Eine Weile nach dem Vorfall blieb Leo stumm.
Seine verbrannten Fingerspitzen kribbelten noch immer von der Stelle, an der das brennende Papier seine Haut versengt hatte, aber er versuchte, sich nicht zu sehr darauf zu konzentrieren.
Stattdessen wiederholte sein Verstand einen Satz in Endlosschleife – „Vertraue niemandem."
Die Worte aus der Notiz hallten unerbittlich in seinem Kopf wider, wie ein Hammer, der gegen Glas schlägt, jede Wiederholung drohte, seine zerbrechliche Fassung zu zerschmettern.
Sein Blick blieb gesenkt, sein Gesichtsausdruck unlesbar, als wäre er aus Stein gemeißelt. Er wagte es nicht, den Blicken der anderen Passagiere zu begegnen oder den Mann mit den Schlangenaugen zu beachten, der das Gift auf die Notiz getropft hatte.
Stattdessen entschied er sich zuzuhören.
Der Wagen ratterte und schwankte, Metall kreischte gegen Metall, aber unter dem mahlenden Geräusch schlängelten sich Flüstern durch den dämmrigen Raum wie giftige Schlangen.
„Basiliskengift wirkt am schnellsten, wenn es direkt in den Blutkreislauf gelangt. Ein Kratzer über die Kehle, und es ist in Sekunden vorbei."
„Nee, zu schnell. Du willst Witwentinte. Lässt sie an ihrer eigenen Galle ersticken. Langsam. Schmerzhaft."
Ein scharfes Kichern folgte, dünn und scharf wie eine Dolchklinge.
Gegenüber von Leo betrachtete ein Mann mit gelben, katzenartigen Augen seine Klinge mit einer unheimlichen Art von Ehrfurcht. Eine dicke, ölige Flüssigkeit tropfte von der Spitze und zischte leise, als sie auf den Boden fiel.
„Nichts verschwenden", murmelte der Mann und zog seine Zunge langsam über die Schneide des vergifteten Dolches, wobei sich seine schlitzförmigen Pupillen vor Vergnügen verengten.
Leos Magen verkrampfte sich.
Sie sprachen ganz beiläufig darüber – diskutierten über Tod, Leid und Gifte, als wären es Rezepte in einer Küche. Es war nicht nur Grausamkeit; es war für sie Normalität.
Seine Finger zuckten gegen seinen Oberschenkel. Der Instinkt zu handeln – irgendetwas zu tun – nagte am Rand seiner Fassung. Aber Leo zwang sich zur Ruhe und atmete langsam und gleichmäßig durch die Nase.
Überleben. Beobachten. Warten.
Jeder Muskel in seinem Körper war angespannt, wie ein Draht, der bis zum Zerreißen gespannt war, aber sein Gesicht blieb eine ausdruckslose Maske.
Vorerst war Schweigen sein Schutzschild.
Der Wagen setzte seine gewaltsame Reise fort, rüttelte seine Passagiere durch, aber Leos Konzentration blieb messerscharf. Er hörte nicht nur den Gesprächen zu; er katalogisierte sie – die Gifte, die sie erwähnten, die Tonlage ihrer Stimmen, die Art, wie ihre Hände über ihren Waffen zuckten.
Irgendwo tief in seinem Hinterkopf tauchte ein schwacher Gedanke auf – ein Murmeln in der nebligen Leere, wo seine Erinnerungen hätten sein sollen.
Er hatte diese Gespräche schon einmal gehört.
Er war schon einmal von Mördern umgeben gewesen.
Aber bevor er diesem flüchtigen Faden folgen konnte, kam der Wagen mit quietschenden Bremsen zum Stehen, das Metall schrie protestierend.
Die plötzliche Stille fühlte sich lauter an als das Rattern zuvor, während draußen das Geräusch schwerer Stiefel und gedämpfter Befehle leise durch die dünnen Metallwände drang.
Die Passagiere verstummten, ihre frühere Prahlerei löste sich in Luft auf, als Klingen blitzschnell in Scheiden verschwanden und Gifte weggesteckt wurden.
Leos Kiefer spannte sich an, als ein einziger Gedanke in den Vordergrund seines Bewusstseins drängte: 'Es beginnt.'
*Knarren*
Mit einem leichten Knarren öffnete sich die Tür des Wagens und ließ weißes Licht von draußen hereinfluten, das lange, scharfe Schatten auf den Metallboden warf.
In der Türöffnung stand ein großer, breitschultriger Mann in einer tadellosen militärischen Uniform, deren dunkler Stoff mit silbernen Insignien verziert war, die das Licht einfingen.
Seine kalten, berechnenden Augen schweiften über die Passagiere, scannten jedes Gesicht, als könnte er direkt in ihre Seelen sehen.
„Alle acht am Leben. Gut." Seine Stimme war scharf und befehlend, mit einer Schärfe, die sich wie eine Klinge auf der Haut anfühlte. „Zumindest seid ihr nicht dumm genug, die Universitätsregeln zu missachten. Sonst müsste ich euch alle hier eliminieren."
Eine eisige Stille folgte, nur unterbrochen vom leisen Geräusch eines schweren Schluckens. Die Andeutung des Mannes war klar: Wenn einer von ihnen die Regel gegen das Töten während des Transports gebrochen hätte, hätten alle den Preis bezahlt.
Aber statt Angst breiteten sich leises Kichern und wissende Grinsen auf den Gesichtern der Passagiere aus, als würden sie den Mann und seine Drohung als etwas Leichtes abtun.
Sie begannen, einer nach dem anderen aus dem Wagen zu klettern, einige mit einer Aura der Zuversicht, andere mit nervöser Aufregung.
Leo war der Letzte, der sich bewegte, seine Glieder steif, als er sich nach stundenlanger Reglosigkeit an das Stehen gewöhnte, aber es gelang ihm, den anderen zu folgen und vorsichtig zum Rand des Wagens zu treten.
Doch gerade als er hinunterspringen wollte, packte eine raue Hand seine Taille und hinderte ihn am Aussteigen, während er zurück auf seinen Platz gezogen wurde.
Leo stockte der Atem, als der uniformierte Mann ihn mühelos hochhob, wie ein Kind, das beim Schleichen in einen verbotenen Bereich erwischt wurde.
„Versteckte Waffen sind hier nicht erlaubt, Bengel", knurrte der Mann, sein durchdringender Blick fixierte Leos weit aufgerissene Augen. „Du trägst deinen Werkzeuggürtel ÜBER deiner Robe."
Leo erstarrte, sein Verstand für einen Moment leer. Werkzeuggürtel?
Seine Augen huschten zu seiner Taille hinunter, und tatsächlich, unter der groben schwarzen Robe, die er trug, war ein Ledergürtel fest um ihn geschnallt.
Wie hatte er das früher nicht bemerkt?
„Entschuldigung... ich wusste nicht—", stammelte Leo, während er unbeholfen mit dem Gürtel hantierte, ihn freizog und sichtbar um seine Taille befestigte.
Der uniformierte Mann ließ ihn mit einem Schnauben los und trat zurück, während Leos Blick auf den Gürtel fiel, den er nun offen trug.
Er war abgenutzt, aber akribisch gepflegt, mit Schlitzen und Fächern versehen, die ein Arsenal beherbergten:
Zwölf schlanke Dolche, symmetrisch in Scheiden angeordnet.
Zwei kleine, runde Metallkugeln, die schwach im Licht glänzten.
Ein paar Glasfläschchen gefüllt mit seltsamen, schimmernden Flüssigkeiten.
Leo stockte der Atem, als seine Finger über eines der Fläschchen schwebten. Was waren diese Flüssigkeiten? Was waren die Kugeln?
Noch wichtiger...
Warum fühlte sich dieser Gürtel so vertraut an?
Er biss die Zähne zusammen und schüttelte das Unbehagen ab, das an seinem Hinterkopf nagte. Es war keine Zeit für Fragen – nicht jetzt.
„Weitergehen!" bellte der uniformierte Mann und gestikulierte scharf in Richtung der anderen, die bereits eine lockere Reihe außerhalb des Wagens bildeten.
Leo sprang vom Wagen und landete leichtfüßig auf dem staubigen Boden. Während er seinen Gürtel zurechtrückte, erfassten seine scharfen Augen Eindrücke der Umgebung – hohe Metallzäune mit Stacheldraht gekrönt, Wachtürme, die über ihnen aufragten, und entfernte Schatten, die sich über große, flutlichtbeleuchtete Höfe bewegten.
„Ist das ein Gefängnis?", fragte sich Leo, da die Atmosphäre sich definitiv wie eines anfühlte – schwer vor Erwartung... und Furcht.
„Oh Mann, der diesjährige Test macht sssooo viel Ssspaß", lallte die Person vor ihm in der Schlange, ihre Stimme triefte vor Aufregung und nervöser Energie.
Plötzlich begann der Anführer der Schlange sich zu bewegen, was alle hinter ihm dazu veranlasste, im Gleichschritt vorwärts zu gehen.
Der Test war im Begriff zu beginnen.