Damien ging durch die schwach beleuchteten Flure des Anwesens, seine Schritte gleichmäßig auf den polierten Marmorfußböden. Die kalte Luft des Korridors küsste seine Haut, der Duft von altem Holz und teurem Politur hing im Raum.
Aber seine Gedanken waren woanders.
Elysia.
Dieser Moment – als sie zum ersten Mal den Raum betreten hatte, als sich ihre Blicke trafen – sein Körper hatte gezittert.
Selbst jetzt, nur beim Gedanken daran, spannte sich sein Kiefer an.
Es war keine Angst. Nicht vollständig.
Es war die Eigenschaft.
[SImp]
Ein widerliches, erbärmliches Ding, das in seinem Inneren gekratzt hatte, sobald ihre durchdringenden grünen Augen ihn fixierten.
Der Instinkt des Körpers war es, sich zu unterwerfen, zusammenzuzucken, unter ihrem kalten, berechnenden Blick zu welken.
Aber er weigerte sich.
Er würde sich nicht vor diesem erbärmlichen Fluch beugen, der an ihn gekettet war.
Und so überwand er ihn. Zwang sich, darüber hinauszugehen. Bezwang ihn allein durch schiere Willenskraft.
Und das Ergebnis?
Ding!
Die Benachrichtigung des Systems hallte in seinem Kopf wider.
[Verborgene Quest: Bewege Elysias kaltes Herz und mache sie unfähig zu verstehen.]
Erreicht.
Belohnung: +50 SP
[Verborgene Quest: Bringe Elysia dazu, dich zu kleiden.]
Erreicht.
Belohnung: +10 SP
Ein langsames Grinsen umspielte seine Lippen.
Und dann eine letzte Nachricht.
[Wirt hat sich wie ein Schurke verhalten. Belohnung ausstehend...]
Ah.
Das war interessant.
Das System hatte ihm noch keine konkrete Zahl gegeben. Stattdessen wartete es. Berechnete vielleicht oder beurteilte das Gewicht seiner Handlungen.
Damien atmete amüsiert durch die Nase aus.
Ein Schurke, hm?
Es schien, als wäre das System wirklich auf seine Wünsche zugeschnitten.
Seine Schritte blieben gleichmäßig, die Hände in den Taschen vergraben, während er durch die vertrauten Flure ging.
Der Korridor erstreckte sich vor ihm, gebadet im sanften Schein hochwertiger Leuchtpaneele, die nahtlos in die schlanke metallische Decke eingelassen waren. Ihr Licht war warm, diffus und trug dennoch eine fast künstliche Perfektion – eine bewusste Mischung aus Luxus und technologischem Fortschritt.
Die Welt draußen hatte sich längst über die Grenzen einfacher Elektrizität hinaus entwickelt. Licht in diesem Zeitalter war nicht nur Licht – es war sorgfältig gestaltetes Ambiente, maßgeschneidert, um die Großartigkeit der Umgebung zu verstärken. Die Wände selbst, mit subtilen Holo-Ornamenten versehen, zeigten wechselnde Muster klassischer Eleganz. Alle paar Schritte schimmerte ein sanfter goldener Puls über die Oberfläche, eine automatische Reaktion auf Bewegung.
Es war moderner Futurismus, eingehüllt in altmodischen Reichtum.
Das Elford-Anwesen war ein Relikt und eine Aussage. Ein Ort, der auf aristokratischen Wurzeln erbaut, aber mit modernsten Errungenschaften verstärkt wurde, wo Status nicht nur zur Schau gestellt wurde – er war in die Architektur selbst eingebettet.
Aber Damien schenkte der Pracht um ihn herum keine Beachtung. Seine Gedanken waren woanders.
Ding!
Eine Benachrichtigung schimmerte vor seinen Augen.
[Verborgene Quest: Verhalte dich wie ein Schurke]
Erreicht.
Belohnung: +25 SP, +50 EXP
Damit war seine Gesamtzahl an SP auf 95 gestiegen.
Er schnalzte mit der Zunge und betrachtete die Zahlen, während er ging.
Selbst nach der Ansammlung dieser Menge hatte er Level 1 noch nicht erreicht.
Das allein sagte ihm viel.
Das System würde ihm keine Macht auf dem Silbertablett servieren.
Es war klar, dass verschiedene Aktionen unterschiedliche Belohnungen brachten.
Seinen Körper rasieren? +10 SP.
Elysia dazu bringen, ihn zu kleiden? +10 SP.
Einfache, untergeordnete Aufgaben. Sie erforderten keine Anstrengung über die Initiative hinaus. Es war nicht schwer zu erkennen, dass grundlegende Selbstverbesserung nur geringe Gewinne brachte.
Aber dann –
Elysias Herz bewegen, sie auch nur für einen Moment ins Wanken bringen? +50 SP.
Sich wie ein Schurke verhalten? Noch mehr.
Es ging nicht nur darum, eine Rolle zu spielen. Es ging nicht um rohe Gewalt oder leere Rebellion.
Das System reagierte auf ihn.
Wer er war.
Wie er sich trug.
Und, wichtiger noch –
Wie sehr er die Schwächen seines alten Selbst trotzte.
Die Simp-Eigenschaft. Diese widerliche Fessel, die versucht hatte, ihn unter Elysias Blick zu beugen.
Er hatte sie abgelehnt.
Überwunden.
Und das System hatte ihn dafür belohnt.
Als Damien den Korridor weiter entlangging, wirbelten seine Gedanken, fügten Teile zusammen.
'System', rief er innerlich, sein Blick verließ nie den Weg vor ihm. 'Erkläre mir etwas. Diese Belohnungen – sie drehen sich nicht nur darum, wie ein Schurke zu handeln, oder?'
[Das System belohnt Handlungen, die mit der Natur des Wirts übereinstimmen und den Zwängen trotzen, die ihm durch äußere Kräfte auferlegt werden, einschließlich seiner eigenen inhärenten Fehler.]
Sein Grinsen vertiefte sich. Also hatte er Recht.
'Es geht also nicht darum, eine Rolle zu spielen. Es geht darum, dem Schwachsinn zu widerstehen, der mich zurückgehalten hat.'
[Korrekt. Das Wachstum des Wirts wird durch seine Fähigkeit bestimmt, sich von seinen auferlegten Beschränkungen zu befreien. Je stärker der Widerstand, desto größer die Belohnungen.]
Damien ließ ein leises Lachen hören und fuhr sich mit der Hand durch das feuchte Haar.
'Wenn ich also weiterhin wie ich selbst handle... Wenn ich weiterhin die erbärmlichen Impulse des alten Damien Elford ablehne... wird dieses System mir helfen zu gedeihen.'
[Korrekt. Allerdings erkennt das System auch an, dass wahres Wachstum mit Risiken verbunden ist. Nicht alle Herausforderungen werden einfach zu überwinden sein. Der Wirt wird geprüft werden.]
Er schnalzte amüsiert mit der Zunge. 'Soll mich das erschrecken?'
[Es ist eine Warnung. Wachstum ist weder kostenlos noch einfach.]
Damien atmete durch die Nase aus und dachte einen Moment darüber nach. Dann entrang sich seiner Brust ein tiefes Lachen.
'Ich würde es nicht anders haben wollen.'
Das System blieb still, aber er brauchte keine Antwort.
Er hatte sich bereits entschieden.
Dies war nicht nur irgendein zufälliges Geschenk. Es war eine Gelegenheit – eine, die er bis zum Äußersten ausnutzen würde.
Sein Tempo beschleunigte sich, seine Haltung veränderte sich subtil. Er ging nicht mehr einfach – er schritt. Mit Absicht. Mit Zielstrebigkeit.
Damiens Schritte blieben unerschütterlich, als er durch die großen Hallen des Elford-Anwesens ging, die Hände in den Taschen. Seine Gedanken verweilten noch bei der letzten Nachricht des Systems, aber er schob sie beiseite, als der Duft von gebratenem Fleisch und gereiftem Wein durch die Luft wehte.
Der Speisesaal lag vor ihm – hoch, imposant und in das sanfte Licht eines Kronleuchters getaucht.
Als er durch die massiven Doppeltüren trat, machte sich sofort eine Präsenz bemerkbar.
Der Butler, ein alternder Mann mit scharfen Augen, wartete bereits. Sein Blick flackerte mit etwas Unlesbarem, bevor er in seinem üblichen gemessenen Ton sprach.
"Junger Meister... das Abendessen hat begonnen. Sir und Madame—"
Damien erwiderte den Blick des Butlers, sein Grinsen unerschütterlich. Der alte Mann – Regis – stand aufrecht, sein Gesicht wie aus Stein gemeißelt, aber Damien sah es. Diese kaum verhüllte Verachtung. Die Art, wie seine Augen mit stiller Verurteilung flackerten, sein Mund sich zu einer dünnen Linie presste, als wäre allein die Anerkennung von Damiens Anwesenheit unter seiner Würde.
'Ah. Du glaubst immer noch, du könntest auf mich herabsehen, nicht wahr, alter Mann?'
Er hätte fast gelacht. Die schiere Dreistigkeit davon. Regis hatte der Familie seit Jahrzehnten gedient, lange genug, um Damiens Aufstieg – und seinen Fall – zu sehen. Für ihn war Damien immer noch derselbe erbärmliche Junge, der einst um die Anerkennung seines Vaters bettelte, der einst unter der kalten Gleichgültigkeit seiner Mutter zusammenzuckte.
Das war in Ordnung.
'Lass ihn das denken. Lass ihn glauben, ich sei immer noch dieser schwache, zitternde Narr. Ich werde mich später um ihn kümmern.'
Ohne ein Wort ging Damien an ihm vorbei, sein Tempo ungehetzt, aber zielgerichtet.
In dem Moment, als er die Schwelle zum Speisesaal überschritt, veränderte sich die Atmosphäre.
Das Klirren von Besteck. Das leise Gemurmel von Gesprächen. Der Duft von perfekt gewürztem Fleisch, von feinem Wein, der in Kristallgläser gegossen wurde.
Und dann –
"Du kommst zu spät, Damien."