Kapitel 26: Der Weg zur Akademie
Die Morgensonne warf einen goldenen Schimmer über das Anwesen und beleuchtete die prächtige violette Kutsche, die Noah zur Akademie bringen würde.
Er stand davor, die Hände in den Taschen, sein Gesicht ruhig, aber undurchschaubar.
Hinter ihm standen seine Mutter, Selene, zusammen mit einer Versammlung von Rittern, Dienern und Magiern, alle mit Stolz in ihren Augen.
Und... da war ein unerwarteter Gast.
Eine silberne Katze mit durchdringenden violetten Augen saß auf Selenes Schulter.
Noahs Augenbrauen zuckten. Sein Blick wanderte zu Neko, der schwarzfelligen Katze, die selbstgefällig auf seinem Kopf saß.
"...Lerne ich gerade deine Mutter kennen?" murmelte er.
Neko bewegte als Antwort ihren Schwanz und täuschte Gleichgültigkeit vor.
Selene trat vor und umarmte ihn fest.
Ihre Stimme zitterte. Nur ein wenig.
"Ich werde dich vermissen, mein Baby", flüsterte sie und drückte ihre Wange an seine. "Wenn du dort auf Probleme stößt, lass es mich einfach wissen. Ich werde kommen und sie alle einfrieren."
Noahs Gesichtsausdruck wurde weicher.
Seine Mutter... war zu niedlich.
Drei Jahre. In diesen drei Jahren hatte er gelernt, sie tief zu lieben. Und dafür würde er sie beschützen, komme was wolle.
Er lächelte.
"Du machst dir umsonst Sorgen, Mutter", sagte er selbstgefällig. "Wer würde es wagen, dem geliebten Sohn von Selene Weaverheart, der Hexe der ewigen Kälte, zu schaden?"
Selenes Traurigkeit verschwand. Ihr Grinsen kehrte zurück, voller Stolz.
"Natürlich, natürlich", sagte sie und blähte ihre Brust. "Niemand würde es wagen."
Dann wanderte ihr Blick zu der silbernen Katze.
"Luminara, du hast darauf bestanden mitzukommen. Willst du nichts sagen? Oder vielleicht ein Wort an deine rebellische Tochter?"
Die silberne Katze – Luminara – schnalzte mit der Zunge.
Eine sehr menschliche Handlung. Unheimlich.
"Ich bin nur gekommen, um ihn zu verabschieden", sagte sie kühl. "Nicht um zu reden."
Dann fixierte ihr violetter Blick den von Neko.
Eine tiefe Kälte erfüllte die Luft.
Ihre Stimme war kalt. "Du solltest dich benehmen, Neko. Verursache Noah keine unnötigen Probleme."
Neko schnaubte. "Ich bin kein Kind, Mutter."
Die beiden stritten weiter, ihre kalten, scharfen Worte trugen eine Spannung, die nur Mütter und Töchter zustande bringen konnten.
Aber plötzlich—
Ein Schatten bewegte sich.
Eine Frau trat vor.
Sie hatte rabenschwarzes Haar, durchdringende rote Augen und eine Präsenz, so lichtlos, dass sie das umgebende Licht zu verschlingen schien.
Zum ersten Mal sah Noah sie von Angesicht zu Angesicht.
Selenes Schatten.
Sari.
Sie verbeugte sich tief vor ihm. "Danke, dass du dich um meine Tochter kümmerst."
Dann – war sie verschwunden, verschwand in Selenes Schatten, als wäre sie nie da gewesen.
Selene lächelte. "Sie ist schüchtern."
Noah schüttelte den Kopf.
Schließlich stieg er in die Kutsche.
Aber bevor sich die Tür schloss, drehte er sich noch einmal um.
Seine silbernen Augen glänzten mit einem wahnsinnigen Funkeln.
"Der Aufnahmetest wird aufgezeichnet", sagte er. "Jeder kann von überall aus zusehen."
Er grinste.
"Schau dir deinen Sohn an, Mutter."
Sein Grinsen wurde breiter.
"Ich werde nichts zurückhalten."
"Ich werde alles geben."
Die Kutschentüren schlossen sich.
Die Räder begannen sich zu drehen.
Noah Weaverheart war aufgebrochen.
...
Vor den goldenen Palasttoren stand eine goldene Kutsche bereit.
Prinzessin Sophie Castria war im Begriff einzusteigen, als—
Die Stimme ihres Vaters sie aufhielt.
"Vergiss nicht, Sophie."
Sie drehte sich um.
Rome Castria – der Kaiser – stand auf den Palaststufen, die Hände hinter dem Rücken, der Ausdruck kalt.
"Du gehst dorthin, um Elijah zu gewinnen", sagte er. "Und Noah abzuschreiben."
Seine Stimme wurde härter.
"Verstehst du mich?"
Sophie stand schweigend da.
Sekunden vergingen.
Dann sprach sie endlich.
"...Vater", sagte sie langsam, ihre Stimme fast zögernd. "Was, wenn ich nicht als bloßes politisches Werkzeug benutzt werden will, um den Auserwählten zu sichern?"
Ihre Hände ballten sich.
"Was, wenn ich um den Thron kämpfen will?"
Stille.
Rome Castria starrte sie an.
Dann – lachte er.
Nicht warm. Nicht amüsiert.
Kalt. Verächtlich.
"Rede keinen Unsinn", sagte er, seine Stimme scharf wie Stahl. "Dieses Imperium wird seit seinem Beginn von Männern regiert."
Er drehte sich um.
"Ich werde nicht der Kaiser sein, der diese Tradition ändert."
Dann – war er weg.
Sophie stand da und starrte auf den leeren Raum, wo ihr Vater gestanden hatte.
Eine Präsenz flackerte neben ihr.
Ein Knistern von Blitzen.
Eine Frau erschien.
Emily.
Sie lächelte sanft. "Hast du jetzt deine Antwort?"
Sophie atmete aus. Langsam.
Dann stieg sie in die Kutsche.
Ihr Gesichtsausdruck undurchschaubar.
"Keine Gnade also."
Die Kutschentüren schlossen sich.
Und auch sie machte sich auf den Weg zur Akademie.
Emily stand da und sah ihr nach.
Sie lächelte.
Das Spiel hatte begonnen.
...
Die Akademie war nicht nur für Menschen.
Von jeder Rasse, aus jedem Winkel der Welt, hatten die Talentiertesten ihre Reise begonnen. Die Elfen. Die Tiermenschen. Die Zwerge. Die Dämonen. Sogar verborgene Wesen, die niemandem bekannt waren.
Sie alle bewegten sich.
Warum?
Weil diejenigen mit Macht über Schicksal und Bestimmung es gespürt hatten.
Diejenigen, die die Prophezeiung sehen konnten, hatten es erblickt.
Diese Generation—
Würde glorreich sein.
Und keiner von ihnen wollte zurückgelassen werden.
...
Die Akademie existierte in einem eigenen Reich.
Eine Dimension, erschaffen von ihrem Dekan.
Jedoch—
Der Aufnahmetest würde nicht dort stattfinden.
Nein. Er würde im Zentrum der Welt abgehalten werden.
Eine riesige, kolossale Arena, erbaut ausschließlich zum Zweck des Testens.
Zuschauer versammelten sich. Einige persönlich.
Einige durch räumliche Übertragungsmagie, die es ihnen erlaubte, von der Bequemlichkeit ihrer Häuser aus zuzusehen.
Die Arena war bereits chaotisch.
Hunderte junger Krieger, Adliger und Magier verschiedener Rassen standen zusammen – einige bildeten Allianzen, andere standen allein, ein paar suchten bereits Streit.
Dann kam der erste Sturm.
Eine schwebende Kutsche, gezogen von geflügelten Pferden, sank vom Himmel herab.
Darauf prangte – das Wappen des Großen Baumes.
Die Elfenkönigsfamilie.
Als die Kutsche landete, stieg sie aus.
Eine große, dunkelhäutige Elfe, silberhaarig, mit rosafarbenen Augen. Eine Schönheit so ätherisch, dass in dem Moment, als sie erschien, die gesamte Arena verstummte.
Aphasia Elfborn.
Prinzessin des Elfenreichs. Einzige Thronfolgerin.
Sie ging an der Menge vorbei, ohne jemanden anzusehen – als wären sie nicht einmal einen Blick wert. Aber die anderen Elfen um sie herum verbeugten sich bei ihrem Anblick.
Und gleich danach—
Ein Brüllen.
Zwei goldhaarige Löwen-Tiermenschen sprangen von einer massiven Kriegskutsche, ihre goldenen Augen leuchteten wie Feuer.
Ray und Domy Valdor.
Die Zwillingsbestien der Valdor Königsfamilie.
Ein einziger Schritt von ihnen ließ die Schwächeren in der Menge taumeln.
Dann—
Eine kleine, unscheinbare Gestalt trat vor.
Ein Zwerg. Kein Bart, keine turmhohen Muskeln, keine Waffen auf dem Rücken.
Nur ein kleiner Zwerg. Er sieht aus wie ein Junge.
Doch etwas an ihm – sein ruhiger Blick, die Art, wie er sich ohne Zögern bewegte – ließ selbst die Stärksten zögern.
Ren Smith, Der Nachfolger des einzigen Legendären Schmieds.
Und dann flackerte ein Schatten.
Keine Kutsche. Kein großer Auftritt.
Nur ein träge aussehender junger Mann, der aus dem Nichts auftauchte, die Hände in den Taschen, sein Gesichtsausdruck gelangweilt.
Sein schwarzes Haar bedeckte einen Teil seines Gesichts, seine dunklen Augen uninteressiert.
Es war fast lächerlich – wie unbekümmert er wirkte.
Doch etwas an seiner Präsenz ließ die Menschen vermeiden, ihn direkt anzusehen.
Eric Shadowbound, Erbe der Shadowbound Familie.
Sein Auftritt war nicht großartig. Er war nicht laut.
Aber irgendwie war er der unheimlichste.
Und dann kam ein tiefes Lachen, ein überschwängliches Lachen, sogar erfüllt von Kampfabsichten.
Rouge Bloodheart, Erbe der Bloodhearts, war angekommen.
Dann—
Die rothaarige Prinzessin des Imperiums traf ein.
Das königliche Emblem von Castria glänzte, als sie ausstieg, rotes Haar wallend, rote Augen scharf mit karmesinroten Blitzen, die darin flackerten.
Sophie Castria.
Die Prinzessin des Imperiums.
Und hinter ihr—
Zwei Gestalten.
Die Steinherz-Zwillinge.
Aiden und Patricia.
Ihre Blicke fegten über die Arena wie Eroberer.
Und dann, endlich—
Derjenige, auf den alle gewartet hatten.
Ein goldenes Licht schimmerte, als seine Kutsche ankam.
Das Siegel der Kirche stolz zur Schau gestellt.
Eine Gestalt stieg aus.
Groß. Imposant. Macht ausstrahlend.
Sein goldenes Haar leuchtete unter der Sonne, seine goldenen Augen schienen die Welt zu erhellen.
Seine bloße Anwesenheit veränderte die Luft. Er sah aus wie ein Engel, der vom Himmel herabgestiegen war.
Der Gesegnete. Der Auserwählte. Der Liebling der Göttin.
Elijah Stoneheart.
Und an seiner Seite, gekleidet in rein weiße Gewänder, war die Heilige, Elisabeth.
Die beiden standen da.
Beobachtend. Wahrnehmend.
Aber selbst dann—
Selbst mit all den versammelten Monstern—
Gab es noch einen mehr.
Eine violette Kutsche kam leise an.
Kein göttliches Licht. Kein lauter Auftritt.
Nur pure, kühle Eleganz.
Das Siegel von Weaverheart.
Die Türen öffneten sich.
Und heraus trat—
Noah Weaverheart.
Der Verwöhnte. Das geliebte Kind der Herzogin der Kälte.
Keine Aura. Kein Druck. Keine große Zurschaustellung.
Doch in dem Moment, als seine Füße den Boden berührten.
Veränderte sich die Atmosphäre.
Elijahs Blick wandte sich sofort ihm zu.
Und zum ersten Mal trafen Elijah und Noah aufeinander.
—Ende von Kapitel 26—