"Viel Glück—"
Rourkes Worte hingen noch in der kalten Luft, als die stählernen Tore ächzend aufgingen, ihre verrosteten Scharniere kreischten protestierend.
Sofort explodierten die versammelten Teilnehmer in Bewegung. Wie ein brechender Damm stürmten sie vorwärts und verteilten sich in den dunklen Schlund des verlassenen Gefängnisgeländes.
Stiefel dröhnten auf rissigem Beton, Schatten streckten und flackerten unter den schwachen Flutlichtern, während der entfernte Klang hastiger Schritte in die Leere hallte.
Felix zuckte zusammen, als die Menge um ihn herum in Chaos ausbrach. Sein rundes Gesicht wirkte bereits nervös und gerötet, mit Schweißperlen, die deutlich auf seiner Stirn glänzten.
"Leo... wir sollten—" begann Felix mit zitternder Stimme.
Aber Leo hörte nicht zu. Seine scharfen Augen huschten bereits über das Dach der zerfallenden Strukturen, die skelettartigen Wachtürme und die Eingänge der Gefängnisblöcke, die wie offene Mäuler einer wartenden Bestie gähnten.
Nach oben.
Seine Instinkte schrien ihn an zu klettern, einen Aussichtspunkt zu finden – einen Raubtierposten, von dem aus er alles sehen konnte.
In dieser Freie-für-alle-Jagd bedeutete Höhe Kontrolle. Höhe bedeutete Überleben.
Doch dann blickte er zu Felix, dessen weit aufgerissene Augen nervös über den Hof huschten. Felix war nicht zum Klettern gebaut. Er war auch nicht zum Kämpfen gebaut.
Für einen kurzen Moment trafen sich ihre Blicke. Felix' Blick zuckte zum nächsten Eingang des Gefängnisblocks – ein klaffender Korridor, in Dunkelheit gehüllt.
Leo zögerte. Sein Griff um seinen Dolch verstärkte sich... und dann nickte er.
"Führe den Weg."
Felix wartete nicht. Er drehte sich um und eilte zum Eingang, seine schweren Schritte laut auf den rissigen Fliesen, ein starker Kontrast zu Leo, der folgte, leise und gewandt.
Die beiden verschwanden im dunklen Korridor und die Tore des Testgeländes schlossen sich sofort hinter ihnen, denn sie waren die letzten, die sich bewegten.
**********
Die Luft im Gefängniskorridor war abgestanden und schwer, dick mit dem Geruch von Rost und Verfall.
Zur Beleuchtung summten flackernde Leuchtstoffröhren über ihnen und warfen schwache Lichtpfützen auf den Boden, aber während sie einige Stellen des Bodens erhellten, blieb der größte Teil des Gefängnisinneren dunkel und gefährlich.
*Knirsch*
Zerbrochenes Glas knirschte leise unter den Füßen, als Felix tiefer hineinführte, seine Atemzüge rau und laut in der bedrückenden Stille.
Leo folgte dicht dahinter, seinen Dolch gezogen, die Augen scannten jeden Türrahmen, jeden Schatten, jedes Flackern von Bewegung.
Nach mehreren Minuten stiller Bewegung kam Felix an einer T-Kreuzung schlitternd zum Halt – eine Kreuzung zweier gleich langer, leerer Korridore.
Er drehte sich zu Leo um, seine Brust hob und senkte sich schnell. "H-Hier. Das ist gut. Wir können jeden sehen, der von beiden Seiten kommt. Sie können uns nicht überraschen."
Leos scharfer Blick schweifte über die Kreuzung. Zwei offene Sichtlinien, keine Ecken für Hinterhalte und genug Platz, um zu reagieren, wenn sich jemand näherte.
Es war nicht der Raubtierposten, den er gewählt hätte – aber es war klug. Es war logisch.
"Gute Wahl," sagte Leo leise und nickte Felix leicht zu.
Felix ließ den Atem aus, den er angehalten hatte, seine Schultern sackten leicht ab, als er sich gegen die kalte Betonwand lehnte.
"Du deckst einen Gang, ich den anderen. Wenn sich jemand von meiner Seite nähert, werde ich dich warnen," sagte Felix, seine Stimme überraschend fest trotz des Schweißes, der sich auf seiner Stirn bildete. "Du musst nur für die erste Stunde oder zwei die Stellung halten. Danach... werde ich mich um den Rest kümmern."
Leo hob eine Augenbraue. "Um den Rest kümmern? Was bedeutet das? Planst du, dich nach ein oder zwei Stunden in einen Elitekämpfer zu verwandeln?"
Felix grinste breit und klopfte mit einem Gefühl des Stolzes auf einen der Krüge, die an seinem Gürtel befestigt waren. "Genau! Nüchtern mag ich so aussehen, aber betrunken? Betrunken bin ich eine Bedrohung."
Leo starrte ihn unverwandt an.
"Ich bin nicht schwach, Leo. Ich bin, was man einen betrunkenen Assassinen nennen würde," sagte Felix, sein Grinsen wurde breiter. "Je mehr ich trinke, desto stärker werde ich. Es dauert normalerweise ein oder zwei Stunden, bis ich wirklich in der Zone bin, aber sobald ich dort bin – oh Mann, du wirst mich nicht wiedererkennen."
Einen Moment lang starrte Leo Felix einfach an, sein Gesichtsausdruck unlesbar.
'Ein betrunkener Assassine? Was für ein lächerlicher Assassine war das?' fragte sich Leo, aber er behielt seine Skepsis für sich. Zumindest hatte Felix einen Plan, und das war besser als nichts.
Felix lehnte sich leicht zurück und verschränkte die Arme. "Was ist mit dir? Was ist deine Spezialität? Aus welchem Clan kommst du? Die Art, wie du dich so leise bewegst... das ist nicht normal. Du musst von jemandem Elitärem ausgebildet worden sein, richtig? Aber ich kann nicht herausfinden, von wem."
Leos Körper versteifte sich. Sein Griff um den Dolch verstärkte sich leicht, als sein Verstand an den Rändern einer Antwort kratzte.
Wer war sein Lehrer?
Die Frage hallte in seinem Kopf wider, aber statt Klarheit gab es nur Schmerz – ein scharfes, blindes Stechen, das seine Gedanken lähmte. Er presste seinen Kiefer zusammen, sein Atem stockte in seiner Kehle.
"Ich... ich weiß es nicht. Ich kann mich nicht erinnern," sagte Leo schließlich, seine Stimme leise und angespannt.
Felix' Augen verengten sich. Sein früherer spielerischer Ton verblasste, als Besorgnis in seinen Ausdruck kroch. "Was meinst du damit, du weißt es nicht? Also... trug er eine Maske, während er dich trainierte? War seine Identität verborgen oder so?"
Leo schüttelte langsam den Kopf. "Nein. Ich... ich kann mich einfach nicht erinnern."
Für einen kurzen Moment sprach keiner von ihnen. Das leise Summen flackernder Lichter füllte die Stille.
"Nun... es spielt keine Rolle," sagte Felix und zwang ein Grinsen zurück auf sein Gesicht, obwohl es diesmal schwächer war. "Was zählt, ist, dass du kämpfen kannst, richtig? Du kannst dich behaupten, wenn jemand hinter uns her ist, richtig?"
Leo zögerte, seine scharfen Augen fixierten Felix' hoffnungsvollen Blick. "Ich kann es versuchen."
Felix erstarrte. Sein Lächeln wankte, und sein rundes Gesicht wurde blass. Eine Träne quoll in seinem Augenwinkel auf und lief seine Wange hinunter.
"Du... du machst Witze, oder? Bitte sag mir, dass du mich veralberst. Du bist stark, nicht wahr? Du solltest mir helfen zu überleben! Du hast manabasierte Fertigkeiten oder geheime Techniken, richtig? Du... du kannst Menschen mit deinen Fähigkeiten töten, richtig?"
Leos Antwort kam sanft, doch unnachgiebig: "Nein. Ich erinnere mich nicht, irgendwelche Fertigkeiten zu haben."
Felix' Atem stockte, als seine Schultern absackten, und für einen kurzen Moment sah er völlig besiegt aus.
Die Stille dehnte sich zwischen ihnen aus, schwerer als zuvor.
Aber dann schniefte Felix, rieb sich grob mit dem Ärmelrücken übers Gesicht und sprach ein stilles Gebet zu seinen Vorfahren.
"Wir werden beide hier sterben... Wir werden wie Hunde sterben... wunderschöne Hunde... intelligente Hunde", sagte er, während er einen Krug seines Alkohols öffnete und mit übermenschlicher Geschwindigkeit zu trinken begann.
"Wir werden sterben und mein Geist wird dich für immer verfolgen, Leo Keine-Fertigkeiten, in einer Menge voller rücksichtsloser Assassinen hast du mich dazu gebracht, mich mit einem gewöhnlichen Mann zu verbünden", sagte Felix, als Leo ein breites Grinsen bei seinen Worten zeigte.
Es stimmte, im Moment war er nicht anders als ein gewöhnlicher Mann.