BZZZT.
Meine Augen öffneten sich schlagartig.
Scheiße.
Die Welt um mich herum war—falsch.
Zu hell. Zu verschwommen. Als hätte jemand den Kontrast der Realität selbst hochgedreht. Alles verschwamm ineinander—Farben wirbelten, dehnten sich, verdrehten sich zu vagen, sich verändernden Formen. Mein Kopf hämmerte, ein scharfes, unerbittliches Pochen hinter meinem Schädel, wie ein Bohrer, der sich in mein Gehirn bohrte.
Und die Geräusche.
Nicht nur eines. Nicht nur zwei.
Hunderte.
Stimmen. Nein—Flüstern. Schreie. Rauschen. Ein Durcheinander von Lärm, das wie ein verdammter Zugunfall durch meinen Kopf krachte. Sie kamen nicht aus dem Raum. Sie kamen nicht von draußen.
Sie waren in mir.
Als wären meine eigenen Gedanken von tausend fremden Echos überfallen worden, die sich alle überlagerten, alle in Sprachen sprachen, die ich nicht verstehen konnte.
‚Was... zur Hölle...?'
Ich biss die Zähne zusammen, kniff die Augen wieder zu und versuchte, alles zu übertönen. Aber es hörte nicht auf. Es ließ mich nicht atmen.
Und dann—
[Systemfehler: Verbindung instabil.]
Die Stimme durchschnitt alles.
Kalt. Roboterhaft.
Sie kam nicht aus dem Flüstern. Sie kam nicht aus dem Chaos.
Sie kam von überall her.
Als wäre sie Teil der Welt selbst.
Ich trieb dahin.
Durch nichts.
Durch alles.
Es gab keinen Boden unter mir. Kein Gewicht meines Körpers. Kein Gefühl für oben, unten, links oder rechts.
Ich existierte.
Und doch—
Tat ich es nicht.
Ich konnte nichts fühlen und doch nahm ich alles wahr. Ein Paradoxon des Seins, dünn gestreckt über etwas Unendliches, etwas Unwirkliches.
Schwebte ich? Fiel ich? Stand ich still?
Ich wusste es nicht.
Denn es gab keinen Bezugspunkt, keinen Anfang und kein Ende. Nur endloses, wirbelndes Schwarz.
Ein weiter Kosmos aus wechselnden Farben, aus sich windenden Nebeln, die ineinander übergingen, ihre Farbtöne sich biegend und faltend wie Tinte, die über Wasser vergossen wird.
Sterne flackerten—hell, scharf, lebendig—und verschwanden im nächsten Atemzug, ausgelöscht, als wären sie nie da gewesen.
Ich versuchte mich zu bewegen.
Nichts.
Ich versuchte zu atmen.
Ich hatte keine Lungen.
‚Wo... zur Hölle bin ich?'
Und dann—
[Systemfehler: Verbindung instabil.]
Die Stimme kam wieder.
Der gleiche kalte, roboterhafte Monoton. Der einzige Anker in dieser endlosen Leere.
Aber diesmal—
Folgte etwas anderes.
Ein Puls.
Sanft. Entfernt. Als hätte der Raum selbst beim Klang der Systemstimme gezittert.
Dann noch einer.
Und noch einer.
Eine langsame, rhythmische Vibration, nicht durch die Haut gefühlt—weil ich keine hatte—sondern auf eine tiefere, fremdartigere Weise wahrgenommen.
Dröhn.
Dröhn.
Dröhn.
Es war schwach.
Fast zu schwach, um es zu bemerken.
Und doch war es da.
Irgendwo jenseits der Leere.
Als würde der Kosmos selbst atmen.
Als würde etwas Gewaltiges und Unsichtbares unter dem Gewebe dieses seltsamen, unwirklichen Ortes erwachen.
Wie eine Melodie.
‚Eine Melodie...?'
Der Gedanke kam ungebeten, glitt durch das Wirrwarr meines Bewusstseins.
War es das?
Nein. Kein Lied. Keine Musik im normalen Sinne.
Aber etwas Ähnliches.
Ein Rhythmus. Ein Muster. Eine Struktur unter dem Chaos.
Ein Flüstern von Bedeutung an einem Ort, an dem nichts Sinn ergeben sollte.
Ich strengte mich an, mich zu konzentrieren, den Klang zu erfassen, ihn zu verstehen.
Aber gerade als er anfing, sich zusammenzufügen—
[Systemfehler: Verbindung instabil.]
Der Puls schwankte.
Der Kosmos erschauderte.
Und alles um mich herum begann sich zu verändern.
Die Welt wirbelte.
Nicht wie ein Drehen. Nicht wie ein Fallen.
Als würde alles—die Existenz selbst—sich in sich selbst verdrehen, sich falten und entfalten, sich dehnen und zusammenbrechen auf eine Weise, die jeder Logik trotzte.
Ich spürte es, aber ich spürte es nicht. Ich wurde gezogen—aber es gab keine Richtung. Ich war gefangen—aber es gab keine Wände.
Es war, als würde ich durch eine unsichtbare Kraft gezogen, als würde sich das Gewebe der Realität selbst um mich wickeln, sich verengen, mich packen—
Und dann—
WUSCH!
Blendendes Licht explodierte in meinem Blickfeld.
Weißglühend, sengend, durchbohrte meinen Schädel wie tausend Dolche.
Ich kniff meine nicht vorhandenen Augen zusammen—falls ich überhaupt welche hatte—aber es half nichts. Die Helligkeit verschlang alles, verschluckte mich ganz, ertränkte mich in ihrem überwältigenden Glanz.
Dann—
BUMM!
BUMM!
BUMM!
Ein stetiges, rhythmisches Pochen hallte durch mein Wesen.
Meine Sinne—gedämpft, träge—begannen sich zu regen.
Geräusch.
Entfernt. Gedämpft. Aber da.
Und dann—
"Yooo... dieser Song ist der Hammer!"
Eine Stimme.
Lässig. Fröhlich. Völlig fehl am Platz.
‚Was... zur Hölle?'
Ich wollte sprechen. Ich wollte mich bewegen. Aber ich konnte nicht.
Ich war da, aber ich war es nicht.
Gefangen in etwas.
Jemandem.
Die Welt um mich herum war noch immer unklar, wie durch einen beschlagenen Spiegel, Formen verschoben sich, Geräusche verschwammen ineinander.
Aber langsam—langsam—begann die Realität Gestalt anzunehmen.
Ein Raum. Ein Zimmer?
Der dröhnende Bass der Musik vibrierte in der Luft, Schwingungen krochen durch meine nicht vorhandene Haut.
Der Geruch von etwas Künstlichem—billiges Parfüm, abgestandene Chips, Plastik.
Ein Bildschirm vor mir, blinkende Farben...
Und dann—
[Systemverbindung: Kontaktbrücke nicht möglich.]
Die Szene wurde schärfer.
Farben flossen in Formen, Kanten verfestigten sich, Geräusche wurden klar.
Und der Bass.
BOOM! BOOM! BOOM!
Ein schwerer, unerbittlicher Schlag erschütterte die Luft, vibrierte durch den Körper, in dem ich gefangen war.
Blinkende Lichter. Neonblitze. Schweiß und Parfüm verstopften die Luft.
Ein Club.
‚Was zur Hölle...?'
Ich war hier, aber nicht. Sehend, aber nicht kontrollierend. Fühlend, aber nicht handelnd.
Und dann—
"Ja... schenk noch einen Drink ein!"
Eine Stimme.
Hoch. Leicht weinerlich. Zu glatt.
Eine Soyboyhafte Stimme.
Mein Kopf—nein, sein Kopf—drehte sich bei dem Geräusch.
"Komm her, Babe! Schenk uns einen Drink ein."
Eine Frau trat ins Blickfeld.
Eine kurze, offene Bluse. Dekolleté voll zur Schau gestellt. Rock so hoch, dass er kaum als Kleidung durchging.
Sie schwankte auf ihn zu—auf mich zu—ein verspieltes Grinsen umspielte ihre Lippen.
"Ähm..."
Ein sanftes, sinnliches Stöhnen entwich ihrem Mund, ihre Stimme triefte vor Süße.
Aber—
Ihre Augen.
Selbst aus dieser Entfernung, selbst durch diesen geliehenen Blick, spürte ich es.
Kalt.
Leer.
Falsch.
Die Art, wie sich ihre Lippen krümmten, wie sie den Kopf neigte—es war einstudiert. Mechanisch.
Nicht echt.
Aber wer auch immer der Typ war, in dem ich steckte?
Er sah es nicht.
Spürte es nicht.
Denn in dem Moment, als sie sich vorbeugte, schnellte sein Herzschlag in die Höhe.
Ich fühlte es.
Bumm-bumm-bumm-bumm!
Rasend.
Aufgeregt.
Gefangen.
Wie ein Hund, der über einen Knochen sabbert, der vor seiner Nase baumelt.
‚Oh, dieser Typ ist ein verdammter Idiot.'
Und doch—
Etwas stimmte nicht.
Nicht nur mit ihm. Nicht nur mit dieser Szene.
Mit mir.
Denn während ich zusah, während ich durch seinen Körper fühlte, schlich sich ein beunruhigender Gedanke in meinen Kopf.
‚Warum fühlt sich das vertraut an?'
Die Musik. Die Neonlichter. Die parfümgeschwängerte Luft. Die Stimme, die Szene, der Moment.
Das war nicht neu.
Das war nicht das erste Mal.
Déjà-vu.
Eine Erinnerung, die nicht zu mir gehörte.
Oder vielleicht—
Doch.
Und dieser Gedanke allein sandte einen langsamen, kriechenden Schauer durch meine geliehene Haut.