Betrunkener Felix

In der nächsten Stunde verlangsamte sich das Tempo der Ausscheidungen erheblich.

Leo starrte auf den leuchtenden Zähler in seiner Hand. Die Zahlen waren zunächst unerbittlich heruntergezählt worden, ein verschwommenes Bild ständiger Bewegung. Aber jetzt kroch es nur noch.

490 Paare übrig.

489.

488.

Der Rückgang war qualvoll langsam, kaum ein oder zwei Paare wurden alle fünf Minuten eliminiert.

Im Vergleich zum Wahnsinn der ersten dreißig Minuten – als die Ausscheidungen konstant, brutal und schnell gewesen waren – fühlte es sich wie ein völlig anderer Test an.

Leo atmete aus, sein Atem langsam und bedächtig, während er sich gegen die Wand lehnte. Er warf einen Blick auf den Zähler, als ob er erwartete, dass dieser sich beschleunigen würde, aber die Zahlen blieben unverändert.

'Das Chaos hat sich gelegt', dachte er, sein Blick verengte sich. 'Die Schwachen sind weg. Jetzt bleiben nur noch die Raubtiere übrig.'

Es war eine ernüchternde Erkenntnis. Diejenigen, die zu langsam, zu ungeschickt oder zu ängstlich gewesen waren, waren bereits aussortiert worden. Was übrig blieb, waren die besten Teilnehmer: erfahren, berechnend und gefährlich.

Leo ließ den Zähler in seinen Schoß fallen, seine Finger zitterten leicht, als er seine Hände streckte. Schmerz durchzuckte seine Handfläche als Folge der angestrengten Bewegung und ließ ihn scharf zusammenzucken.

Seine Muskeln schmerzten immer noch, selbst nach einer Stunde Ruhe, da die Fähigkeit, die er benutzt hatte, seinem Körper anscheinend stark zugesetzt hatte.

'Wird das in der kurzen Zeit heilen?', fragte sich Leo, als er seine Hand auf Augenhöhe hob und beobachtete, wie er langsam seine Finger öffnete und schloss. Jede Bewegung sandte eine neue Welle des Unbehagens durch seinen Arm, eine deutliche Erinnerung an den Tribut, den der Kampf von ihm gefordert hatte.

Sein ganzer Körper fühlte sich zerschlagen an, als ob er durch einen Spießrutenlauf gegangen wäre. Und in gewisser Weise war er das auch.

'Noch ein Kampf wie dieser', dachte er grimmig, 'und ich komme hier nicht mehr raus.'

Leo ließ seine Hand sinken und legte sie auf seinen Oberschenkel, während er seinen Kopf gegen die Wand lehnte. Erschöpfung zerrte an ihm, ein beharrliches Gewicht, das seine Augenlider mit jeder verstreichenden Sekunde tiefer zog.

Für einen kurzen Moment erwog er, sich dem Schlaf hinzugeben. Sein Körper schrie nach Ruhe, jeder Nerv und jeder Muskel flehte um Erleichterung. Aber der Gedanke wurde genauso schnell verworfen.

'Ich kann es mir nicht leisten zu–'

Wenn er jetzt seine Wachsamkeit aufgäbe, würde er vielleicht nicht mehr aufwachen. Der Schmerz, der durch seinen Körper floss, kam nicht nur von der Erschöpfung; es war eine Warnung.

Welche Fähigkeit auch immer er während des Kampfes eingesetzt hatte, sie hatte ihn gebrochen zurückgelassen. Wenn er sich ohne Erholung erneut anstrengen würde, wussten er, dass die Folgen weitaus schlimmer sein könnten.

Seine Augen wanderten zu Felix, der ein paar Meter entfernt saß, während er leise ausatmete.

'Felix muss beim nächsten Mal mehr leisten', dachte er und beobachtete die Bewegungen seines Partners genau, während er aufrichtig hoffte, dass Felix, nachdem er nun genug Zeit hatte, sich zu betrinken, endlich seinen Teil dazu beitragen würde.

Felix saß zusammengesunken an der Wand, seinen übergroßen Kürbis wie eine Rettungsleine im Schoß. Seine geröteten Wangen und glasigen Augen machten es deutlich – er war betrunken.

Aber es war nicht nur sein Aussehen, das sich verändert hatte. Felix war zu einem Wirbelwind aus gemurmelten Beschwerden, übertriebenen Gesten und unberechenbarer Energie geworden, die den ruhigen Korridor füllte.

Der Unterschied war wie Tag und Nacht. Dieselben Menschen, die er zuvor, als er nicht betrunken war, vermisste und liebte, waren jetzt die Menschen, über die er fluchte und sich beschwerte, und Leo war sich unsicher, was er von dieser Veränderung halten sollte.

"Dieser dumme Test," grummelte Felix und trat schwach einen herumliegenden Kieselstein über den Boden. "Was für ein kranker Psychopath steckt Menschen in ein Todesspiel wie dieses? Hä? Was sind wir, Gladiatoren? Für diesen Mist habe ich mich nicht angemeldet!"

Er nahm einen weiteren Schluck aus seinem Kürbis, die Flüssigkeit schwappte geräuschvoll, als er sich den Mund mit seinem Ärmel abwischte. "Und meine Eltern! Oh, sie sind schuld daran. 'Felix, du hast Potenzial', sagten sie. 'Felix, tritt der Akademie bei', sagten sie. 'Es wird dich stärker machen', sagten sie. Stärker?! Ich war noch nie so verängstigt in meinem ganzen Leben!"

Seine Stimme brach, und er stieß einen dramatischen Seufzer aus, sein Kopf fiel gegen die Wand zurück.

"Und fang gar nicht erst mit meinen Vorfahren an," murmelte er und zeigte mit einem zittrigen Finger zur Decke, als würde er sie direkt ansprechen. "Ihr sollt doch über mich wachen, oder? Ist das nicht euer Job? Nun, ihr macht einen schrecklichen Job! Was ist der Sinn von Ahnensegen, wenn ich hier festsitze und kurz davor bin, von Psychos mit Schwertern ermordet zu werden?"

Er stöhnte laut auf und bedeckte sein Gesicht mit einer Hand. "Ich schwöre, wenn ich hier lebend rauskomme, ziehe ich auf irgendeinen ruhigen Farmplaneten. Keine Attentäter, keine Tests, nur ich, ein paar Kühe und ein schönes, einfaches Leben."

Felix nahm einen weiteren Schluck aus seinem Kürbis und hielt nur inne, um die leere Luft vor ihm anzustarren. "Und denk nicht einmal daran, mich auf eine weitere Mission zu schicken, Mama. Ich bin fertig. F-E-R-T-I-G. Hörst du mich?"

Er schwenkte den Kürbis in der Luft wie eine Fahne, seine Stimme wurde lauter. "Ich werde wie ein König leben! Keine Tests mehr! Keine–"

Sein Blick wanderte zu Leo, der ihn schweigend beobachtete, sein Gesichtsausdruck unlesbar. Felix erstarrte mitten in seiner Tirade, seine Augen verengten sich, als sein Übermut aufflammte.

"Was? Hast du ein Problem?" schnauzte Felix und stemmte sich unsicher auf die Füße. Er stieß mit dem Finger in Leos Richtung, sein gerötetes Gesicht verzog sich zu einem übertriebenen Stirnrunzeln. "Ich mag deinen verurteilenden Blick nicht! Denkst du, ich habe Angst? Hä? Ist es das?"

Leo hob eine Augenbraue und lehnte sich gegen die Wand zurück. "Ich habe nichts gesagt."

"Ja, aber du hast es gedacht," erwiderte Felix, leicht schwankend, während er versuchte, seine Haltung zu bewahren. "Willst du kämpfen? Hä? Willst du auch eine Kostprobe dieser Faust?"

Leo seufzte, seine Erschöpfung machte es unmöglich, echten Ärger aufzubringen. "Felix, setz dich hin."

Felix schnaubte, verschränkte entrüstet die Arme, ließ sich aber schließlich wieder gegen die Wand sinken. "Ja, was auch immer. Ich war sowieso nicht ernst. Du hast Glück, dass ich gerade keine Lust habe, dir eine Lektion zu erteilen."

Leos Lippen zuckten, aber er sagte nichts, seine Aufmerksamkeit wandte sich bereits dem Geräusch leiser Schritte zu, die den Korridor entlang hallten.

"Da ist jemand hier unten.... Noch eine Beute zum Töten," sagte eine weibliche Stimme, als plötzlich zwei Paar eilige Schritte den Korridor entlang kamen.