Kapitel 37 – Schöne Seele
"GEWINNER: SOPHIE CASTRIA."
Die Menge explodierte—aber der Donner des Applauses galt ihr, nicht nur dem Sieg. Sie hatte nicht nur überlebt. Sie dominierte.
Noah wartete bereits am Rand der Arena. Er reichte ihr einen Trank und grinste.
"Du warst ein Biest da draußen. Dieser rote Blitz—ernsthaft, woher hast du den gezaubert?"
Sophie trank den Trank in einem Zug und atmete scharf aus, während ihre Verbrennungen zu verblassen begannen.
"Mit Anstrengung," sagte sie, Stolz tanzte in ihrer Stimme. "Und mit Talent, natürlich."
Noah hob eine Augenbraue. "Dein Talent ist praktisch Betrug. Wenn du es gut einsetzt, wird niemand dich aufhalten können." Er machte eine Pause und zeigte sein typisches Grinsen. "Nun, niemand außer vielleicht mir."
Sie verdrehte die Augen. "Wahnvorstellungen."
"Selbstbewusstsein," korrigierte er.
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"NÄCHSTES DUELL: ELIJAH GEGEN LEONA."
Die Arena verstummte.
Elijah und Leona betraten den Ring. Sie sprachen nicht. Sie mussten nicht.
Jeder wusste es bereits.
Leona erhob ihre Stimme. "Ich gebe auf."
Und das war's.
Kein Kampf. Kein Feuer. Keine Herausforderung.
Das Publikum murrte. Aber was konnten sie sagen? Sie war besessen von ihm—jeder sah es. Glück bei der Auslosung. Nichts Illegales.
Und wenn es eine Sache gibt, die der Protagonist immer hat...
Dann ist es Glück.
"GEWINNER: ELIJAH."
Der Jubel war halbherzig. Nur sein treuer Kult von Fans brüllte wie Wahnsinnige. Der Rest blieb still.
Damon kommentierte nicht. Das tat er nie.
Denn Glück?
Glück ist auch eine Waffe.
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"NÄCHSTES DUELL: MALRIK GEGEN APHASIA."
Die Temperatur in der Arena sank, als Aphasia eintrat. Die silberhaarige, dunkelhäutige Elfe stand Malrik gegenüber—ruhig, ausdruckslos. Ihre Augen, blassrosa, schimmerten wie Glas über tiefen Gewässern.
Malrik spürte es sofort. Druck. Bedrohung. Als ob die Natur selbst seinen Tod wollte.
Aber er zuckte nicht zurück. "Ich bin der Tod," murmelte er und beschwor seine Aura. "Und der Tod fürchtet niemanden."
"BEGINNT!"
Malrik schrie "ERHEBT EUCH."
Verrottende Arme brachen durch den Boden. Dutzende, dann Hunderte von Untoten krallten sich an die Oberfläche. Die Arena füllte sich mit Verwesung, dick und schwer wie ein faulender Sumpf.
Aphasia runzelte die Stirn. "Widerlich."
Sie hob ihre Hand. Ihre Stimme war sanft, aber sie hallte nach.
"Windgeist. Feuergeist. Erdgeist—kommt."
Elemente entzündeten sich um sie herum wie ein himmlischer Sturm.
"Verschmelzt."
Winde heulten. Feuer tobte. Der Boden spaltete sich in geschmolzene Flüsse.
"Lava."
Die Luft schrie, als der Boden sich in ein brodelndes Inferno verwandelte. Untote verbrannten, bevor sie überhaupt vollständig auftauchten. Asche erstickte den Himmel.
Malrik fluchte und flog auf einem skelettartigen Biest nach oben. Aber Aphasia blinzelte nicht einmal.
"Bring ihn runter."
Der Windgeist entfesselte einen Wirbelsturm. Der Himmel drehte sich. Malriks Reittier verdrehte sich in der Luft, verlor die Kontrolle und stürzte ab.
PLATSCH.
Direkt in die Lava.
"AAARGHH!"
Er schrie, als Flammen ihn ganz verschlangen. Dann—
Stille.
"GEWINNER: APHASIA."
Sie drehte sich um und ging weg, ohne einen Blick zurückzuwerfen.
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Letztes Duell der Runde.
"BEGINNT!"
Noah stand Elisabeth gegenüber.
Er war nicht überrascht. Nur... neugierig.
Sie bewegten sich nicht. Nicht sofort.
"Wie geht es dir seit unserem letzten Gespräch, Heilige?" fragte Noah leichthin, die Hände in den Taschen.
Elisabeths Gesicht blieb ausdruckslos. Kalt.
"Ich weiß, dass du gesehen hast, was ich gesagt habe. Ich weiß, dass du gesehen hast, was kommt, wenn du weiterhin Schweigen wählst."
Das Publikum blinzelte verwirrt. Ihr Gespräch ergab für niemanden außer ihnen einen Sinn.
Noah neigte den Kopf. "Bereit, die Last des Nichtstuns zu tragen?"
Elisabeths Finger zuckten. Nur ganz leicht.
"Was ist dein Ziel?" fragte sie schließlich. "Was hat er dir angetan, dass du dich so verhältst?"
"Du würdest es nicht verstehen," sagte Noah, seine Stimme jetzt leiser. "Aber vertrau mir... ich tue dir einen Gefallen."
Ihre Stirn runzelte sich.
"Sobald wir in der Akademie sind," fügte er hinzu, "beginnt das wahre Spiel. Ich interessiere mich nur für die Besonderen. Die anderen? Sie werden sicherlich um das Licht schwärmen."
Er lehnte sich leicht nach vorne.
"Wirst du mithalten? Wirst du weiterhin schweigen?"
Stille.
Dann bewegte sie sich.
Elisabeth hob ihre Hand—langsam, absichtlich—und berührte den Rand ihrer Augenbinde.
Noahs Lächeln verschwand.
"Du solltest jetzt aufhören zu reden," sagte sie, ihre Stimme scharf wie Eis.
Sie zog die Augenbinde ab.
Und alles—hielt an.
Ihre Augen. Sie waren nicht nur seltsam—sie waren unmöglich. Sie schimmerten in allen Farben gleichzeitig, eine endlose Spirale aus Licht und Wahnsinn.
Es waren keine Augen. Es war die Wahrheit.
Noah trat zurück. Unwillkürlich.
Eine Kälte sickerte in seine Knochen. Sein Herz setzte aus.
Zum ersten Mal seit seiner Wiedergeburt—spürte er echte Angst. Existenzielle Angst.
Er kann es spüren.
Selbst sein Titel "Der Wiedergeborener" konnte ihn davor nicht schützen.
Elisabeth starrte. "...Was für eine schöne Seele."
Ihre Stimme war... distanziert. Als ob sie etwas völlig anderes sah.
Noah stockte der Atem. "Was zum Teufel ist das?"
Elisabeths Talent wurde im Roman nur als eine Art Prophezeiungstalent beschrieben. Jemand, der die Zukunft lesen kann. Sie trägt eine Augenbinde, weil sie es noch nicht kontrollieren kann.
Aber das? Das ist etwas völlig anderes.
Er zwang sein System zu reagieren.
'System. Zeig mir Elisabeths Talent.'
[Talent: Leeres Orakel (SSS Rang – Teilweise versiegelt)]
'Was zum Teufel...'
Er konnte sich nicht bewegen.
Und sie griff noch nicht einmal an.
—Ende von Kapitel 37—