Kapitel 35: Liebe Schwester

Kapitel 35 – Schwester

Die Arena war zerschmettert.

Die Jubelrufe waren laut, wild – erfüllt von Blutdurst, Wahnsinn und roher Aufregung.

Eine dicke Wolke aus Rauch und Staub bedeckte das Schlachtfeld. Niemand konnte den Ausgang sehen.

Schließlich lichtete sich der Rauch.

Der Anblick, der sich bot, verblüffte alle.

In der zerstörten Arena stand Noah aufrecht, auf den ersten Blick ruhig – doch die Scharfsichtigen erkannten die Wahrheit. Er war verletzt. Schwer. Yukis letzter Angriff war wirklich durchdringend gewesen.

Selbst durch all seine Barrieren hindurch hatte sie ihn getroffen. Blut floss stetig aus seiner Brust und durchnässte seine Kleidung.

Noah kicherte leise: "Du bist unglaublich, Yuki. Ich habe dich wirklich unterschätzt." Seine Stimme war leise, für die Zuschauer unhörbar.

Er war aufrichtig überrascht. Er dachte, mit seiner Kraft könnte niemand in seinem Alter mit ihm mithalten. Zugegeben, er hatte seine anderen Auren nicht eingesetzt – aber dennoch war dies eine Ausnahme.

Diese Generation... ist wahnsinnig.

Er blickte nach vorne.

Dort lag Yuki auf dem Rücken. Blutend, die Augen wie in Trance auf den Himmel gerichtet.

Noah trat näher.

"Wie war also mein letzter Schlag?"

Yukis Augen fokussierten sich langsam. Sie wandte ihren Blick zu ihm und sagte schlicht – aber mit roher, schwerer Emotion:

"Unterrichte mich."

Das war alles. Nur das. Aber das Gewicht hinter diesen Worten ließ die Luft sich verändern.

Noah lächelte leicht. "Warum sollte ich das tun? Du hast gerade versucht, mich zu töten, hast du das vergessen?"

"Es tut mir leid," sagte sie, noch immer atemlos. "Unterrichte mich jetzt."

Noahs Lippen zuckten. Ist eine Entschuldigung genug? Wo ist dieses Mädchen aufgewachsen?

Er seufzte. "Wir werden darüber reden, sobald wir in der Akademie sind."

Er drehte sich um und ging weg.

Yukis Augen verließen nie seinen Rücken.

Er hatte, wofür er gekommen war. Ihre Aufmerksamkeit. Das war genug – für jetzt.

Als er ging, blickte Noah nach oben – und traf den Blick von Elijah, der ihn mit tiefer Stirnfalte von den Tribünen aus beobachtete.

Noah grinste. Breit. Ohne Reue.

Spöttisch.

"GEWINNER: NOAH WEAVERHEART!"

"OOOOAAAAAHHHHHHHH!"

Die Menge brach in Jubel aus.

Damon beobachtete mit einem breiten Lächeln. Er genoss jede Sekunde. Diese Kinder... sie waren Monster.

Elijah ballte seine Fäuste.

Er wusste nicht warum – aber er spürte es. Wenn er nicht bald handelte, würde mit Yuki dasselbe passieren wie mit Sophie.

Sein Gesichtsausdruck verdüsterte sich.

Es war eine Sache, ihm Sophie wegzunehmen.

Aber jetzt... Yuki?

Seine Frauen?

Seine Augen verhärteten sich.

Er hatte Noah nie wirklich als Feind betrachtet. Selbst bei der Quest sah er ihn nur als Hindernis. Etwas, über das man hinwegsteigen musste. Er war der Auserwählte – er glaubte an sein Schicksal.

Aber das...

Das überschritt eine Grenze.

"Okay," dachte er, kalte Wut in seinen Augen. "Jetzt ist es persönlich, Noah."

Was er nicht wusste... war, dass es für Noah immer schon persönlich gewesen war.

"NÄCHSTER KAMPF: LEONA GEGEN LUCIUS."

Leona grinste und wandte sich zu Elijah. "Ich bin dran, Elijah! Feuere mich an!"

Elijah riss sich aus seinen Gedanken und lächelte. "Natürlich. Du wirst leicht gewinnen."

Leona reckte stolz ihre Brust und machte sich auf den Weg zur Arena.

In der Mitte stand Lucius – ein Junge mit pechschwarzem Haar und durchschnittlichen Gesichtszügen.

Aber seine Kraft war alles andere als durchschnittlich.

Sein Talent: Anti-Mana.

Um ihn herum hörte Mana auf zu existieren. Was er berührte, saugte er aus. Er hielt ein tiefschwarzes Schwert, das unheimliche Energie ausstrahlte.

Leona betrachtete ihn unbeeindruckt.

"BEGINNT."

Lucius handelte sofort und schlug einen schwarzen Energiebogen.

Leona reagierte augenblicklich. "Komm hervor – Beibei."

Ein riesiger Panda erschien aus dem Nichts und fing den Schlag ab, ohne zu zucken.

Aber Leona war noch nicht fertig.

"Russland, Lonlon, Borial, Ricky, Tata, Tonton... ihr alle – kommt hervor."

Lucius' Gesicht wurde blass. "Warte – hey?! Ist das nicht zu viel?!"

Seine Stimme überschlug sich.

Leona grinste. "Ich will jemanden beeindrucken, verstehst du. Also... verzeih mir."

Sie sagte es mit gespielter Ehrlichkeit.

"Scheiße!" fluchte Lucius – aber er wich nicht zurück.

Das war sein Fehler.

Sieben Bestien vom A-Rang stürmten von allen Seiten auf ihn ein.

Er wäre fast gestorben.

"GEWINNERIN: LEONA."

"Leichter Sieg," sagte sie beiläufig, bevor sie all ihre Bestien in ihren Seelenraum verschwinden ließ.

Und schließlich war es Zeit.

Der Kampf, den niemand erwartet hatte, auf den aber jetzt alle warteten.

"NÄCHSTER KAMPF: ELIJAH GEGEN PATRICIA."

Elijah betrat die Arena, sein Ausdruck ruhig – distanziert.

Patricia stand vor ihm, wie immer schweigsam.

Elijah sah sie an.

"Erinnerst du dich, wie du mich damals behandelt hast, Schwester?"

Patricia schwieg einen Moment, bevor sie antwortete.

"Ich habe dir nichts getan."

Und das stimmte.

Patricia hatte nie Hand oder Wort gegen ihn erhoben. Aber sie hatte auch nie geholfen.

Und das war Elijahs Problem.

"Das ist das Problem," sagte er, seine Stimme zitterte vor aufsteigender Wut. "Du hast alles gesehen. Wie sie mich verspotteten. Mich Bastard nannten. Hurensohn. Wie sie mich schlugen, nur weil ich den Kopf hob."

Er hielt inne.

Die Luft veränderte sich. Die Temperatur stieg. Macht wallte um ihn herum auf.

"Du hast alles gesehen. Und du hast nichts getan. Nicht weil du nicht konntest... sondern weil du mich nicht einmal als deinen Bruder angesehen hast. Für dich war ich Dreck."

Weit entfernt, in der Stoneheart-Domäne, beobachtete Oliver mit zusammengebissenen Zähnen. Hätte er gewusst, dass der Junge solche Macht erwecken würde, von der Göttin gesegnet... er hätte anders gehandelt.

Zu spät.

In der Kirche beobachtete Christelle, Elijahs Mutter, durch Projektionen. Schmerz schimmerte in ihren Augen.

Nur sie wusste wirklich, was ihr Sohn durchgemacht hatte.

Selbst die Menge verstummte.

Zum ersten Mal... hörten sie zu.

Nur Noah und Sophie schnalzten mit der Zunge.

Noah, weil das zu klischeehaft war. Peinlich.

Sophie, weil... es sie ärgerte.

Patricia antwortete schließlich, ihr Gesichtsausdruck unverändert.

"Ich habe dich nicht als Bruder gesehen."

Einfach so.

Elijah starrte sie an. Seine goldenen Augen brannten wie heiliges Feuer.

"...Und jetzt?" fragte er. "Siehst du mich jetzt als Bruder, meine liebe Schwester?"

Zum ersten Mal – lächelte Patricia.

Aber für Elijah sah es wie Spott aus.

"Ja," sagte sie. "Jetzt sehe ich dich als Bruder. Jetzt... bist du würdig."

Stille.

Die Dreistigkeit.

"HAHAHAHAHA!" Noah lachte laut.

Aber er war der Einzige, der es lustig fand.

Denn im nächsten Moment –

Verschwand Elijah.

Er erschien einen Zentimeter vor Patricia, sein flammendes Schwert bereits aktiviert.

"Dann fick dich."

Ketten aus Feuer und Licht explodierten und fesselten Patricia sofort.

Sie konnte sich nicht bewegen. Nicht reagieren.

Bevor sie überhaupt begriff, was geschah –

Durchbohrte Elijahs Schwert ihre Brust. Langsam.

"ARGGHHHHH—!"

Sie schrie vor Qual. Ihr Körper zuckte.

Aber es war nutzlos. Die Ketten hielten fest. Elijahs Macht war überwältigend.

Sie versuchte, ihre Heilige Flamme zu aktivieren, um zu heilen.

Elijah grinste. "Nur zu. Heile. Wir haben alle Zeit der Welt."

Weitere Schwerter erschienen.

Dutzende von ihnen – hell brennend. Jedes einzelne fuhr in sie hinein, eines nach dem anderen.

Der Schmerz war unerträglich.

Die Jubelrufe waren verstummt.

Jetzt war die Menge still. Geschockt.

Aiden ballte seine Fäuste so fest, dass Blut herabfloss.

Seine Augen brannten vor Hass.

Noah seufzte, als er diese Szene sah, und sagte leise:

"Rachsüchtig... arrogant... lüstern... Elijah, du bist vieles. Dinge, die dich in dieser Welt hätten umbringen sollen."

"...Aber du bist mächtig. Talentiert. Entschlossen. Der Liebling der Göttin."

Er starrte auf die Szene – auf das Blut, das Feuer, die Stille.

Selbst jetzt, während Elijah seine eigene Schwester folterte...

Die Welt liebte ihn immer noch.

Einige feuerten ihn sogar an.

Wie lächerlich.

Noahs Aura wurde kalt.

So kalt, dass sie die Hölle selbst einfrieren könnte.

"Selbst jetzt jubeln sie dir zu."

"...Aber sie werden es nicht mehr tun, wenn ich fertig bin."

—Ende von Kapitel 35—