Die Nacht war schwer und warm.
Nicht durch das Feuer.
Nicht durch den Wind.
Sondern durch das, was in mir wuchs.
Ich lag neben Fenris. Unsere Hände berührten sich, ohne dass sie sich hielten.
Sie sagte nichts.
Aber sie wusste.
Dass etwas kam.
Ich hatte Angst, sie wachzurufen.
Und gleichzeitig… wünschte ich mir nichts sehnlicher.
Plötzlich zog sich meine Brust zusammen.
Ein Laut entfuhr mir –
kein Schrei.
Etwas Tieferes. Rohes.
Fenris war sofort wach.
Ihre Augen glühten im Dunkel.
> „Es beginnt.“
Ich keuchte, rollte mich zur Seite, mein Körper krampfte.
Es fühlte sich an, als würde meine Haut zu eng.
Als würde meine Seele nach außen drängen.
Ich spürte Knochen verschieben sich, Muskeln brannten,
und in meinem Kopf ein Heulen – kein Laut, sondern ein Echo.
Fenris war bei mir. Ihre Hände an meinen Schultern, ruhig.
> „Lass es zu, Kael.
Aber halte dich an mich.
Nur an mich.“
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Die erste Verwandlung
Ich schrie. Diesmal laut.
Nicht vor Schmerz.
Sondern weil ich mich auflöste.
Oder endlich zusammenfand.
Meine Hände krümmten sich, wuchsen zu Klauen.
Meine Zähne verlängerten sich.
Ich sah meine Haut reißen –
und darunter: Fell.
Silbrig.
Nicht wie Fenris.
Dunkler.
Mit einem bläulichen Schimmer.
Ich fiel nach vorn auf alle Viere.
Sah den Boden.
Spürte ihn.
Ich war kein Mensch mehr.
Aber auch kein Wolf. Noch nicht.
Zwischen.
Zerrissen.
> „Du musst wählen“, flüsterte Fenris.
„Bleiben. Oder werden.“
Ich keuchte, schnappte nach Luft, mein Blick flackerte.
> „Ich will nicht…
mich verlieren…“
Fenris trat nackt vor mich.
Ihr Körper, ihr Duft, ihre Wärme.
Kein Wort der Kontrolle.
Nur Nähe.
> „Dann folg mir.“
Sie ließ sich fallen.
Und verwandelte sich vor meinen Augen – langsamer als sonst.
Nicht hastig, nicht instinktiv.
Bewusst.
Fell wuchs.
Züge verschwanden.
Fenris wurde zur Wölfin.
Schön. Majestätisch.
Und sie leuchtete silbern wie der erste Schnee unter Sternen.
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Das Erwachen des Wolfs
Ich zitterte.
Nicht aus Angst.
Sondern vor dem Gefühl, endlich… ganz zu sein.
Meine Beine streckten sich.
Mein Rücken krümmte sich.
Ich spürte vier Pfoten unter mir.
Den Boden. Die Luft. Die Welt.
Ich war Wolf.
Und ich war Ich.
Fenris trat an mich heran.
Berührte meine Schnauze mit ihrer.
Kein Laut. Kein Knurren.
> Nur Anerkennung.
Und Einladung.
Dann rannte sie los.
Und ich folgte.
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Der Lauf
Wir jagten durch die Nacht.
Keine Beute.
Nur Freiheit.
Unsere Körper bewegten sich im Einklang.
Zwei Schatten unter Nordlichtern.
Zwei Seelen, die nichts suchten – außer Nähe.
Ich roch sie.
Nicht nur Fell.
Nicht nur Weiblichkeit.
Ich roch Vertrautheit.
Und sie roch mich.
Nicht als Bedrohung.
Sondern als Teil.
Unsere Körper stießen leicht aneinander.
Nicht grob.
Nicht aus Spiel.
Sondern weil wir nicht weiter voneinander weg konnten.
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Am Ende des Laufs
Wir hielten an einer kleinen Lichtung.
Der Schnee war weich, der Mond hell.
Fenris verwandelte sich zuerst.
Langsam.
Wie ein Versprechen.
Ich folgte ihr.
Und zum ersten Mal war es leicht.
Ich wusste jetzt, wie es ging.
Ich fiel neben sie.
Halb Mensch, halb Wolf.
Noch nackt, noch fremd in meiner Haut.
Aber sie war da.
Und berührte mein Gesicht.
Zärtlich.
> „Du hast gewählt“, flüsterte sie.
> „Ich habe dich gewählt“, antwortete ich.
Haut auf Haut
Wir lagen nebeneinander auf dem weichen Schnee.
Unsere Körper dampften vor Hitze. Nicht vor Lust –
sondern vor Leben.
Fenris hatte sich vollständig zurückverwandelt.
Ihr Körper war von Narben gezeichnet.
Schön. Echt.
Nicht perfekt – aber wahr.
Ich sah sie an, und sie wich meinem Blick nicht aus.
> „Du zitterst noch“, sagte sie leise.
> „Nicht vor Kälte.“
Sie lächelte.
Zum ersten Mal in voller Offenheit.
Dann beugte sie sich zu mir.
Berührte meine Stirn mit ihrer.
Unsere Hände fanden sich.
> „Sag es“, flüsterte sie.
Ich wusste, was sie meinte.
Kein Schwur.
Keine Erklärung.
Nur… Wahrheit.
> „Ich will dir nicht gehören.
Ich will mit dir frei sein.
In jeder Haut, in jedem Herzschlag.“
> „Dann bist du mein Gefährte“, sagte sie.
„Nicht durch Blut.
Sondern durch Wahl.“
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Die erste Vereinigung
Es war keine Eile.
Kein Feuer, das brannte und verzehrte.
Es war wie ein Ritus.
Langsam. Nah.
Jede Bewegung sprach.
Jeder Blick fragte – und bekam Antwort.
Ich küsste ihre Wange, dann ihren Hals.
Sie ließ ihre Finger über meine Rippen gleiten.
Keine Hast.
Kein Zwang.
Nur das:
Ein Körper, der den anderen aufnahm.
Ein Herz, das dem anderen zuhörte.
Als wir eins wurden, war es nicht der Höhepunkt –
sondern der Beginn.
Wir sprachen nicht.
Nicht laut.
Aber unsere Körper erzählten alles, was Worte zu arm macht.
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Danach
Wir lagen ineinander verschlungen.
Meine Finger glitten durch ihr Haar.
Fenris atmete ruhig.
Ihr Blick war weich – nicht mehr so wachsam wie sonst.
> „Du bist nicht mehr fremd in deinem Körper“, sagte sie.
> „Ich glaube… ich bin angekommen.“
Sie nickte.
> „In dir. Und in mir.“
Ich zog sie näher an mich.
In diesem Moment war ich weder Mensch noch Wolf.
Nur Kael.
Und bei Fenris.
Und sie… war bei mir. Nicht als Wölfin.
Nicht als Jägerin.
Nicht als Alpha.
Sondern als Frau.
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Ausblick
Der nächste Morgen dämmerte langsam.
Raek hatte uns nicht gesucht.
Vielleicht hatte er gespürt, dass das, was geschehen war, heiliger war als jede Jagd.
Fenris richtete sich auf.
Ihr Blick in den Wald.
> „Jetzt beginnt der wahre Weg.“
> „Was meinst du?“
> „Jetzt… spüren andere, dass du existierst.
Du hast dich entschieden.
Und das hallt durch die alten Blutlinien.
Sowohl Freunde…
als auch Feinde werden kommen.“
Ich nickte.
> „Dann gehen wir gemeinsam.“
Sie drehte sich zu mir, nackt, stolz, stark –
und doch mit einem leichten Glanz in den Augen.
> „Du gehörst zu mir, Kael.
Und ich werde nicht zulassen, dass dir etwas geschieht.
Nicht als Wölfin.
Nicht als Frau.
Nicht als Alpha.
Sondern als… deine.“