an der Tür stand.

Maria Callum ging ihnen nach, ihr einstudiertes Lächeln an Ort und Stelle. "Valentina," sagte sie, ihr Ton glatt, fast einstudiert. "Hab ein schönes Leben."

Valentina nickte, antwortete aber nicht. Es gab nichts mehr zu sagen. Als sie sich umdrehte, um Raymond und seiner Familie zu folgen, durchbrach das Geräusch eines Automotors die angespannte Stille.

In diesem Moment fuhr ein teurer Mercedes in die Einfahrt, seine polierte Außenseite glänzte im Sonnenlicht.

Das an der Seite eingravierte Wappen der Callum-Familie verstärkte nur seine Aura der Wichtigkeit.

Die Tür öffnete sich, und Chloe Callum stieg aus, ihre Designer-Absätze klackerten auf dem Pflaster, während ihr Ehemann, Liam Zachary, dicht hinter ihr folgte.

Chloes Ausdruck war eine Mischung aus Entschuldigung und erzwungener Fröhlichkeit, ihr Blick huschte kurz zu Valentina, bevor sie ihre Aufmerksamkeit auf Maria richtete.

"Entschuldigt die Verspätung," sagte Chloe, ihre Stimme leicht und unbeschwert, als ob sie bei einer gesellschaftlichen Zusammenkunft ankäme und nicht bei der Verabschiedung ihrer Stiefschwester.

Sofort trat Liam vor und zog einen braunen Umschlag aus seiner Jackentasche.

Er ging direkt auf Raymond zu und reichte ihm den Umschlag mit einem selbstbewussten Lächeln.

"Dies ist die Rechnung über hunderttausend Dollar, wie versprochen."

Valentina versteifte sich. Unter den Schichten von Schals, die ihr Gesicht bedeckten, verdunkelte sich ihr Ausdruck, Scham überflutete sie wie eine Welle. Die Demütigung nagte an ihr, aber ihr Gesicht blieb unleserlich, verborgen vor den Blicken.

In diesem Moment wanderte Raymonds Blick vom Umschlag zu Liam, seine geröteten Augen verengten sich leicht.

Die Spannung zwischen ihnen war greifbar, die Luft dick mit unausgesprochenen Worten.

Schließlich sprach Raymond, seine Stimme leise, aber fest.

"Wir brauchen das Geld nicht," sagte er, sein Ton ließ keinen Raum für Diskussionen.

"Ich brauche nicht das Geld eines anderen Mannes, um für meine Frau zu sorgen."

Er griff nicht nach dem Umschlag, seine Hände blieben an seinen Seiten.

Raymonds Worte hingen in der Luft, das ruhige Selbstvertrauen in seinem Ton tat wenig, um die Spannung zu verbergen, die sich zwischen ihm und den Callums aufbaute.

Sofort tauschten Chloe und Liam schnelle Blicke aus, ihre Lippen zuckten mit kaum verborgenem Amüsement. Aber unter ihren erzwungenen Grinsen verdunkelten sich ihre Ausdrücke, Schatten von Irritation schlichen sich ein.

Chloe trat vor, ihre Absätze klackerten scharf auf dem Pflaster. Ihre Stimme war glatt, aber es lag eine scharfe Kante in ihren Worten.

"Hast du den Vertrag überhaupt gelesen, Raymond?"

Raymond antwortete nicht sofort, seine geröteten Augen ruhig, als sie Chloes trafen.

Sie verschränkte die Arme und atmete dramatisch aus, als ob sie etwas Offensichtliches einem Kind erklären würde.

"Der Vertrag macht es sehr deutlich. Die Callum-Familie ist nicht mehr für Valentina verantwortlich. Ihre medizinischen Behandlungen, ihr Wohlbefinden – das liegt jetzt alles bei dir. Soweit es diese Familie betrifft, ist sie keine Callum mehr."

Ihre Worte fühlten sich wie Dolche an, aber Valentina blieb still, ihr Gesicht unter ihrem Schal verborgen. Nur ihre leuchtend blauen Augen verrieten den Funken Schmerz, den sie fühlte.

Wieder stupste Liam Chloe an, reichte ihr den braunen Umschlag, und sie wandte sich wieder Raymond zu, ihre Stimme jetzt kälter.

"Dies ist das einzige Geld, das du jemals von den Callums bekommen wirst. Denk nicht für eine Sekunde, dass wir versuchen, dich zu testen oder was auch immer für einen Unsinn du dir eingeredet hast. Valentina ist für diese Familie seit über einem Jahrzehnt praktisch nutzlos gewesen."

In diesem Moment streckte sie den Umschlag in seine Richtung, ihr Lächeln scharf und hohl.

"Wir lassen sie nur auf ehrenvolle Weise gehen."

Jedoch huschten Raymonds Augen zum Umschlag, aber er machte keine Anstalten, ihn zu nehmen. Stattdessen kam seine Stimme leise und gleichmäßig, schnitt durch die Spannung wie eine Klinge.

"Ich brauche nicht das Geld einer anderen Person, um für meine Frau zu sorgen," sagte er wieder fest. Dann, mit einem Hauch von Spott, fügte er hinzu: "Und außerdem sind hunderttausend Dollar nichts. Ich kann einen so kleinen Betrag nicht annehmen."

Als sie Raymonds Worte hörte, erstarrte Chloe, ihre Hand hielt immer noch den Umschlag. Für einen Moment konnte sie nicht sprechen, ihr Verstand raste, um zu verarbeiten, was sie gerade gehört hatte. Ihr Schock verwandelte sich schnell in Unglaube, ihre Lippen öffneten sich, als ob sie etwas sagen wollte, aber keine Worte kamen.

Sie hatte Raymond persönlich dafür ausgewählt.

Sein Profil zeigte einen Mann, der unter einer Brücke lebte und mit seiner Familie ums Überleben kämpfte.

Er sollte verzweifelt sein, dankbar für alles – sogar für die Chance, Valentina zu heiraten und das Geld zu beanspruchen.

Doch hier stand er, lehnte hunderttausend Dollar ohne zu zögern ab, als wäre es Kleingeld, wie er behauptete.

Wie zum Teufel könnte jemand wie er hunderttausend Dollar ablehnen? Sie hatte erwartet, dass Raymond sich vor ihr verbeugen und sogar ihre Füße küssen würde, weil sie ihm die Chance gab, das Geld zu beanspruchen. Sie konnte nicht verstehen, warum ein Obdachloser so unsinnig klang?

Chloes perfekt manikürte Finger zuckten, ihr anfänglicher Drang, über Valentina zu lachen, löste sich unter dem Gewicht von Raymonds unerwarteter Herausforderung auf.

Sein ruhiges Selbstvertrauen hatte sie aus dem Gleichgewicht gebracht, und zum ersten Mal seit Jahren fand sie sich nach Kontrolle in einem Gespräch greifend.

Mit einem erzwungenen Lächeln räusperte sie sich, trat zurück und steckte den braunen Umschlag in ihre kleine Designer-Tasche.

"Gut," sagte sie kühl, ihr Ton bewusst gleichgültig. "Wenn du so fühlst."

Dann verlagerte sie ihre Aufmerksamkeit auf Valentina, ihre Absätze klackerten zielstrebig, als sie die Distanz zwischen ihnen schloss. Ihr Gesicht wurde weicher zu einem gespielten Ausdruck der Besorgnis, obwohl ihre Augen mit einer scharfen, beißenden Grausamkeit glänzten.

"Nun, Valentina," begann sie, ihre Stimme triefte vor geheuchelter Süße, "Ich nehme an, dies ist ein Abschied." Sie pausierte, ihre Lippen krümmten sich zu einem selbstgefälligen Lächeln. "Ich möchte dir jedoch danken. Dafür, dass du mir den Weg freigemacht hast. Du hast mir einen solchen Gefallen getan, weißt du. Jetzt kann ich endlich Liam Zachary heiraten, den jungen Herrn der Familie Zachary."

Sie drehte sich dann leicht und blickte zu Liam, der ein paar Meter entfernt stand, seine Hände lässig in den Taschen.

"Wusstest du, Valentina," fuhr Chloe fort, ihr Ton gewann an Schärfe, "die Familie Zachary ist jetzt über fünf Milliarden Dollar wert? Vor einem Jahrzehnt waren sie nur ein paar Millionen wert. Lustig, wie sich die Dinge ändern, nicht wahr?"

Jedoch bewegte sich Valentina nicht, ihre leuchtend blauen Augen fixierten Chloe, ohne zu blinzeln.

Ihr Gesicht, verborgen hinter den Schichten ihres Schals, verriet nichts, aber die Spannung in ihren Schultern sprach Bände.

"Und zu denken," sagte Chloe mit einem Lachen, ihre Stimme wurde lauter, als sie sich näher lehnte, "du hast Liam Zachary vor zehn Jahren abgelehnt. Du hättest all das haben können – Geld, Macht, Luxus." Sie gestikulierte großartig mit ihren Händen, bevor sie sie an ihre Seiten fallen ließ.

In diesem Moment wurde ihr Lächeln breiter, ihre nächsten Worte schnitten wie ein Messer. "Und jetzt, sieh, wo du bist. Du heiratest einen Obdachlosen, der unter dieser alten Eichenbrücke lebt. Was für ein Leben du dir geschaffen hast, Valentina. Wirklich... inspirierend."